Die große Scheinheiligkeit – wie der Spiegel von wichtigen Themen ablenkt

Der Inhalt dieser Kolumne im Spiegel ist schnell erzählt: Nur wenige Menschen in Deutschland nehmen die Migration als Problem wahr, die Menschen haben andere Probleme, z.B. Pflegenotstand, Gesundheitssystem, Bildung oder Renten. Also fragt der Spiegel, warum denn bloß Medien und Politik ständig über Flüchtlinge und Migranten reden und nicht über die Themen, die die Menschen wirklich beunruhigen. Das ist entsetzlich scheinheilig, denn der Spiegel als eines der führenden Presseorgane in Deutschland, könnte ja mit gutem Beispiel vorangehen. Tut er aber nicht. Daher will ich am Beispiel dieser Kolumne mal beleuchten, warum das so ist und wie der Spiegel die Menschen von den wichtigen Themen ablenkt.
Man kann in der Kolumne unter Berufung auf repräsentative Umfragen lesen: „Was die Bürger persönlich besorgt, ist durchaus bekannt: Steigende Lebenshaltungskosten – vor allem teurer Wohnraum- Engpässe bei der Pflege und im Gesundheitssystem, die Qualität der Schulen und des Bildungssystems, die künftige Entwicklung der Renten, Umweltprobleme und Klimawandel – all diese Themen sind laut Umfragen wie dem Eurobarometer oder dem ARD-Deutschland-Trend in der deutschen Debatte unterbelichtet. Während das Thema Asyl und Flüchtlinge nach Ansicht der Mehrheit zu viel Aufmerksamkeit genießt.
Und später folgt die angebliche Erklärung, warum Migration ein so großes Thema ist: „Die Story von Deutschland als Land, das sich dem Ansturm der unterprivilegierten Massen erwehren muss, ist leicht erzählt. Zumal, wenn das Feindbild – Angela Merkel – für die Anhänger dieser Story so einleuchtend erscheint.
Hingegen sind laut Spiegel die wirklich wichtigen Themen eben nicht leicht zu erzählen: „Wirksame Lösungen tatsächlicher Probleme sind kompliziert und langwierig. Die Engpässe in der Pflege zu beseitigen; bezahlbaren Wohnraum dort zu schaffen, wo er gebraucht wird; Schulen und Hochschulen an veränderte Bedingungen anzupassen – all das eignet sich nicht für einfache Stories. Entsprechend werden diese Themen im Politpanorama leicht in den Hintergrund gedrängt.
Das sind die Kernthesen dieser Kolumne: Migration ist ein leicht zu erzählendes Thema, die anderen sind ganz komplex und kompliziert, darum spielen sie in der öffentlichen Diskussion keine Rolle. Und diese Thesen möchte ich widerlegen, falls das möglich ist.
Das erste Thema ist also der Pflegenotstand. Angeblich ein kompliziertes Thema. Das Problem ist, dass Bezahlung und Arbeitsbedingungen in der Pflege diesen Beruf nicht attraktiv machen, es gibt nicht genug Menschen, die in der Pflege arbeiten möchten. Nun die Lösung liegt auf der Hand: Der Staat könnte einen Mindestlohn in der Pflege einführen, der hoch genug ist, um den Beruf attraktiv zu machen und außerdem auch die Arbeitsbedingungen regulieren, damit z.B. in der ambulanten Pflege nicht mehr nach der Stoppuhr gearbeitet werden muss, weil für jede Tätigkeit (ob Helfen beim Waschen oder Schneiden der Fußnägel) in Minuten und Sekunden festgelegt ist, wie lange sie dauern darf. Und gemäß dieser „Taktung“ hetzen die Pflegekräfte von einem Patienten zu nächsten. Dabei benötigen diese Patienten auch Ansprache und Zeit, denn viele sind nicht nur alt und krank sondern auch noch einsam.
