Gipfeltreffen

Was ist bei dem Video-Gipfel der Präsidenten Putin und Biden herausgekommen?

Am Dienstag fand der mit Spannung erwartete Video-Gipfel zwischen Putin und Biden statt. Die Medien halten sich über die Ergebnisse bedeckt, daher schauen wir darauf, was über das Gespräch bekannt geworden ist.

Das Gespräch der Präsidenten Russlands und der USA hat ziemlich genau zwei Stunden gedauert, aber keine greifbaren Ergebnisse gebracht. Dennoch kann man aus den Pressemeldungen des Kreml und des Weißen Hauses einiges über den Verlauf des Gespräches herauslesen, was wir gleich tun werden.

Zunächst aber zwei Anmerkungen vorweg: Erstens werden bei solchen Gesprächen natürlich auch Themen besprochen, die geheim sind und von denen man in den Pressemeldungen nichts erfährt. Was also wirklich alles besprochen wurde, erfahren wir natürlich nicht. Ich will das an dem Beispiel eines Telefonates zwischen den beiden Präsidenten aus diesem Jahr verdeutlichen.

Am 13. April haben Putin und Biden telefoniert und danach wurden ebenfalls Pressemeldungen veröffentlicht, in denen man erfahren konnte, was besprochen wurde. Aber einige Tage zuvor sind in Moskau einige Männer verhaftet worden, die einen von den USA unterstützten Putsch in Weißrussland vorbereitet haben. Davon war in der Öffentlichkeit am 13. April noch nichts bekannt, die Öffentlichkeit hat davon erst Tage später erfahren.

Danach bestätigte der Kreml aber, dass Putin Biden am Telefon auf das Thema angesprochen hat, was dem Gesprächsklima sicher nicht dienlich war, denn Biden dürfte sauer darüber gewesen sein, dass sein Putsch in Minsk vereitelt worden ist, und Putin dürfte sauer darüber gewesen sein, dass die USA einen Putschversuch in einem eng mit Russland verbündeten Land unternommen haben, bei dem Präsident Lukaschenko, den Putin seit über 20 kennt, erschossen werden sollte.

Die zweite Anmerkung betrifft die Pressemeldungen selbst. Die sind nach solchen Telefonaten oder Videokonferenzen normalerweise recht kurz und nichtssagend. Das war dieses Mal zumindest beim Kreml anders, denn dessen Pressemeldung war erstaunlich detailliert. Die Pressemeldung des Weißen Hauses war hingegen wesentlich kürzer. Das kann jeder interpretieren, wie er möchte.

Interessant war außerdem, dass Biden vier Berater an seinem Tisch hatte, unter anderem seinen Sicherheitsberater und den Außenminister, Putin hingegen alleine an seinem Tisch saß. Offenbar traut man Biden nicht zu, alleine mit Putin zu sprechen.

Ich werde jetzt beide Pressemeldungen komplett zitieren und dabei eigene Anmerkungen und Interpretationen hinzufügen, um zu versuchen, die Diplomatensprache in eine normale Sprache zu „übersetzen“. Wir beginnen mit Meldung des Kreml, weil die ausführlicher war, und danach kommt die Meldung des Weißen Hauses.

Die Meldung des Kreml begann mit den üblichen diplomatischen Phrasen.

„Sie sprachen insbesondere über die Umsetzung der Ergebnisse des russisch-amerikanischen Gipfels, der im Juni 2021 in Genf stattfand. Sie wiesen darauf hin, wie wichtig die konsequente Umsetzung der auf dem Gipfel getroffenen Vereinbarungen und die Beibehaltung des „Genfer Geistes“ bei der Behandlung der bilateralen Beziehungen und anderer neuer Themen zwischen Russland und den USA sind.
Die Präsidenten erinnerten an das Bündnis zwischen den beiden Ländern während des Zweiten Weltkriegs. Sie betonten, dass die damals erbrachten Opfer nicht in Vergessenheit geraten dürfen und dass das Bündnis selbst als Beispiel für den Aufbau von Kontakten und die Zusammenarbeit in der heutigen Realität dienen sollte.“

Das sind die üblichen diplomatischen Phrasen, aus denen man nicht wirklich viel erkennen kann. Die sind aber normal, um zu zeigen, dass es zumindest irgendetwas gibt, was die beiden Staaten verbindet. Da die Meldung nicht darauf eingeht, über welche konkreten Vereinbarungen des Gipfels in Genf sie gesprochen haben, kann ich hier keine greifbaren Informationen erkennen.

Danach ging es dann aber zur Sache.

