Putins Rede an die Nation: Was waren die Themen und was hat Putin gesagt?

Putin hat heute zum 15. Mal die jährliche Rede an die Nation gehalten. Auch wenn es kaum um außenpolitische Themen ging, will ich ausführlich berichten, was er gesagt hat. Sollten die Medien später hierzu Dinge schreiben, die Aussagen aus dem Zusammenhang reißen, werde ich bei Bedarf dazu extra schreiben und den Aussagen der Medien die wörtlichen Zitate Putins entgegenstellen, damit sich jeder selbst ein Bild machen kann.

Die Rede war dominiert von innenpolitischen und sozialen Themen. Die Außenpolitik nahm erst am Ende der Rede einen sehr kleinen Platz ein. Das war auch zu erwarten, denn nach der unpopulären Rentenreform und der Erhöhung der Mehrwertsteuer wuchs die Unzufriedenheit und Putins Umfragewerte sind gesunken. Die Rentenreform war jedoch unvermeidlich, weil auch in Russland die Lebenserwartung steigt und Frauen bisher mit 55 Jahren und Männer mit 60 in Rente gehen konnten. Daher war eine schrittweise Erhöhung des Rentenalters unvermeidlich, wenn die Renten weiterhin bezahlbar bleiben sollten.

Russlands Regierung erkennt dabei an, dass die Renten zu niedrig sind und erhöht sie jedes Jahr höher, als die Inflationsrate. Das ist insofern interessant, weil ich einmal nachgerechnet habe, ob die russischen Rentner so viel schlechter gestellt sind, als die deutschen. Tatsächlich sind die Renten in Deutschland viel höher, als in Russland. Aber in Deutschland gibt es jede Menge Abzüge, die es in Russland nicht gibt. Russische Rentner wohnen in bezahlten Eigentumswohnungen und zahlen keine Miete, keine Krankenversicherung, oft ist für sie der öffentliche Nahverkehr umsonst, es gibt keine GEZ, Telefon und Internet sind in Russland viel billiger und auch die Wohnnebenkosten. Kurz gesagt, die geringe Rente bleibt den Russen zum Leben, während die höheren deutschen Renten viele Abzüge haben. Wenn man berechnet, was dem deutschen Rentner nach all den Abzügen zum Leben bleibt, sind es oft nur zehn oder zwanzig Euro mehr, als bei ihren russischen Leidensgenossen. Bemerkenswert ist dabei, dass die russische Regierung ständig versucht, die Renten zu erhöhen, während das in Deutschland nicht zu beobachten ist.

Mit der Rentenreform will Russland neben der zukünftige Anhebung des Rentenalters auch die Renten der Zukunft erhöhen, aber diesen Versprechungen glauben die Menschen erst einmal nicht und so war und ist die Unzufriedenheit groß.

So war es zu erwarten, dass Putin eine Reihe von Sozialprogrammen ankündigen würde, über die ich kurz berichten möchte. Putin begann die Rede an die Nation mit den sozialen Themen.

Russland hat vor ca. 10 Jahren die Familienförderung komplett revolutioniert und es als einziges europäisches Land geschafft, eine positive Geburtenrate zu erreichen. Die Zahl der Neugeborenen in Russland ist größer, als die Sterbezahlen. Trotzdem setzt Russland nun auf weitere Förderung von kinderreichen Familien vor allem mit kleinem Einkommen. Wie Putin sagte: „Der Kinderwunsch darf nicht sozialen Abstieg bedeuten.“

Das Kindergeld für Familien mit geringem Einkommen soll massiv erhöht werden, je nach Region und den regionalen Lebenshaltungskosten um 150 bis 300 Euro. Es wurden Steuerleichterungen nach dem Motto „je mehr Kinder, desto weniger Steuern“ angekündigt. Vor allem soll der Erwerb von Wohneigentum für Familien gefördert werden. Dazu wurde die teilweise Übernahme von Hypothekenzinsen durch den Staat angekündigt und die Grundsteuer, die in Russland auf Wohneigentum erhoben wird, soll mit jedem Kind in der Familie reduziert werden. Außerdem wurde das Projekt der „Sozialen Verträge“ angekündigt, dass in einigen russischen Regionen bereits gute Erfolge gezeigt hat. Dabei hilft der Staat einem Menschen individuell bei Arbeitssuche oder Existenzgründung und legt mit jedem Teilnehmer des Programms individuelle Ziele fest, für deren Erreichung es weitere Boni gibt.