Man könnte dieses Problem also einfach lösen und könnte dabei nicht nur die Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte verbessern sondern auch die Qualität der Pflege selbst. Und diese Geschichte ist ebenfalls leicht erzählt. Man stelle sich einmal vor, die Medien würden, anstatt täglich über Migranten zu schreiben, täglich die Zustände in der Pflege auf den Titelseiten bringen. Ich bin sicher, dass es nach kurzer Zeit Demonstrationen geben würde und der Druck auf die Politik steigen würde, hier etwas zu tun. Denn betroffen sind immer mehr Menschen direkt, sei es als Pflegekräfte, Krankenschwestern oder Angehörige von Patienten.
Nun wird sofort behauptet, dass so etwas nicht finanzierbar sei. Dieses Argument ist Unsinn, denn in der Politik ist alles finanzierbar, wenn nur der politische Wille vorhanden ist. Der ist vorhanden, wenn es um Flüchtlinge geht. Als in 2015 eine Million nach Deutschland strömten, hatten Bund, Länder und Kommunen 30 Mrd. Euro übrig dafür, denn so viel kosten die Flüchtlinge pro Jahr. Die Verbesserung der Pflege würde weniger kosten. Aktuell betragen Ausgaben der Pflegeversicherung 31 Mrd., selbst wenn diese Maßnahmen die Kosten um 50% erhöhen würden, wäre dies immer noch finanzierbar.
Und als vor einigen Jahren Griechenland seine Schulden bei den Banken nicht bezahlen konnte, hat die Regierung ein 80-Mrd.-Paket innerhalb von einer Woche durch den Bundestag gepeitscht, damit die Banken ihr Geld bekommen konnten. Was sind da 15 Mrd. für die Pflege?
Weil die USA Druck machen, soll der deutsche Verteidigungshaushalt auf 1,5% des BIP erhöht werden, dass sind 20 Mrd. Jedes Jahr. Aber 15 Mrd. für die Pflege ist nicht finanzierbar, sagt man uns immer wieder.
Wenn es politisch gewollt wäre, wäre es machbar.
Das nächste „komplizierte“ Thema ist das Gesundheitssystem. Auch hier ist die Story eine ganz einfache: So sind die Medikamentenpreise in Deutschland die höchsten der Welt. Um die Frage ganz einfach zu stellen: Ich lebe in Russland und wenn ich bei Sodbrennen eine Packung Rennie kaufe, dann bezahle ich dafür 1,80 Euro, Sie in Deutschland bezahlen 15 Euro. Für die gleiche Packung. Und außerdem fragt man sich, was die wichtigste Aufgabe eines Krankenhauses ist, Gewinne zu machen oder Kranke zu versorgen? Der Trend ist, dass Krankenhäuser unbedingt rentabel sein müssen, weshalb immer mehr private Konzerne Krankenhäuser eröffnen. Wohin dieser Trend führt, sieht man in den USA, wo die Krankenhäuser mehrheitlich privat sind. Im Ergebnis sind die Behandlungskosten die höchsten der Welt und für viele Menschen ist eine medizinische Behandlung ein unbezahlbarer Luxus, denn auch Krankenversicherungen sind wegen der hohen Kosten für die meisten unbezahlbar.
Die Lösung wäre also furchtbar einfach: Man müsste nur die durch Druck der Pharmalobby in Deutschland völlig überhöhten Preise für Medikamente senken und schon wäre genug Geld im Gesundheitswesen da, um Krankenhäuser besser auszustatten, es Ärzten wieder möglich zu machen, als Landarzt zu arbeiten ohne dabei pleite zu gehen und übrigens auch noch für die besseren Arbeitsbedingungen der Pflegekräfte und Krankenschwestern.
Wenn diese Dinge täglich auf den Titelseiten wären, gäbe es sicherlich nach kurzer Zeit Demonstrationen vor den Zentralen der Pharmaindustrie, die sich auf Ihre Kosten eine goldene Nase verdient, während Sie immer mehr an Beiträgen zur Krankenversicherung bezahlen und dafür eine immer schlechtere medizinische Versorgung bekommen.
Das gleiche gilt für die Bildung, dort wären die nötigen Kosten wahrscheinlich wesentlich geringer, um Schulen wieder vernünftig auszustatten und mehr Lehrer einzustellen, damit es weniger Fehlstunden für die Schüler gibt. Es ist kein komplexes Thema, es ist eine Frage des Geldes.
