Seehofer warnt vor neuer Flüchtlingskrise, die schlimmer werden könnte, als 2015

Seit Ende Juli berichte ich, dass eine neue Flüchtlingskrise nach dem Beispiel von 2015 droht. Nun hat Innenminister Seehofer meine Befürchtungen nicht nur bestätigt, sondern sogar gesagt, es könne schlimmer werden, als 2015.

Bevor wir zur aktuellen Warnung von Seehofer kommen, muss ich noch einmal kurz auf die Hintergründe eingehen, weil man darüber in den deutschen Medien kaum ein wahres Wort liest. Ich habe über die Probleme, die auf Deutschland und die EU zukommen, schon seit Juli immer wieder berichtet, als die deutschen Medien das Thema noch verschwiegen haben. Sie wollten wohl die Wahlen in Sachsen und Brandenburg nicht mit solchen Nachrichten stören.

Nachdem sich 2015 weit mehr als eine Million Flüchtlinge unkontrolliert durch Europa bewegt haben, haben die EU und die Türkei 2016 Merkels Flüchtlingsdeal abgeschlossen. Darin hat sich die Türkei verpflichtet, ihre Grenzen zur EU für Flüchtlinge zu schließen und diejenigen, die es trotzdem bis nach Griechenland schaffen, aber nicht asylberechtigt sind, wieder zurückzunehmen. Die Türkei hat ihren Teil erfüllt, der Flüchtlingsstrom ist danach weitgehend versiegt.

Im Gegenzug hat die EU der Türkei Milliarden versprochen, um die Kosten für die Unterbringung der Flüchtlinge zu decken und sie hat der Türkei Reiseerleichterungen, also die Abschaffung der Visapflicht für Türken, versprochen.

Die EU hat aber der Visapflicht nie aufgehoben und noch nicht einmal die volle versprochene Summe bezahlt. Die EU ist auf ganzer Linie vertragsbrüchig.

Hinzu kommt, dass die EU sich mit der Türkei nun auch noch um Gasförderungen vor Zypern streitet und deshalb sogar Sanktionen gegen die Türkei diskutiert. Da die EU in Sachen Flüchtlinge auf die Türkei angewiesen ist, ist das ein sehr schlechter Zeitpunkt, um einen neuen Streit mit der Türkei zu beginnen.

Im Juli haben führende türkische Politiker bereits gesagt, dass der Flüchtlingsdeal in naher Zukunft Geschichte sein wird, wenn die EU nicht endlich ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllt. Wer die internationalen Nachrichtenagenturen verfolgt, der weiß also seit Juli, dass da was in der Luft ist, nur die deutschen „Qualitätsmedien“ hielten es nicht für nötig, darüber zu berichten. Also habe ich es damals bereits getan.

Über die Tatsache, dass die EU ihre Verpflichtungen nie erfüllt hat, liest man jedoch nichts in den deutschen Medien. Wenn es um die heutige Situation rund um Flüchtlinge in der Türkei oder in Griechenland geht, berichten die Medien darüber mal, dass die Bedingungen für Flüchtlinge in der Türkei ganz schrecklich sind und die sich deshalb nun wieder verstärkt auf den Weg machen, oder sie lassen gleich alle Gründe weg, ganz so, als handle es sich um eine Art unvermeidliche Naturkatastrophe, wie zum Beispiel einen Vulkanausbruch: da kann man halt nix gegen machen.

Beides ist natürlich Unsinn, wie jeder mit etwas Nachdenken auch selbst verstehen kann. Die Bedingungen für Flüchtlinge in der Türkei waren nie gut, aber das hat seit 2016 niemanden in der EU interessiert. Jetzt plötzlich soll das der Grund sein, dass sich die Flüchtlinge wieder in Bewegung setzen, nachdem sie dort seit Jahren unter diesen Bedingungen gelebt haben. Und unvermeidlich ist daran erst recht nichts, es gäbe die Flüchtlingskrise gar nicht, wenn der Westen nicht Afghanistan, den Irak, Syrien und andere Länder mit Kriegen überzogen hätte.

Es ist nie zu spät, etwas zu tun. Man könnte diese Kriege morgen stoppen und mit den dortigen Regierungen Programme zum Wiederaufbau der Länder abschließen. Alleine Deutschland bezahlt für die Flüchtlinge über 30 Milliarden pro Jahr. Mit diesem Geld könnte man dafür sorgen, dass die Menschen in ihrer Heimat wieder eine Zukunft haben. Das wäre sogar billiger, denn nach ein paar Jahren wäre der Wiederaufbau erledigt, während die Flüchtlinge in Deutschland auf Jahrzehnte alimentiert werden müssen.

Nun hat Horst Seehofer die Türkei besucht und ihr Hilfe angeboten. Bei den Gespräche hätte ich gerne Mäuschen gespielt, denn in der deutschen Presse steht kein Wort über die Tatsache, dass die Türkei sauer ist, dass die EU ihre Seite des Flüchtlingsdeals nicht erfüllt. Ich bin sicher, dass das Thema von den Türken angesprochen worden ist. Stattdessen wird der Eindruck erweckt, die EU könnte das Problem mit mehr Geld oder mehr „Unterstützung“ für die Türkei in den Griff kriegen.

