Nord Stream 2

Wie Russland die Einigung von Deutschland und den USA über Nord Stream 2 sieht

Deutschland und die USA haben sich über Nord Stream 2 geeinigt und dabei in Kolonialherrenmanier auch gleich Entscheidungen darüber getroffen, was andere Länder, die nicht mit am Tisch saßen, tun sollen. Dazu hat sich das russische Außenministerium geäußert.

Über die Einigung zwischen den USA und Deutschland über Nord Stream 2 habe ich schon berichtet. In meinem Artikel lag der Schwerpunkt vor allem auf den einseitigen finanziellen Verpflichtungen, die Deutschland dabei eingegangen ist. Die Einigung hat aber noch andere Aspekte, die ich nur gestreift habe. Darauf will ich hier eingehen und dann zeigen, wie Russland diese Punkte der Einigung einschätzt.

Was für die Ukraine entschieden wurde

In der Einigung wurde entschieden, dass die Ukraine auf grüne Energien umsteigen soll. Deutschland soll das – so steht es in der Einigung – de facto finanzieren. Das freut alle, die den Klimawandel als Gefahr ansehen, aber es hat einen Haken: Die Ukraine wurde gar nicht gefragt.

Die Ukraine ist derzeit (und traditionell) in der Energiegewinnung auf Erdgas und Kohle angewiesen, letztere produziert die Ukraine selbst. Dazu kann man stehen, wie man will, nur bedeutet ein eilig erzwungener Ausstieg aus der Kohle für die Ukraine eine weitere Steigerung der Arbeitslosigkeit, denn was sollen die vielen Bergleute denn tun, wenn sie keine Kohle mehr fördern dürfen? Im reichen Deutschland hat der Ausstieg aus der Kohleförderung Jahrzehnte gedauert und ist bis heute nicht abgeschlossen.

Die Ukraine ist ohnehin schon das ärmste Land Europas (sogar nach dem Kosovo, Albanien oder Moldawien) und sie hat kein Geld, um zehntausende Bergleute umzuschulen und ihnen neue Jobs anzubieten. Die grünen Energien benötigen weit aber weniger Arbeitskräfte als die Kohleförderung. Die Ukraine wird auch so schon immer wieder von Protesten der Bergleute erschüttert, was wird erst geschehen, wenn die auf die Straße gesetzt werden?

Ich verfolge die Meldungen aus der Ukraine permanent und dort habe ich nie etwas von Plänen der Regierung gehört, aus der Kohle auszusteigen und auf grüne Energien umzusteigen. Dafür ist gar kein Geld da. Aber die USA und Deutschland haben in einer kleinen Arbeitsgruppe für die Einigung über Nord Stream 2 nebenbei eine Neuausrichtung der ukrainischen Wirtschaft beschlossen, die Deutschland zum Teil finanzieren soll.

Wie passt das zu den Erklärungen des Westens, die Ukraine sei ein unabhängiiger und souveräner Staat, der seine Entscheidungen selbständig trifft?

Was für Russland entschieden wurde

In der Einigung zwischen den USA und Deutschland wird Russland quasi „nebenbei“ verpflichtet, den aktuellen Transitvertrag für Gaslieferungen durch die Ukraine, der 2024 ausläuft, um zehn Jahre zu verlängern. Russland wurde aber gar nicht gefragt, ob es das will. Dabei geht es nicht einmal um die Frage der Gaslieferungen durch die Ukraine selbst, die will Russland erhalten, wenn sie wirtschaftlich sind.

Es geht um die Frage der Vertragsdetails, die sich vor dem Hintergrund weltweiter wirtschaftlicher Entwicklungen ändern können. Daher wurde der aktuelle Transitvertrag auf fünf Jahre abgeschlossen. Wenn man also bei den Verhandlungen über den nächsten Transitvertrag keine Einigung für zehn Jahre erzielt, kann das – gemäß der deutsch-amerikanischen Einigung über Nord Stream 2 – als böswilliges Verhalten Russlands ausgelegt werden und zu neuen Sanktionen führen. Auch eine Stilllegung von Nord Stream 2 können die USA dann von Deutschland fordern, was zur Schließung von gleich zwei Pipelines nach Europa und damit zu einer Energiekrise in Europa führen würde.