Aber wenn die Banken Geld brauchen, sind 80 Mrd. kein Problem, wenn die USA mehr Geld für die Rüstungsgüter wollen, dann wird der Verteidigungsetat um 20 Mrd. erhöht. Geld ist nicht das Problem.
Auch bei der Rente ist es das gleiche. Es wäre morgen zu lösen, wenn man das schweizer System übernehmen würde. Dort sind die Beiträge zur Rentenversicherung niedriger als in Deutschland, aber die Renten höher. Warum? Weil alle Menschen (ohne Ausnahme, also auch Selbständige usw.) aus ihrem gesamten Einkommen einzahlen und zwar ohne Beitragsbemessungsgrenze. Dafür liegt der Beitragssatz der staatlichen Rente nur bei ca. 10%, den sich Arbeitnehmer und Arbeitgeber teilen. Ab einem bestimmten Einkommen zahlt man noch in Pensionskassen ein, hier liegt der Beitrag je nach Einkommen zwischen 7-18%, ebenfalls je zur Hälfte von Arbeitgeber und Arbeitnehmer bezahlt. Das sind also maximal 28%, von denen der Arbeitnehmer die Hälfte zahlt, während es in Deutschland ca. 40% sind. Und während jeder aus seinem Einkommen ohne Beitragsbemessungsgrenze in die Rente einzahlt (wer eine Million verdient, zahlt auch 10%, also 100.000 ein), sind die Renten gedeckelt. Auf diese Weise wird eine ausreichende Rente für alle sichergestellt, und wer eine Million verdient, der braucht ja auch keine hohe Rente, er hat sowieso genug zum Leben. Aber die deutsche Altersarmut gibt es in der Schweiz nicht.
Auch hier also eine eigentlich einfache Lösung für die Titelblätter: Führt das schweizer System in Deutschland ein!
Und auch beim Wohnungsbau ist das Problem hausgemacht. Früher gab es in Deutschland bezahlbaren Wohnraum, weil der Staat den sozialen Wohnungsbau gefördert hat und damit für ausreichend Wohnraum gesorgt hat. Dies gibt es heute nicht mehr und schon wird der Wohnraum für den Normalsterblichen unbezahlbar. An den hohen Mieten verdienen wiederum Wohnungsbaugesellschaften und Immobilienfonds. Hier ist durch die Abschaffung des sozialen Wohnungsbaus ein lukratives Geschäftsmodell entstanden.
Jedes dieser Themen ist im Gegensatz zu dem, was der Spiegel schreibt, also leicht als Story zu erzählen und die Medien könnten anstatt täglich über Migranten zu berichten, diese Themen auf die Titelseiten holen. Sie tun es aber nicht. Die Frage ist, warum tun sie es nicht?
Nun es ist einfach erzählt. Es geht um Geld.
Wenn morgen die Themen Pflege und Gesundheitssystem auf die Titelseiten kämen, würde die Pharmalobby Sturm laufen und als erstes würden die Pharmaunternehmen, die Chemieindustrie und private Krankenhaus- und Pflegekonzerne ihre Anzeigen stornieren. Und wenn über Eigentumsverhältnisse noch andere Branchen mit den genannten verbunden sind, werden auch die keine Werbung mehr schalten. Und die Medien haben auch so schon große finanzielle Probleme, eine Kampagne, um etwas in Pflege und Gesundheit zu ändern, würde eine Zeitung nicht lange überleben, zumal die anderen Zeitungen, die nicht auf diese Kampagne aufspringen, massiv gegenan schreiben würden. Und wieder würde man lesen können, wie unbezahlbar solche Ideen wären.
Dabei geht es nur um Geld. Genauer gesagt, um die Gewinne der Pharmaindustrie an völlig überhöhten Medikamentenpreisen und um die Gewinne privater Betreiber von Krankenhäusern und Pflegeheimen, die keine höheren Gehälter zahlen wollen und deshalb auch ständig fordern, man müsse ausländische Kräfte anwerben. Die sind bereit, in ausreichender Zahl für die zu niedrigen Löhne zu arbeiten.