„Die Ukraine-Krise und die mangelnden Fortschritte bei der Umsetzung des Minsker Abkommens von 2015, das die einzige Grundlage für eine friedliche Beilegung darstellen, dominierten die Diskussion. Der russische Präsident veranschaulichte anhand konkreter Beispiele die destruktive Politik Kiews, die auf die vollständige Demontage des Minsker Abkommens und der im Normandie-Format getroffenen Vereinbarungen abzielt, und äußerte seine ernste Besorgnis über die provokativen Aktionen Kiews im Donbass.“

Dieser Absatz zeigt, wie weit die beiden auseinander sind, denn unter der Umsetzung des Minsker Abkommens verstehen der Westen und Russland verschiedene Dinge. Russland setzt auf eine getreue Umsetzung des Minsker Abkommens, während Kiew das Abkommen seit 2015 nicht umsetzt und dabei vom Westen unterstützt wird. Gerade erst haben Deutschland und Frankreich offen mitgeteilt, dass sie das Abkommen nicht umsetzen wollen, wie Sie hier nachlesen können. Leider haben westliche Medien darüber nicht berichtet. Details zum Minsker Abkommen finden Sie hier.

Der Absatz zeigt, dass Putin Biden anhand sehr konkreter Beispiele aufgelistet haben dürfte, wie Kiew das Abkommen konsequent torpediert. Da der Westen das aber unterstützt und stattdessen von Russlands angeblich aggressiven Verhalten spricht, dürften die beiden Präsidenten bei dem Thema aneinander vorbeigeredet haben, wie die nächsten Abätze bestätigen.

„Joseph Biden betonte seinerseits den angeblich „bedrohlichen“ Charakter der russischen Truppenbewegungen in der Nähe der ukrainischen Grenzen und skizzierte Sanktionsmaßnahmen, die die USA und ihre Verbündeten im Falle einer weiteren Eskalation der Situation anzuwenden bereit wären.
Wladimir Putin betonte in seiner Antwort, dass die Verantwortung nicht auf Russland abgewälzt werden dürfe, da die NATO gefährliche Versuche unternehme, ukrainisches Territorium zu erschließen und die militärischen Kapazitäten in der Nähe unserer Grenzen auszubauen. Russland hat daher ein starkes Interesse daran, verlässliche, rechtsverbindliche Garantien zu erhalten, um die Osterweiterung der NATO und die Stationierung offensiver Waffensysteme in den Nachbarländern Russlands zu verhindern.“

Hier zeigen sich die Unterschiede deutlich: Biden spricht von „bedrohlichen“ russischen Truppenbewegungen, obwohl Russland nur in seinem eigenen Land auf eine Truppenkonzentration der Ukraine im Donbass, also an den russischen Grenzen, reagiert. Putin wiederum beklagt, dass auch Nato-Truppen ukrainisches Territorium „erschließen“, also in der Ukraine aktiv sind. Daher will Russland klare Sicherheitsgarantien.

Ganz offensichtlich haben sie bei dem Thema keine Einigung erzielt, was nichts Gutes für die weitere Entwicklung erwarten lässt. Das zeigt der nächste kurze Absatz:

„Die Staatschefs kamen überein, ihre Vertreter anzuweisen, substanzielle Konsultationen zu diesen sensiblen Themen aufzunehmen.“

Dann kam ein neues Thema, bei dem es offenbar etwas besser läuft.

„In einem Meinungsaustausch über Informationssicherheit unterstrichen beide Seiten die Bedeutung eines aktiven Dialogs zu diesem Thema. Es wurde die Bereitschaft geäußert, die praktische Zusammenarbeit bei der Bekämpfung der Cyberkriminalität im strafrechtlichen und technischen Bereich fortzusetzen.“

In Genf wurde auf dem Gebiet der „Informationssicherheit“ (also Cyberkriminalität und Cybersicherheit) eine Zusammenarbeit beschlossen und es wurden Arbeitsgruppen eingesetzt. Dabei scheint es – wie man aus den wenigen Erklärungen zu dem Thema heraushören kann – zwar massive Meinungsunterschiede, aber immerhin funktionierende Gespräche zu geben.

