Im Tal der Ahnungslosen

Wie der Spiegel seine Leser beim Thema Ukraine dumm hält

In der Ukraine ist in diesem Jahr viel passiert, was berichtenswert ist. Spiegel-Leser erfahren von all dem jedoch nichts. Umso interessanter ist, was der Spiegel für berichtenswert hält.

Leser des Anti-Spiegel sind über die Entwicklungen in der Ukraine gut informiert, weil das Land von jeher ein Steckenpferd von mir ist. Ich mag das Land und die Menschen dort und bin einfach nur schockiert von dem, was in dem Land seit 2014 vorgeht. Die deutschen Medien halten jedoch all das nicht für berichtenswert. Was der Spiegel seinen Lesern stattdessen über die Ukraine berichtet, ist umso aufschlussreicher.

Für alle, die auf dem Anti-Spiegel nicht alle Artikel über die Ukraine gelesen haben, fasse ich die wichtigsten Entwicklungen dieses Jahres kurz zusammen, wobei diese Zusammenfassung nur die „Highlights“ enthält, man könnte dazu noch viel mehr schreiben. Danach schauen wir uns an, was Spiegel-Leser stattdessen erfahren.

Die Ukraine wird zur Diktatur

Der ukrainische Präsident Selensky baut in der Ukraine spätestens seit Februar eine Diktatur auf. Dass er allerdings dabei die treibende Kraft ist, darf man bezweifeln, denn er setzt dabei nur um, was ihm der Nationale Sicherheitsrat auf den Tisch legt. Wer im Hintergrund die Entscheidungen trifft, die der Sicherheitsrat dem Präsidenten zur Unterschrift vorlegt und die Selensky dann per Dekret umsetzt, können wir nur vermuten. Das ist für den Moment aber nicht wichtig, wichtig sind die Entscheidungen, die getroffen werden.

So hat Selensky auf Betreiben des Sicherheitsrates im Februar die letzten regierungskritischen Fernsehsender verboten, wobei er an allen Gesetzen des eigenen Landes vorbei gehandelt hat. Anstatt die zuständigen Behörden oder gar Gerichte mit dem Fall zu befassen, hat er Sanktionen gegen die Sender verhängt. Sanktionen, die ein Präsident willkürlich gegen jeden in seinem Land aussprechen kann, der ihm nicht gefällt, sind in keinen staatlichen Rechtssystem der Welt vorgesehen. Selbst die harschesten Diktaturen geben ihren Unterdrückungsmaßnahmen durch (Schein-)Prozesse zumindest den formalen Anschein von gesetzeskonformem Handeln. Diese Mühe macht sich die Ukraine nicht mehr.

Nur wenige Tage später hat Selensky dann auch noch fast 500 regierungskritische Internetseiten verboten und angefangen, gegen Oppositionspolitiker Haftbefehle zu erwirken. Außerdem hat Selensky – wieder auf Betreiben des Sicherheitsrates – Sanktionen gegen den Oppositionsführer im Parlament, Viktor Medwedtschuk, verhängt und dessen gesamtes Vermögen eingefroren. Das ist deshalb besonders „demokratisch“, weil die Partei „Oppositionsplattform – Für das Leben“ im ukrainischen Parlament, der Rada, nicht nur die führende Oppositionspartei ist, sondern auch, weil sie im Begriff ist, Selenskys eigene Partei in Umfragen zu überholen und zur stärksten Partei des Landes zu werden.

Damit aber nicht genug, es wurde auch Anklage gegen den Oppositionsführer Medwedtschuk erhoben und ein Haftbefehl ausgestellt, wobei die Anklage keinerlei Belege enthält, sodass der Richter den Staatsanwalt im Prozess kritisiert hat, weil der unter Verweis auf Geheimhaltung keine Beweise für die Anklage vorgelegt hat. Der Richter fragte ironisch:

„Gibt es im ukrainischen Strafgesetzbuch etwa einen Paragrafen mit dem Titel „Das Ehrenwort des Staatsanwaltes“?“

Obwohl der Staatsanwalt keinerlei Belege für seine Vorwürfe vorlegen konnte, hat der Richter Medwedtschuk nicht auf freiem Fuß gelassen, sondern unter Hausarrest gestellt. So funktioniert der Rechtsstaat in der heutigen „demokratischen“ Ukraine.

Die rassistischen und nationalistischen Gesetze

In der Ukraine gibt es viele nationale Minderheiten. Die größte Gruppe sind ethnische Russen, aber es gibt auch polnische, ungarische, rumänische und andere Minderheiten. Während es in Ländern wie Belgien oder Schweiz, die ebenfalls große ethnische Minderheiten haben, normal ist, dass deren Sprachen auch Amtssprachen sind, geht die Ukraine den entgegengesetzten Weg und schränkt die Benutzung der Sprachen der Minderheiten immer mehr ein. Am 16. Januar ist das neue Sprachengesetz in der Ukraine in Kraft getreten, nach dem nur noch Ukrainisch in der Öffentlichkeit gesprochen werden darf.