Russlands Standpunkt

Zu diesen Teilen der deutsch-amerikanischen Einigung hat sich Maria Sacharova, die Sprecherin des russischen Außenministeriums, am Donnerstag geäußert und ich habe ihre offizielle Erklärung übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Trotz der Versuche, das Projekt zu Gunsten der Europäer zu politisieren, indem man es im eigenen geopolitischen und wirtschaftlichen Interesse darstellt, wie es Washington aktiv tut, wird Nord Stream 2 bald in Betrieb gehen. Welche bizarren Entscheidungen auch immer auf Druck der USA getroffen werden, wie es bei den jüngsten deutsch-amerikanischen Verhandlungen der Fall war, sie können nichts an der objektiven Realität ändern, dass dieses große Projekt die „Ziellinie“ erreicht. Es entspricht dem internationalen Recht, den EU-Vorschriften und der Gesetzgebung der Anrainerstaaten und ist außerdem ganz im Sinne der viel beschworenen grünen Klima-Agenda der EU.

Trotz aller Klischees über „russische Aggression“ können wir nur wiederholen, dass Russland die Energielieferungen oder die Frage des Transits nie als Waffe eingesetzt hat und auch nicht beabsichtigt, das in Zukunft zu tun. Im Gegenteil, wir haben uns stets für die Entpolitisierung der Energiezusammenarbeit und für ihre Entwicklung mit allen Ländern eingesetzt, die auf den Prinzipien der Achtung der Interessen der Partner und des gegenseitigen Nutzens basieren.

Wir haben nichts gegen die Einrichtung eines von Deutschland verwalteten Grünen Fonds für die Ukraine. Wenn der Westen darauf zählt, dass Kiew die Bedürfnisse seiner Bevölkerung und Wirtschaft durch Finanzspritzen in erneuerbare Solar- und Windenergie befriedigt, dann ist das Sache der ukrainischen Führung und des ukrainischen Volkes, dem seine Führung so viele Versprechungen gemacht hat. Ein ehrgeiziger ukrainischer Beitrag zur Bekämpfung des Klimawandels und zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen wird von Russland nur begrüßt. Die Aussagen der USA und Deutschlands haben uns auch klarer gemacht, wer und wie die Entwicklung der ukrainischen Energiewirtschaft lenken wird. Das widerspricht ein wenig den grundlegenden Postulaten Washingtons und der EU über die Souveränität des Staates, die Souveränität seiner Industrien und die Souveränität der Entscheidungsfindung in strategischen Bereichen eines jeden Staates. Wenn es um die Unterstützung der Nachhaltigkeit des ukrainischen Energiesektors geht, scheinen Washington und Berlin vergessen zu haben, dass nicht Moskau, sondern Kiew die Entscheidung getroffen hat, die russischen Gaslieferungen formell zu kappen. Wir hatten nie die Absicht, kein Gas in oder durch die Ukraine zu liefern. Das ist eine rein wirtschaftliche Frage und sie ist das Vorrecht eines jeden Teilnehmers.

Natürlich ist es etwas seltsam, von Staaten, die angeblich die Prinzipien der Marktwirtschaft verteidigen, zu hören, dass ein russisches Unternehmen unbedingt einen neuen Vertrag für den Gastransit durch die ukrainische Route auf mindestens 10 Jahre abschließen muss, ohne dabei die wirtschaftliche Komponente zu berücksichtigen. Haben Sie sowas schon mal irgendwo gehört? Haben vielleicht andere Länder US-amerikanischen Energieunternehmen empfohlen oder sie verpflichtet, Energielieferungen an andere Länder oder den heimischen Markt zu den Bedingungen von Staaten zu tätigen, denen diese Unternehmen in keiner Weise angehören? Darüber hinaus werden solche Äußerungen vor dem Hintergrund bereits auferlegter illegaler einseitiger Sanktionen und künstlicher Regeln, die die Arbeit dieses Unternehmens einschränken, und Drohungen mit neuen Maßnahmen bis hin zur Blockierung der Energieexporte nach Europa gemacht. Es wäre interessant zu beobachten, wie unsere westlichen Partner reagieren würden, wenn Moskau ultimativ den Abschluss eines langfristigen Vertrages über den Kauf signifikanter Mengen russischen Gases fordern würde.

Hoffentlich setzt sich der gesunde Menschenverstand durch und es wird eine vernünftige Lösung gefunden, die nicht auf politischen Spekulationen, Phobien und Mythen, sondern auf pragmatischen wirtschaftlichen Berechnungen beruht. Wir sind zuversichtlich, dass Nord Stream 2 zuverlässig funktionieren wird, um die europäischen Verbraucher mit erschwinglicher Energie zu versorgen und die Energiesicherheit unseres gemeinsamen europäischen Kontinents zu verbessern

Ende der Übersetzung

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

9 Antworten

  1. Ich glaube nicht, dass ukrainische Bergarbeiter Sorge haben müssen, wegen deutsch-staatlich finanzierter PV-Anlagen demnächst arbeitslos zu werden. Wenngleich PV immer billiger wird und wenn auch die ukrainischen Installateure zu deutlich niedrigeren Stundensätzen arbeiten als die deutschen, aber bei den in Rede stehenden Summen wird nicht so bald auch nur 1 Kohlekraftwerk abgeschaltet. Gewiss – wenn Solarstrom produziert wird, kommt ein Anbieter auf dem Strommarkt hinzu… By the way: Gibt es eigentlich einen freien Markt für Strom in der Ukraine?