Anders ist es bei dem nächsten Thema:

„Sie erörterten die Situation im Zusammenhang mit dem Gemeinsamen Umfassenden Aktionsplan zum iranischen Atomprogramm. Der russische Präsident wies darauf hin, wie wichtig die vollständige Umsetzung innerhalb des ursprünglich vereinbarten Rahmens ist. Die Staats- und Regierungschefs äußerten die Hoffnung, dass die Ende November in Wien wieder aufgenommenen Gespräche zu diesem Thema konstruktiv verlaufen und für alle Beteiligten annehmbare Lösungen ermöglichen werden.“

Hierbei ist der Streit um das iranische Atomabkommen gemeint, bei dem die Meinungen auch weit auseinandergehen, wie ich hier kürzlich aufgezeigt habe. Während Russland auch hier fordert, dass das ursprüngliche Abkommen wieder in Kraft gesetzt wird, stellen die USA neue Bedingungen an den Iran, weshalb die derzeitigen Verhandlungen bisher erfolglos verlaufen.

Offensichtlich dürfte das Gespräch über das Atomabkommen ähnlich fruchtlos gewesen sein, wie das Gespräch über die Ukraine, denn von konkreter Annäherung ist nichts zu sehen, nur von „Hoffnungen“ auf erfolgreiche Gespräche in Wien. Die Gespräche laufen allerdings bisher nicht erfolgreich.

Auch beim nächsten Thema gab es anscheinend keinen Fortschritt.

„Es wurden bilaterale Fragen erörtert. Es wurde festgestellt, dass die Zusammenarbeit immer noch nicht zufriedenstellend ist. Dies zeigt sich insbesondere an den Schwierigkeiten, die die „gekürzten“ Missionen beider Länder bei ihrer Arbeit haben. Wladimir Putin betonte, das sei das Ergebnis der Politik der US-Regierung, die vor fünf Jahren mit weitreichenden Restriktionen, Verboten und Massenausweisungen russischer Diplomaten begonnen habe, worauf wir gezwungen seien, in gleicher Weise zu reagieren. Die russische Seite hat vorgeschlagen, alle aufgelaufenen Beschränkungen für die Arbeit der diplomatischen Vertretungen aufzuheben, was auch zur Normalisierung anderer Aspekte der bilateralen Beziehungen beitragen könnte.“

Es geht dabei um die immer neuen Runden von Ausweisungen von Diplomaten, was inzwischen so weit gegangen ist, dass die Botschaften der beiden Länder ihre Arbeit nicht mehr in vollem Umfang durchführen können. Putin hat ganz objektiv recht, wenn er darauf hinweist, dass es die USA waren, die jedes Mal als erste russische Diplomaten ausgewiesen haben. Russland darauf immer nur reagiert, aber es nie als erstes getan.

Putins Vorschlag, all diese Maßnahmen, die die Arbeit der Diplomaten einschränken, aufzuheben, wäre eine echte Entspannung. Aber ganz offensichtlich ist Biden darauf nicht eingegangen.

Danach kamen wieder diplomatische Phrasen.

„Die Präsidenten äußerten die Ansicht, dass Russland und die USA angesichts ihrer besonderen Verantwortung für die Aufrechterhaltung der internationalen Sicherheit und Stabilität den Dialog und die notwendigen Kontakte fortsetzen werden.
Insgesamt war das Gespräch offen und sachlich.“

Dass das Gespräch „offen und sachlich“ war, bedeutet: Man war sich nicht einig und hat die unterschiedlichen Meinungen ohne Ergebnis ausgetauscht („offenes“ Gespräch), aber immerhin ist man dabei sachlich-geschäftsmäßig geblieben und hat sich nicht angebrüllt.

Die Pressemeldung des Weißen Hauses bestätigt die Themen, ist aber weniger ausführlich.

„Präsident Joseph R. Biden, Jr. führte heute eine gesicherte Videokonferenz mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin, um eine Reihe von Themen auf der amerikanisch-russischen Agenda zu erörtern. Präsident Biden brachte die tiefe Besorgnis der Vereinigten Staaten und unserer europäischen Verbündeten über die Eskalation der Streitkräfte Russlands um die Ukraine zum Ausdruck und machte deutlich, dass die USA und unsere Verbündeten im Falle einer militärischen Eskalation mit starken wirtschaftlichen und anderen Maßnahmen reagieren würden. Präsident Biden bekräftigte seine Unterstützung für die Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine und rief zur Deeskalation und zur Rückkehr zur Diplomatie auf. Die beiden Präsidenten beauftragten ihre Teams mit weiteren Maßnahmen, die die USA in enger Abstimmung mit ihren Verbündeten und Partnern ergreifen werden. Die Präsidenten erörterten auch den amerikanisch-russischen Dialog über strategische Stabilität, einen separaten Dialog über Ransomware sowie die gemeinsame Arbeit an regionalen Themen wie dem Iran.“

Die Pressemeldung des Weißen Hauses ist weniger detailliert als die Meldung des Kreml, bestätigt aber im Kern sowohl das, was der Kreml gemeldet hat, als auch meine Interpretation: Das einzige Themenfeld, wo es eine halbwegs funktionierende Arbeit gibt, ist der Themenkomplex rund um die Cybersicherheit. Bei allen anderen Themen ist man nicht vorangekommen.