Auch in der Rentenversicherung soll es für die ärmsten Rentner Verbesserungen geben. So gab es Fälle, dass Rentner, deren Rente nicht das Existenzminimum erreichte, staatliche Zulagen bekamen und diese bei Erreichung des Existenzminimums gestrichen wurde, was unterm Strich die Rentenerhöhung auffraß. Dies bezeichnete Putin als ungerecht und kündigte eine Neuberechnung und rückwirkende Nachzahlungen an die Betroffenen an.

Auch das Gesundheitssystem war ein wichtiges Thema. Putin wies zwar auf das Erreichte hin, zeigte aber auch die Probleme in den kaum bevölkerten Regionen auf. Dort gibt es bereits mobile Versorgung, jedoch noch nicht flächendeckend. Er kündigte an, dies zu ändern und wies auf den Neubau bzw. die Renovierung von über 1.000 Punkten zur medizinischen Versorgung in diesen Gebieten hin. Beim Thema Krebs wies er auf die Verbesserungen vor allem bei der Behandlung von Kindern hin und dankte namentlich deutschen Ärzten, die sehr geholfen haben und immer noch sehr helfen, die Krebsbehandlung bei Kindern in Russland zu verbessern.

Auch beim Recycling, wo Russland noch sehr rückständig ist, kündigte er weitere Programme an, um den Anteil an Recycling von jetzt 8% auf 60% in einigen Jahren zu erhöhen. Er kündgte auch einen weiteren Kampf gegen die Luftverschmutzung an, die vor allem in bestimmten Industriestandorten im Fernen Osten und Norden des Landes ein großes Problem darstellt. Dabei wies ausdrücklich darauf hin, dass man sich bei diesen Themen nicht mehr von Lobbyisten bremsen lassen dürfe, die mit vielen Mitteln versuchen, diese teuren Maßnahmen zu bremsen.

In der Bildung wies er darauf hin, dass man vor etwas über zehn Jahren die Digitalisierung der Schulen als Durchbruch gefeiert habe, dass diese Technik aber schon nicht mehr den heutigen Ansprüchen genügt. Bis 2021 sollen alle Schulen des Landes mit Highspeed-Internet ausgestattet sein.

Hierzu eine Anmerkung von mir: Die genannten Probleme gibt es alle tatsächlich, auf allen Gebieten gab es in den letzten zehn Jahren große Fortschritte, aber es gibt überall noch viel zu tun. Beim Thema Internet ist das, was Putin bemängelt, aber Meckern auf hohem Niveau. Ich bin jedes Mal, wenn ich nach Deutschland komme, schockiert, wie schlecht die mobile Internet-Abdeckung in Deutschland ist und wie schlecht und langsam auch die Leitungen sind. Beim Thema Internet ist Russland viel weiter als Deutschland.

Weiter kündigte Putin Infrastrukturmaßnahmen an, um den Tourismus anzukurbeln. Hierbei berief er sich auf die guten Erfahrungen bei der Fussball-WM und die vielen zufriedenen ausländischen Gäste. Das kann ich aus eigener Erfahrung mehr als bestätigen. Er kündigte die Modernisierung von 60 Flughäfen an und Visavereinfachungen für Touristen.

Erst ganz zum Schluss seiner Rede kam er auf die Außenpolitik. Ich berichte darüber für den deutschen Leser wesentlich ausführlicher, als über die innenpolitischen Themen, aber tatsächlich machte dieser außenpolitische Teil der Rede nur 17 Minuten der 87-minütigen Rede aus. Zuerst sprach Putin über Russlands Partner und die UNO, bevor erst die letzten 12 Minuten sich mit dem Westen beschäftigten.

Putin wies darauf hin, dass Russland nur als unabhängiger und souveräner Staat denkbar sei. Es gäbe zwar Staaten, die ihre Souveränität abgegeben können, aber für Russland gelte das nicht. Russland sei ohne Souveränität und Unabhängigkeit nicht denkbar.

Er sprach ganz deutlich seine Hoffnunf auf eine bessere Zusammenarbeit mit der EU aus und sagte, er hoffe, dass sich die „großen Staaten der EU“ für mehr Zusammenarbeit entschließen würden. Und er fügte hinzu: „Die Menschen wollen diese Zusammenarbeit“.