So müssen Einzelhändler mit ihren Kunden Ukrainisch sprechen. Gleiches gilt für Ärzte. Es gilt für alle Bereiche des öffentlichen Lebens, auch dann, wenn zum Beispiel der Arzt und sein Patient ethnische Rumänen sind, die Ukrainisch gar nicht oder nur schlecht sprechen. Das wird sogar überwacht. Sogenannte „Sprachinspektoren“ arbeiten in allen Regionen des Landes. Beschwerden strömen nach Kiew, wo über sie entschieden wird. Die Geldbuße liegt zwischen 5.100 und 6.800 Griwna, das sind etwa 180 bis 240 US-Dollar.

Damit aber nicht genug. Am 18. Mai hat Präsident Selensky dem Parlament ein Rassengesetz vorgelegt, das die Bürger der Ukraine nach völkischen Kriterien in drei Kategorien einteilt, die unterschiedliche Rechte haben. Die erste Kategorie sind ethnische Ukrainer, die zweite Kategorie sind drei kleine Volksgruppen der Krim und die dritte Kategorie mit den wenigsten Rechten sind die restlichen Minderheiten des Landes: Russen, Rumänen, Polen, Ungarn und so weiter. Das Gesetz ist in dieser Woche vom Parlament beschlossen worden.

Das Minsker Abkommen

Dass Kiew das Minsker Abkommen zu keinem Zeitpunkt und in keinem Punkt umgesetzt hat, ist Lesern der deutschen „Qualitätsmedien“ ebenfalls nicht bekannt. Es würde zu weit führen, hier darauf einzugehen, den Text des nur 13 Punkte umfassenden Abkommens und was die Punkte bedeuten finden Sie hier, falls das für Sie neu sein sollte.

Selensky sagt schon lange ganz offen, dass er das Minsker Abkommen nicht umzusetzen gedenkt. Selbst die minimalen Einigungen des letzten Treffens im Normandie-Format im Dezember 2019 hat er schon unmittelbar danach wieder in Frage gestellt. Inzwischen wird Selensky nicht müde, bei jeder Gelegenheit öffentlich zu erklären, dass er das Minsker Abkommen nicht umsetzen will, aber aus irgendeinem Grund berichten die deutschen „Qualitätsmedien“ nie darüber.

Alexej Danilov, der Chef des Nationalen Sicherheitsrates der Ukraine, also der Mann, der Selensky die Entscheidungen darüber vorlegt, gegen wen Selensky per Dekret Sanktionen oder Haftbefehle erwirken soll, hat am 18. Juni im Fernsehen gesagt:

„Wenn wir über das Minsker Abkommen sprechen, so sind es in der Form, in der es ist, vollkommen absurd“

Es ist wirklich faszinierend, wie die westlichen Medien es schaffen, alle diese Erklärungen des offiziellen Kiew, die Ukraine sei nicht gewillt, das Minsker Abkommen umzusetzen, zu verschweigen und stattdessen Russland zu bezichtigen, gegen das Abkommen zu verstoßen.

Das waren nur Beispiele für die Vorgänge in der Ukraine in diesem Jahr, die Liste ließe sich noch um viele Punkte verlängern.

Was der Spiegel über die Ukraine berichtet

Von all dem haben die Leser des Spiegel und anderer deutscher „Qualitätsmedien“ noch nie etwas gehört. Die Ukraine ist derzeit kaum ein Thema in den deutschen Medien, dabei wäre allein das erwähnte Rassengesetz, doch eigentlich Grund, darüber zu berichten. Immerhin ist der Kampf gegen den Rassismus und gegen die Unterdrückung oder Diskriminierung von Menschen aufgrund ihrer Ethnie doch schon lange eines der Lieblingsthemen der deutschen Medien. Aber das gilt anscheinend nur sehr selektiv. Wenn in der Ukraine Rassismus in Gesetzesform gegossen wird, soll der deutsche Leser davon nichts erfahren, es könnte bei ihm ja Fragen danach provozieren, was für eine Regierung die EU und Deutschland mit Milliarden unterstützen.

Stattdessen ist im Spiegel am 2. Juli ein Artikel mit der Überschrift „Empörung über geplante Parade – Ukrainische Soldatinnen sollen in Pumps marschieren“ erschienen, in dem der Spiegel-Leser über das informiert wird, was die Spiegel-Redaktion über die Ukraine für berichtenswert hält. Das klingt im Spiegel so:

„Das ukrainische Verteidigungsministerium ist am Freitag in die Kritik geraten, weil es bei einer geplanten Militärparade Soldatinnen in Pumps statt in Kampfstiefeln marschieren lassen wollte. Die stellvertretende Parlamentspräsidentin Olena Kondratjuk forderte die Behörden auf, sich »öffentlich für diese Demütigung« von Frauen zu entschuldigen, die »die Unabhängigkeit der Ukraine mit Waffen in der Hand verteidigen«. Auch in den Onlinenetzwerken sorgte der Plan für Empörung.“

Die „Demütigung von Frauen“ in der ukrainischen Armee ist der Spiegel-Redaktion einen Artikel wert, die Unterdrückung ganzer Volksgruppen in der Ukraine durch Sprach- und Rassengesetze hingegen nicht. Was sagt das eigentlich über die moralischen Kompass der Spiegel-Redaktion aus?

