Präsidentschaftswahl in der Ukraine – Ein Überblick über die Kandidaten und die aktuelle Situation

In all dem Trubel um Venezuela geht das Thema Ukraine derzeit unter, dabei finden dort am 31. März, also in weniger als zwei Monaten, Präsidentschaftswahlen statt. Schon jetzt gibt es aus dem Wahlkampf einiges zu berichten, was einem Sorgen bereiten müsste.

Die Ukraine ist in den letzten Jahren nach dem Maidan zum Armenhaus Europas verkommen, die Wirtschaft ist um 50% eingebrochen und die Kaufkraft der Ukrainer ist um 70% gefallen. Und das, obwohl allein die EU schon elf Milliarden an die Ukraine bezahlt hat, das Geld dürfte weg sein. In einem ohnehin schon armen Land sind das alarmierende Zahlen. Entsprechend sehen auch die Umfragen zur Präsidentschaftswahl aus, es gibt keine klaren Favoriten und die Zahlen zeigen, dass die Menschen an keinen der Kandidaten glauben oder gar Hoffnungen in einen der Kandidaten setzen.

In den Umfragen führt nicht etwa ein Politiker, sondern ein Komiker. Vladimir Selenski liegt knapp vor Julia Timoschenko auf Platz eins der Umfragen. Das ist bemerkenswert. Selenski ist Mitglied einer Komikertruppe, deren Auftritte auch ich mir immer wieder gerne ansehe, er hat mit seinem trockenen Humor in der Vergangenheit gerne auch Politiker auf´s Korn genommen. Aber es sagt eine Menge über die Stimmung im Land aus, wenn ein Komiker bei den Umfragen zur Präsidentschaftswahl vorne liegt. Er kommt je nach Umfrageinstitut auf 19 bis 23%.

Beim zweiten Platz herrscht bei den Instituten Uneinigkeit. Einige sehen Julia Timoschenko auf dem zweiten Platz und geben ihr zwischen 16 und 18%. Timoschenko ist in der Ukraine ein politisches Urgestein, was nicht unbedingt ein Kompliment ist, denn sie hatte als Premierministerin auch schon Regierungsverantwortung, ohne dass es den Menschen dadurch besser gegangen wäre. Nach dem Maidan war sie politisch abgeschlagen, bei den Parlamentswahlen 2014 schaffte sie nur knapp die 5-Prozent-Hürde und hatte bei der Pressekonferenz damals Tränen in den Augen. Aber dank der miserablen Lage unter der aktuellen Regierung hat sie wieder zugelegt, denn sie profiliert sich als Kritikerin von Poroschenko, ohne freilich an seinem Kurs etwas ändern zu wollen. Sie zieht mit dem Slogan „Unsere Zukunft ist in Europa, unsere Sicherheit ist in der Nato“ in den Wahlkampf. Ach so, und nebenbei ist sie auch eine Oligarchin, die in den 1990er Jahren auf dubiose Weise zu ihrem Vermögen gekommen ist.

Der derzeitige Präsident Poroschenko liegt mit ihr gleich auf. Die Institute geben ihm in Umfragen 16 bis 17%, was ihn je nach Institut ebenfalls auf Platz zwei oder drei bringt. Das ist erstaunlich, denn noch vor zwei Monaten war er weit abgeschlagen und Timoschenko lag in Führung. Von Selenski war da noch gar nicht die Rede. Poroschenko macht einen stramm anti-russischen Wahlkampf und zeigt sich gerne in Tarnuniform mit Soldaten. Auch er ist ein Oligarch und Gerüchte besagen, dass er sich als Präsident so schamlos bereichert hat, dass er bei einem Wahlsieg Timoschenkos wohl das Land verlassen muss, um einer Strafe zu entgehen. Und dass er als Präsident des Landes seinerzeit in den „Panama Papers“ auftauchte und mit Tricks seine Steuerlast reduzieren wollte, wurde im Westen nur verschämt und am Rande berichtet.