Dann erst kam er zu den USA. Er kritisierte die USA für die einseitige Kündigung des INF-Vertrages und sagte, es sei natürlich nicht gut gewesen, dass die Beschränkungen des Vertrages nur für die USA und Russland gegolten hätten. Aber besser als eine einseitige Kündigung durch die USA, wären gemeinsame Bemühungen gewesen, andere Länder zum Beitritt zu diesem wichtigen Abrüstungsvertrag zu bewegen.

Zu den Vorwürfen der USA, Russland habe den Vertrag einseitig verletzt, sagte Putin wörtlich, dass die USA hier die treibende Kraft gewesen seien und dass sich die „Satelliten“ der USA den Vorwürfen nur widerstrebend angeschlossen hätten. Dann zitierte er Passagen aus dem Vertrag wörtlich, die einen Verstoß der USA beweisen: Im Vertrag ist der Aufbau von Abschussrampen, die derartige verbotene Kurz- und Mittelstreckenraketen abfeuern können, verboten. Trotzdem haben die USA beim Aufbau der Raketenabwehr in Polen und Rumänien Abschussrampen vom Typ MK41 aufgestellt, die Tomahawk-Marschflugkörper abfeuern können. Das ist ein klarer Verstoß der USA gegen den INF-Vertrag. Dies kann übrigens jeder leicht recherchieren, hier hat Putin objektiv recht.

Er wies noch einmal darauf hin, dass Russland nicht als erstes Raketen stationieren werden, die früher vom INF-Vertrag verboten gewesen sind. Sollten aber die USA derartige Raketen in Europa aufstellen, werde Russland genauso antworten. Er wies darauf hin, dass er leider eine ähnliche Absage an die Aufstellung solcher Raketen in Europa aus Washington noch nicht gehört habe.

Dann sagte er, „damit niemand sagen kann, wir hätten nicht darauf hingewiesen, ganz offen und klar“, dass in so einem Fall nicht nur die Stationierungsorte der Raketen, sondern auch die Kommandozentren zu Zielen der russischen Raketen werden. Dies ist die normale Logik der atomaren Abschreckung und keine Drohung, die US-Raketen sind ja auch nicht auf die russische Steppe, sondern auf russische Armeestandorte und Städte gerichtet. Aber es war wohl als eindeutiger Hinweis an die Europäer gedacht, sich gegen die Stationierung derartiger Raketen und den Aufbau der Kommandozentren in ihren Ländern zu wehren.

Putin wies erneut darauf hin, dass eine atomare Konfrontation nicht zu gewinnen ist und dass es eine Illusion ist, sich durch die US-Raketenabwehr unangreifbar zu fühlen. In diesem Zusammenhanng wies auch die neuen russischen Hyperschallraketen hin, die für die Raketenabwehr unerreichbar sind.

Er erklärte, dass es die USA sind, die einseitig alle Abrüstungsverträge gekündigt haben und Russland zur Bedrohung erklärten. Russland bedrohe nienmanden, Russland hat keinen Vertrag gekündigt, Russland wird nicht als erster neue Waffen aufstellen. Aber Russland müsse antworten, wenn die USA und die Nato beginnen, solche Waffen zu stationieren.

Zum Schluss sagte er: „Wir wollen Abrüstung, aber wir werden nicht an verschlossenen Türen klopfen.“ Aber Russland sei für jede Art von Gesprächen darüber bereit, wenn die USA wieder ein Interesse an Abrüstung zeigen.

Wenn Sie sich für die Position Putins zu Fragen der internationalen Politik interessieren, dann sollten Sie mal einen Blick auf die Beschreibung zu meinem Buch werfen. Dort habe ich Putin in langen und wörtlichen Zitaten zu den Themen der aktuellen Politik zu Wort kommen lassen. Damit kann sich der Leser selbst ein Bild von Putins Ideen und Zielen machen.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

5 Antworten

  1. Auch im „Qualitätsmedium“ die Zeit war von einer „Drohung“ Putins die Rede. Ich darf dort nicht mehr schreiben, weil mein Account gesperrt wurde, weil ich es gewagt habe, mich über die von der Moderation vorgenommene Zensur öffentlich zu beschweren! Im Staatssender Deutschlandfunk behauptete vorgestern CDU-„Außenexperte“ Wadepuhl, Russland habe schon seit Jahren gegen den INF-Vertrag verstoßen, aber die USA hätten mit Rücksicht auf Deutschland darauf verzichtet, dies öffentlich zu machen! Belege? Braucht Wadepuhl keine, wenn die USA es sagen, muss es richtig sein!