Am 3. Oktober hat der Spiegel über Seehofers Türkei-Besuch berichtet. Der Artikel war ein Paradebeispiel dafür, wie man mit vielen Worten keinerlei Informationen geben kann. Nur ein einziger Absatz deutete das Problem wenigstens an:

„Erdogan hatte zuletzt mehrfach deutlich gemacht, dass versprochene EU-Hilfen nicht zufriedenstellend flössen und dass mehr Unterstützung nötig sei. Andernfalls könnte man den Flüchtlingen die Türen Richtung Europa öffnen, hatte Erdogan gedroht.“

Sicher, die Türkei möchte mehr Geld (wer möchte das nicht?), aber das ist nicht das Hauptproblem. In der Türkei ist die Frage der Reiseerleichterungen, also die Aufhebung der Visapflicht für die EU, ein wichtiges Thema. Und über die Flüchtlinge ist dort niemand glücklich. Da die Türkei derzeit ohnehin wirtschaftliche Probleme hat, wird Erdogan sich fragen, warum er 3,6 Millionen Flüchtlinge aufgenommen hat, was für Unzufriedenheit im Lande sorgt, wenn die Türkei im Gegenzug nichts bekommt, außer bestenfalls der Übernahme der Kosten für die Versorgung der Flüchtlinge. Sie hat davon keinerlei Vorteile. Dass Erdogan daher offen damit droht, an der Grenze beide Augen zu verschließen, wenn Flüchtlinge sich Richtung EU auf den Weg machen, kann man ihm nicht verdenken.

Aber da der Spiegel-Leser diese Dinge nicht weiß, erscheint Erdogan einmal mehr als der unverschämte Irre, der die EU erpresst.

Was in Deutschland ebenfalls kaum bekannt ist, ist die Tatsache, dass immer mehr Afghanen über die Türkei nach Europa wollen. Es handelt sich dabei um Kriegsflüchtlinge, die bisher im Iran Zuflucht gefunden haben. Auch deren Zahl geht in die Millionen. Sie haben im Iran viele Jahre gelebt, denn die Sprachen sind zum Teil verwandt und sie konnten dort also einigermaßen klar kommen und arbeiten. Nachdem jedoch die neuen, völkerrechtswidrigen Sanktionen der USA dem Iran extrem schwer zusetzen, hat sich ihre Situation im Iran so sehr verschlechtert, dass sie begonnen haben, sich auf den Weg nach Europa zu machen.

Und anscheinend ist die Situation noch dramatischer, als ich dachte, denn Seehofer ist nach dem Türkei-Besuch noch nach Griechenland gefahren. Der Spiegel zitiert Seehofers Worte vor der Presse so:

„Wir müssen unseren europäischen Partner bei den Kontrollen an den EU-Außengrenzen mehr helfen. Wir haben sie zu lange alleine gelassen“, sagte Seehofer der „Bild am Sonntag“. „Wenn wir das nicht machen, werden wir eine Flüchtlingswelle wie 2015 erleben – vielleicht sogar noch eine größere als vor vier Jahren.“

Seehofer sprach in der „Bild am Sonntag“ auch davon, dass es 2015 einen „zeitweiligen Kontrollverlust“ gegeben habe, der sich nicht wiederholen dürfe. Das sind nette Lippenbekenntnisse, aber wenn man der Türkei nicht in den Punkten entgegen kommt, die ihr wichtig sind, ist das kaum zu verhindern. Wie will man denn die Grenze zu Griechenland kontrollieren? Es ist ein Meer dazwischen, es dürfte sich also das libysche Szenario wiederholen: Man fischt die Flüchtlinge aus dem Wasser und bringt sie nach Griechenland, denn die Türkei kann ihre Rücknahme ablehnen, wenn sie erst mal auf dem offenen Meer sind.

Dazu können die Medien noch ein paar tragische Berichte über Einzelschicksale von Flüchtlingen in der Türkei schreiben und fordern, dass man die Flüchtlinge auf keinen Fall wieder in der Türkei zurückbringen dürfe, weil die Zustände dort unhaltbar sind. Also das gleiche Prinzip, nach dem heute der Taxi-Service für Flüchtlinge aus Libyen in die EU begründet wird.

Das Problem scheint wirklich groß zu sein und die Politiker in der EU wissen das auch. Kroatien hat schon vor einem Monat 1.800 Polizisten aus dem Ruhestand in den aktiven Dienst zurückgeholt und das mit der Notwendigkeit begründet, seine Südgrenze besser kontrollieren zu müssen. Über diese Südgrenze verlief 2015 die Balkanroute, auf der die Flüchtlinge nach Deutschland gekommen sind.

Auf den griechischen Inseln sind die Flüchtlingslager hoffnungslos überfüllt, man hört in Deutschland ab und zu von Unruhen dort. Griechenland hat nun deshalb notgedrungen begonnen, die Flüchtlinge von dort auf das Festland zu bringen und dann machen die sich auf den Weg Richtung Norden. Die Zahl derer, die versuchen Griechenland in Richtung Norden zu verlassen, sind in letzter Zeit stark angestiegen und sie passen erstaunlich gut mit der Zahl der von den Inseln auf das Festland gebrachten Flüchtlingen zusammen, wie ich vor einem Monat bereits aufgezeigt habe.

Im Winter ist nicht zu erwarten, dass es eine große Flüchtlingswelle geben wird, aber wenn die Türkei die Flüchtlinge nicht mehr an der Weiterreise nach Griechenland hindert, wird sich dort im Winter die Lage extrem zuspitzen und im Frühjahr dürfte sich der Strom dann nach Norden ergießen, wenn die EU keine Lösung findet, mit der die Türkei auch zufrieden ist.

Danach sieht es bisher aber nicht aus.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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