    In anderen Foren wurde schon die Vermutung geäußert, dass aus diesem Fonds das Geld sonstwohin sickert, bloß nicht in die Installation von Anlagen zur Stromproduktion aus erneuerbaren Quellen. Abwegig finde ich diesen Gedanken nicht.

    Für diejenigen, die die Klimakatastrophe für vom Menschen verursacht ansehen und die daher in einer Änderung des menschlichen Verhaltens ein notwendiges und taugliches Mittel sehen, die Verschlimmerung der Katastrophe langfristig abzubremsen, kann freilich der Job der Bergarbeiter kein Motiv sein, ihr Tun einzustellen. Wollte man diesem Argument folgen, müssten Waffenhersteller, Auftragsmörder, Zuhälter und diverse andere Tätigkeiten staatlicherseits gefördert werden: Es sind schließlich Arbeitsplätze, die ihre Ausführenden ernähren.

    1. Ukrainische Kohlekraftwerke werden nicht deswegen schließen, weil sie Kohlekraftwerke sind, sondern ganz einfach deswegen, weil sie keine Kohle mehr bekommen. Der Grund ist so banal, dass man schon fast lachen müsste, wärs nicht so traurig für die Menschen. Sie haben keine Kohle (Geld) mehr, um die Kohle zu kaufen, die sie brauchen. Nämlich in der Regel Anthrazit-Kohle. Die gibts von den Amis – vom Kap der guten Hoffnung und nun mal aus dem Donbass . Nur weder die Amis, noch die Südafrikaner liefern die Kohle ohne Kohle(Geld) ..

      Der freie Strommarkt , ja den gibts. Sie haben die Möglichkeit Strom in Russland zu kaufen. Und das werden sie dann auch wieder machen müssen. Die ollen Kernkraftwerke hochzufahren versuchen sie dann doch immer wieder mal. Doch irgendwer haut ihnen dann doch auf die Batschelfinger…. https://www.politnavigator.net/otopitelnyjj-sezon-ukraina-projjdet-s-rostom-cen-i-ogranicheniyami.html

  2. Ist es nicht so, dass Lugansk immer noch Kohle in die Ukraine liefer? Oder verwechsel ich das was?
    Dann ist die Zielrichtung der „grünen Komponente“ kalr: mal wieder eine Mogelpackung, es geht nur darum, die Zechen in den abtrünnigen Gebieten stillzulegen und dafür Deutschland bezahlnen zu lassen.

  3. *** sie hat kein Geld, um zehntausende Bergleute umzuschulen ***
    Sollen sie auch gar nicht, die Überflüssigen, sollen in der neuen Blutmühle, beim Kampf gegen Russland entsorgt werden.Die letzten Worte die dann ihre Lippen verlassen : Heil der Ukraine! Heil den Helden!

    Für uns, ist der Vertrag nichts anderes, wie die neu Festlegung der Tributzahlungen, mit dem Zuschlag, für die Insubordination Nord Streem 2, denn Strafe muss sein. Zu dem wurden die privaten Milliarden für Biden, aus dem reverse Gas Umdichten festgelegt.

  4. Aber wie geht es jetzt weiter? Die beiden mächtigsten Länder der Welt, USA und Deutschland haben sich geeinigt. Der Vertrag ist unterschrieben. Die Ukraine wird umgebaut und Nordstream2 abgeschaltet, wenn zB. Russische Oppositionelle nicht zu den Wahlen zugelassen werden.

    1. Deutschland mächtig? Das zweitmächtigste Land? In welcher Zeit bist du den stecken geblieben?

      Russland ist was den Kampf gegen den Westen angeht deutlich ehrlicher. Das freut einen gelegentlich. Aber wenn Russland bei Corona Impfungen ND beim Klimawandel ins gleiche Horn, das vom Klaus Schwab reinblasen, dann frage ich ich, ob es nicht wurscht ist, wer uns die Zukunft versauen wir. Weil letztlich scheint die Hauptagenda klar zu sein. Es wird wohl nur darum gekämpft, wer welche Brocken abbekommt. Welche „Eliten“, wir, der Pöbel, natürlich nicht.

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