  2. Seit zwei Jahren kann jeder bei mir nachlesen, was Larissa Tschikin geschrieben hat:
    https://www.dzig.de/Russland

    Russland ist ein Land mit vielen archaischen Aspekten, ist ein sehr auf die Traditionen bezogenes Land. Die Gesellschaft hat noch sehr stark ausgeprägte hierarchische Strukturen. Muss dies Anlass zur Hetze sein? Wo ist es viel anders? Aber mit Gewissheit man kann nicht behaupten, dass dieses Land sei barbarisch, bestialisch oder aggressiv.

    Aggressivität kann sich dieses Land nicht erlauben: Russland hat die längste Landesgrenze und die längste Außengrenze überhaupt, den größten territorialen Völkerbund und die geringste Bevölkerungsdichte. Unter solchen Voraussetzungen kann sich kein Land Aggressivität nach außen erlauben. Täte es dies, zerfiele es in sehr kurzer Zeit. Nur ein Selbstmörder würde in dieser Situation aggressiv agieren.

    Russland ist zum Frieden „verdammt“! Genau deswegen wird Russland auch den Frieden nach Europa und zu den Nachbarn auf der anderen Seite des Kontinentes, nach Asien bringen, weil dieses Land rein geopolitisch, das allerhöchste Bedürfnis nach Frieden hat. Genau das verstehen Russlands Feinde nicht und nur deswegen dämonisieren sie das Land und den Präsidenten, der diesem Land zur Wiederauferstehung verholfen hat.

    Leider hat für die westliche Politik nur im Falle des toten Russen und des toten Putin das „schöne und gute“ Russland ein Existenzrecht, aber dann ist es kein Russland mehr.

  3. Die russischen Rentner wohnen mehrheitlich in bezahlten Eigentumswohnungen?
    Haben Sie dafür auch Belege?
    Zunächst einmal gab es bis 1990 überhaupt kein Eigentum an Immobilien, weil das „kapitalistischer Humbug“ war.
    Und jetzt soll auch noch die Mehrheit in bezahlten ETW wohnen?

    1. Nach dem Zerfall der Sowjetunion konnte jeder die Wohnung, in der er wohnte für eine kleine Bearbeitungsgebühr privatisieren. Daher hat jede Familie mindestens eine schuldenfreie Eigentumswohnung. Kein Rentner wohnt zur Miete, das gibt es dort aus diesem Grunde nicht. Manchmal wohnen in einer Wohnung der Rentner und seine erwachsenen Kinder zusammen, das kommt nicht selten vor, aber dass ein Rentner Miete zahlt, das nicht. Zur Miete wohnen nur junge Leute und das auch meist nur dann, wenn sie wegen Beruf oder Studium in eine andere Stadt gezogen sind. Ich lebe seit 1998 in Russland und ich kenne praktisch niemanden, der mit 30 noch zur Miete wohnt. Wer nicht in eine von Eltern oder Großeltern geerbte Wohnung ziehen konnte, finanziert eine Wohnung. Für Russen ist Wohneigentum die wohl erste Priorität, weshalb oft schon junge Menschen mit 25 in einer eigenen (wenn auch finanzierten) Wohnung wohnen. In Russland sind daher Wohnungsgesellschaften wie in Deutschland unbekannt. Auch in Neubauten werden die Wohnungen von Privatleuten gekauft. Entweder, weil sie selbst dort wohnen wollen oder aber als Zusatzrente zur Vermietung. Wohnungen sind in Russland deutlich billiger, als in Deutschland, daher kann sich praktisch jeder eine Wohnungsfinanzierung leisten, wenn er nur erst einmal die „Anzahlung“, wie es in Russland heißt, zusammengespart hat. Oft leiht man sich das Geld zum Teil bei der Familie, wenn man es selbst nicht zusammenbekommt. Und als „Anzahlung“ (also Eigenkapital) reichen oft schon umgerechnet 8.000 für eine Einzimmerwohnung.

    2. Mein russischer Nachbar, der Anfang der 90er zusammen mit Wladimir Kaminer nach Berlin kam, hat seine Wohnung in Moskau für 115 Euro nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion erstanden. Diese hat er vor einigen Jahren für 600 000 Dollar verkauft und besitzt nun hier 2 Eigentumswohnungen. Wohneigentum in Russland kann also günstig sein. Je nachdem, wo man es erwerben will und wann man es erworben hat.

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