Das gleiche gilt für die Rente, auch hier geht es nur um Geld. Denn alle, die als Lobbyisten arbeiten (oder sogar so reich sind, dass die Lobbyisten für sie arbeiten), wollen keine 10% ihres gesamten Einkommens in die Rente zahlen, wie es in der Schweiz üblich ist. Und die Abgeordneten haben ihre eigene Alterssicherung und sie wollen nicht, in die staatliche Rente eingegliedert werden. Hinzu kommt, dass die Abgeordneten zu einem sehr großen Anteil Beamte sind, und die wollen auch nicht in den Genuss der gesetzlichen Rente kommen anstatt Beamtenpensionen zu erhalten ohne dafür Beiträge zu bezahlen. Obwohl also das schweizer System objektiv besser ist, wird es in Deutschland nie eine Chance haben. Stattdessen lenkt man die Menschen mit Geschichten vom demografischen Problem ab, weshalb die Menschen immer länger für immer weniger Rente arbeiten müssen.
Nun werden Sie sich fragen, ob meine Behauptungen nicht einen entscheidenden Schwachpunkt haben. Denn wenn Geld und Lobbyisten entscheiden, welche Themen die Medien setzen, dann muss man doch einwerfen, dass Flüchtlinge keine Lobby haben.
Nur das stimmt nicht. Ich will jetzt nicht über politische Ursachen und Gründe für die Flüchtlingswelle reden, das ist ein anderes Thema. Es geht hier jetzt nur um Geld.
Wie gesagt, kosten die Flüchtlinge Bund, Länder und Gemeinden aktuell ca. 30 Mrd. pro Jahr. Wenn wir annehmen, dass jeder Flüchtling pro Monat 1.000 Euro Kosten verursacht für Taschengeld, Wohnung und Krankenversicherung, dann ist die Rechnung einfach: 1.000 mal 12 Monate mal 1,2 Mio Flüchtlinge. Ergibt 14,4 Mrd. pro Jahr
Und was ist mit den restlichen 16 Mrd.?
 
Das sind Sprachkurse, Integrationskurse, psychologische Betreuung durch „wohltätige“ Verbände usw. Und wenn man sich anschaut, wer diese Leistungen anbietet, dann stellt man fest, dass das oft die Parteien und Gewerkschaften mit angegliederten Stiftungen oder kirchliche Verbände sind. Und Gewerkschaften und Kirchen haben eine starke Lobby, die Parteien brauchen erst gar keine. Hier wird also ein Kuchen von 16 Mrd. jährlich verteilt, da macht es Sinn, dass Thema Flüchtlinge auf den Titelseiten zu halten, um die Kosten für die angebliche Integration zu begründen. Das ist ja „alternativlos“.
Dabei gäbe es eine Alternative, wenn man sich die Fluchtursachen anschaut. Einfach keine Länder mehr im Namen der Menschenrechte zerbomben und aufhören, die armen Länder mit subventionierten und mit industriell gefertigten Waren zu fluten. Denn gegen diese industrialisierte Konkurrenz hat die Wirtschaft in den Heimatländern der Flüchtlinge keine Chance und deshalb haben die Menschen dort keine Arbeit und leben in Armut.
Auch hier geht es wieder um Geld: An den Kriegen verdient die mächtige Rüstungslobby (um nicht vom militärisch-industriellen Komplex zu reden) und in Zeiten von Globalisierung und Freihandel ist „Eroberung von Absatzmärkten“ ja etwas Gutes. Nur produziert das eben Flüchtlinge, an denen man dann in Deutschland auch noch einmal 16 Mrd. zusätzlich verdienen kann.
Und hier schließt sich der Kreis.
Und dann sieht man, wie scheinheilig diese Kolumne im Spiegel tatsächlich ist. Man könnte vieles ändern, wenn der politische Wille da wäre und es wäre auch bezahlbar. Aber dann würden einige wenige, die aber viele Lobbyisten haben, weniger verdienen.
 
Da ist es einfacher, wenn der Spiegel mit solchen anscheinend kritischen Kolumnen Ihnen Sand in die Augen streut und behauptet, Migration wäre ein leicht zu setzendes Thema für Populisten, während die entscheidenden gesellschaftlichen Themen angeblich zu komplex und kompliziert sind.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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