Außerdem hat er trotz aller anti-russischen Rhetorik Fabriken in Russland und es ist zu erwarten, dass diese unter russische Sanktionen fallen, sobald er nicht mehr Präsident ist. Russland hat seinen Sohn bereits mit Sanktionen belegt und offen mitgeteilt, dass gegen Poroschenko nur deshalb keine Sanktionen verhängt wurden, weil man gegen amtierende Staatschefs keine Sanktionen verhängt.

Die restlichen Kandidaten liegen unter zehn Prozent. Es dürfte also zu einer Stichwahl kommen, bei der zwei der drei führenden Kandidaten um den Stuhl des Präsidenten kämpfen.

Es bleibt nun abzuwarten, wie schmutzig und vielleicht auch radikal der Wahlkampf wird. In der Ukraine ist der Faschismus nicht nur salonfähig geworden, er ist Teil der Regierungspolitik. So werden zum Beispiel Kinder ab acht Jahren in staatlich geförderten Ferienlagern an der Kalaschnikow ausgebildet und lernen, dass man Menschen nicht töten darf, was aber für „russische Untermenschen“ nicht gelte, da diese ja keine Menschen seien. Die Ukraine wird also massiv radikalisiert und das könnte auch in den Wahlkampf hineinspielen. Vor allem Poroschenko schlägt radikale Töne an und wenn man seine Aufholjagd in den Umfragen betrachtet, scheint das zu fruchten. Jedenfalls nennt er Russland wahlweise nur „Aggressor-Staat“ oder „Okkupanten-Staat“, Begriffe, die sogar in die ukrainische Gesetzgebung eingezogen sind.

Poroschenko hat außerdem bereits angekündigt, dass in den Botschaften und Konsulaten der Ukraine in Russland keine Wahllokale öffnen werden. In Russland leben über vier Millionen Ukrainer, von denen die große Mehrheit kaum für Poroschenko stimmen dürfte. Auch wenn die Wahlbeteiligung der Exil-Ukrainer in Russland in der Vergangenheit minimal war, scheint Poroschenko kein Risiko eingehen zu wollen und entzieht den Exil-Ukrainern in Russland kurzerhand das Wahlrecht.

Und gestern hat Poroschenko angekündigt, keine russischen Wahlbeobachter in die Ukraine einreisen zu lassen. Das ist insofern brisant, weil die OSZE die Wahlen beobachtet und jedes Mitgliedsland der OSZE Beobachter schickt, auch Russland. Von der OSZE gibt es darauf bisher keine Reaktion. Das ist zwar keine entscheidende Neuigkeit, aber es zeigt, dass Poroschenko keine Möglichkeit auslässt, Russland zu provozieren, egal wie nebensächlich sie ist. Dass er auch vor großen Provokationen nicht zurückschreckt, zeigte er erst Ende November beim Vorfall von Kertsch.

Es gäbe also eigentlich genug Gründe, auch in Deutschland über den Wahlkampf in der Ukraine zu berichten. Und sei es nur, weil auch Deutschland der Ukraine mit Milliarden an Steuergeldern hilft und dieses Geld dort in dunklen Kanälen versickert und die Rückzahlung bei der wirtschaftlichen Entwicklung im Lande mehr als fraglich ist.

Nachtrag: Inzwischen liegt eine erste Reaktion der OSZE vor. Der Pressesprecher Thomas Rymer teilte mit: „Wir haben Zweifel, dass das den internationalen Vereinbarungen über die Beobachtung von Wahlen entspricht. Wir beobachten, wie sich das in der Praxis entwickelt.“ Außerdem ist für morgen sowieso eine erste Pressekonferenz der Wahlbeobachtermission in Kiew geplant, vielleicht gibt es dort Neuigkeiten.

Nachtrag 2: Die Pressekonferenz brachte keine wirklichen Neuigkeiten. Die OSZE teilte diplomatisch mit, die Entscheidung der Ukraine widerspreche den Regeln der OSZE. Was das aber in der Praxis bedeutet, ist nicht klar. Im offiziellen Statement der OSZE werden die OSZE-Mitgliedsländer aufgefordert, 100 Langezeit-Beobachter zu entsenden und zur Wahl noch einmal 750 Wahlbeobachter. Bleibt abzuwarten, ob russische Beobachter zugelassen werden.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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