Dazu kann sich jeder seine Gedanken machen, aber eines zeigt sich hier mal wieder in aller Deutlichkeit:

Spiegel-Leser wissen weniger!


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

14 Antworten

          1. Da findet sich leider wenig zuverlässiges, was aktuell ist. Die letzten Auflistungen, die ich gefunden habe, stammen von 2013. Seitdem ist ja enorm viel passiert. Vor allem hinsichtlich der Wirtschaftskraft, der Löhne und des Währungsgefälles.

  1. Spieglein, Spieglein in der Hand,
    wer ist der Dööfste im ganzen Land?

    Ihr seid der Dööfste hier,
    doch im ganzen Land verstecken sich noch Dööfere als Ihr.

    Sorry, aber es musste mal gesagt werden.

  2. Dieser alberne Selensky liegt mir auch quer im Magen, das noch dazu, weil eine meiner angeheirateten Tanten Verwandte im Donbass hat, Kiewer Seite. Die haben auch kräftig unter den Nationalisten zu leiden. Es ist wie ein Gruselfilm – da zittern Tattergreise in SS-Uniform durch die Straßen, mit Pomp und Trara, wird das Galitschina-Bataillon gefeiert und kräftig der Hitlergruß gezeigt, und wer dagegen ist, wird entweder kräftig verprügelt oder, sofern in Wahlfunktion, landet in einer Mülltonne. Ich sage mal so – so lange diese nationalistische Brut nicht komplett ausgerottet ist, gibt es in der UA keinen Frieden. Leider.

    1. Die werden allerdings nicht ausgerottet und auf der anderen Seite hat sich dort eine viel schlimmere Geißel festgesetzt. Die USA! Wer dieses Gesindel einmal im Pelz hat, wird es nur mit Gewalt wieder los. Ihre Marionette „Yats“ hat kurz nach der Machtergreifung das Gold der Ukraine in die USA bringen lassen. Das sehen die natürlich nie wieder. Dann wurde die Ukraine in die Schuldsklaverei des IWF verkauft und die USA haben sich genügend Kollaborateure zusammengekauft und erpresst. Die fressen denen aus der Hand. Und die USA werden die Propagandatrommel auf Hochtouren laufen lassen, um den Konflikt mit Russland zu schüren. Wie hat es der Oligarch Igor Kolomoisky so treffend ausgedrückt? Die USA kämpfen bis zum letzten Ukrainer gegen Russland!

  3. Was genau wollen die Menschen in den östlichen Gebieten?
    Teil der Ukraine mit dem Status einer Autonomie ? Denn es ging ja damals darum und nicht um die Abspaltung. Hat sich da etwas geändert? Wenn ja, wer sind jetzt die treibenden Kräfte dabei?

    Diese „Nazi Helden“ Verehrung spottet jeder Beschreibung.
    Aber macht es Sinn auf diese Nazis zu zeigen ohne die Hintermänner zu benennen? Wer gibt ihnen diese Macht, wer rüstet sie aus, wer gibt ihnen Rückendeckung? Wer finanziert diesen Spuk?
    Sind es Länder, einzelne Akteure?
    Träumer gibt es überall, die Einen träumen vom deutschen Kaiserreich, Andere von Österreich/Ungarn und wieder Andere vom polnisch/litauischen Reich. alle gemeinsam hätte die Auflösung der Ukraine zur Folge. Dazu werden dann auch gern alte Stammbäume rausgekramt.

      1. Vor einiger Zeit sah ich mal Zahlen bei denen es ein Stadt / Land Gefälle gab. Wirklich unabhängige Zahlen zur ethnischen Zusammensetzung, zu den Wünschen der Bewohner gibt es nicht. Die Menschen in den Gebieten könnten nach Russland gehen tun es aber nicht. Können oder wollen sie nicht?
        Niemand verlässt gern die Heimat dessen bin ich mir bewusst. Anders herum wird auf Minsk gepocht, zu Recht, aber wie will man eine Art Staatswesen aufbauen ohne so etwas wie einer Zukunft?
        Welche Fürsprecher haben die Menschen?
        Je länger der Konflikt andauert um so klarer zeichnet sich eine Abwanderung ab. Was sollen die jungen Leute tun? Auf der Stelle treten wie seit 2014?
        Sie werden wegziehen wie sehr viele im ehemaligen Ostblock, dann bleiben die Alten zurück. Und die haben zu viel Kämpfen müssen in ihrem Leben.

  4. immerhin, viel schlimmer ist es doch, wenn kleinen Kindern, die lehre vom Schwul und Lesbisch sein voranthalten wird, da ist doch Orban ein Verbrecher, aber nicht Selensky! In der Ukraine gibts doch keine Diktatur, das wäre doch Antidemokratisch und erst die Rassengesetze in der Ukraine, alles Fake!!! Ironie Off

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