In meinem neuen Buch „Das Ukraine Kartell – Das Doppelspiel um einen Krieg und die Millionen-Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Biden“ enthülle ich sachlich und neutral, basierend auf Hunderten von Quellen, bisher verschwiegene Fakten und Beweise über die millionenschweren Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Joe Biden in der Ukraine. Angesichts der aktuellen Ereignisse stellt sich die Frage: Ist eine kleine Gruppe gieriger Geschäftemacher möglicherweise bereit, uns für ihren persönlichen Profit an den Rand eines Dritten Weltkriegs zu bringen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich direkt hier über den Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

Werbung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

9 Antworten

  1. Ist überhaupt noch ein Land in seinen Entscheidungen unabhängig? Seit 1945spielen die USA mit den westlichen Anhängseln (unabhängig ist da auch niemand mehr) den Weltpolizisten. Die UdSSR hielt den Ostblock in Abhängigkeit (Teilung der Welt in 2 Blöcke), mit Jelzin hatten die USA ihren Tiefen Staat in Rußland aufgebaut, nun wollen sie den Sack zuziehen, was mit Putin aber nicht geht. Der hat die betrügenden Geldsäcke, ähäm, Oligarchen aus der Politik entfernt.

  2. Der alte senile Biden weicht von der US Doktrin nicht ab, letztendlich bestimmten die NGOs und Philanthropen die Geschicke der USA Pinocchio wie Biden und Trump blabbern alles nach was ihnen vorgegebenen wird, der Hintergrund möchte den Krieg gegen Russland und seinen verbündeten, aber das wird ihnen nicht gelingen, da sich Russland Dank Putin Amerika Waffentechnik überholt haben, der sogenannte Westen wird klanglos untergehen wenn sie Russland angreifen was die die Vasallen der US und Nato-Falken vorhaben.
    Aber ist besser ,zu sprechen als die ganze Menschheit auszulöschen.

  3. Treffend erkannt!
    Was doch unweigerlich zu der Frage führt: wie unendlich kurzsichtig (um’s mal diplomatisch auszudrücken) sind eigentlich sämtliche europäische Politiker?

    Antwort: grenzenlos. Genau so wie mittlerweile gefühlte 98% Anhänger des Corona-Kults sind, kommt mindestens einem ähnlich großen Teil der Europäer nicht mal im entferntesten in den Sinn, mal wirklich über dieses Thema nachzudenken. Vor lauter Propaganda glauben die alle, dass wir irrtümlicherweise durch einen russischen Angriff gefährdet sind und dass das amerikanische Militär irrtümlicherweise solch einen mit Leichtigkeit zurückschlagen könnte. Wie man ja geflissentlich auch irrtümlich der Meinung ist, dass die Sanktionen Russland „echt hart getroffen“ hätten…

  4. Was herausgekommen ist? Nichts. Denn selbst wenn da etwas unterschrieben worden wäre – es hätte Null Wert gehabt. Wissen wir doch. Deswegen hat mich das ganze Theater nicht interessiert. Entscheidend ist, ob Putin dem senilen und offenbar geisteskranken Gegenüber klar machen konnte, dass der bei weiteren Provokationen im Ernstfall Alles verlieren könnte. Aber auch das ist zu bezweifeln. Die Situation ist die gleiche wie vorher. Am schlimmsten ist die kaum erträgliche Propaganda der Journaille, die uns 24/7 h bearbeitet.

  5. Wir sind müde. Von der Propaganda. Was in der Glotze kommt, interessiert niemanden mehr. Mein Autoradio ist abgeknippst. Die USA schnippsen uns seit 100 Jahren, geführt von denselben Kräften an, wir aber wollen nicht mehr. Hört auf, uns zu belästigen.

  6. Ganz ohne Wertung:
    Russland ist eine bedeutende globale Regionalmach, atomwaffenstarrend, wirschaftlich ein Scheinriese.
    Selbst dem „senilen“ Präsidenten der USA ist es da ein leichtes, Augenhöhe herzustellen.
    Der Ukraine-Konflikt? Nato-Osterweiterung?
    Nebenschauplätze.
    Ein Minderwerigkeitsempfinden ist keine solide Grundlage für Politik.

Schreibe einen Kommentar