Stromausfall in Venezuela – Ergebnis von Misswirtschaft oder Cyberangriff der USA?

Ein großer Stromausfall in Venezuela macht weltweit Schlagzeilen und die westliche Presse bezeichnet ihn als Ergebnis der Misswirtschaft der Regierung. Venezuela hingegen spricht von einem Cyberangriff der USA. Was soll man glauben?

Als es gestern die ersten Meldungen über den Stromausfall gab, habe ich spontan auch an einen Cyberangriff der USA gedacht. Aber ich habe nichts dazu geschrieben, denn ich wollte erst einmal abwarten. Wer schon mal einige Zeit in einem Land der sogenannten Dritten Welt verbracht hat, der weiß, dass Stronausfälle dort oft zum Alltag gehören. Daher war zunächst einmal alles möglich: Angefangen von einem „routinemäßigen“ Stromausfall, den die westlliche Presse aufgebauscht hat, über tatsächliche Misswirtschaft bis hin zu einem Cyberangriff der USA.

Und da ich mich mit Spekulationen normalerweise zurückhalte, wollte ich erst einmal die Entwicklung abwarten, bevor ich eventuell dazu schreibe. Nun aber lege ich mich fest und ich will erklären, warum ich das tue. Trotzdem ist das natürlich spekulativ, aber die Lage ist nun so, dass zu viele Indizien in eine Richtung zeigen.

Ich glaube prinzipiell nicht an Zufälle in der internationalen Politik. Die Politik hat zu viele Hebel, Situationen zu schaffen, die ihren politischen Kurs „bestätigen“. Gerade erst vor wenigen Tagen haben russische Pranker aufgezeigt, wie leicht die US-Regierung sogar eigene Artikel bei Bloomberg platzieren kann, wenn sie diese braucht, um eine Rechtfertigung für ihre Handlungen zu finden.

Und dieser Stromausfall passt den USA ebenfalls gut ins Kalkül und wird sofort medial in ihrem Sinne ausgeschlachtet. Er dürfte die Unruhe im Land erhöhen und das ist im Interesse der USA: Den Druck so lange zu erhöhen, bis endlich die Maduro-Regierung durch den US-Kandidaten Guaido ersetzt wird. Da passt ein solcher Stromausfall ins Bild. Stellen Sie sich vor, was es bedeutet, bei tropischer Hitze keinen Kühlschrank zu haben, nicht kochen zu können und so weiter. Krankenhäuser wurden lahmgelegt, die Kühlung in Leichenhallen ist ausgefallen, die U-Bahn fährt nicht, Ampeln fallen aus, Tankstellen funktionieren nicht und so weiter. Das ist nicht schön und es sorgt für Unruhe und Unzufriedenheit. Und zwar zufällig ausgerechnet in dem Moment, wo es den US-Interessen dient. Das macht misstrauisch.

Und die passende Medienkampagne hat sofort eingesetzt. Der Spiegel beschrieb die Situation in blumigen Worten einen Artikel. Und natürlich hat der Spiegel seinem Leser die notwendige Interpretation geliefert:

Experten werfen der Regierung von Präsident Nicolás Maduro vor, in der Vergangenheit nicht genug in die Infrastruktur investiert zu haben. Die Regierung machte einen Cyberangriff auf ein wichtiges Wasserkraftwerk dafür verantwortlich und kündigte an, der Uno „Beweise“ für eine Verstrickung der USA vorzulegen.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/venezuela-stromausfall-nach-mehr-als-24-stunden-nicht-behoben-a-1257024.html

Der Spiegel lässt „Experten“ die Meinung der USA bestätigen, während er von der Regierung angekündigte Beweise in Anführungsstriche setzt und damit beim Leser unterbewusste Zweifel an der Erklärung der Regierung sät.

Aber man muss sich auch fragen, ob es konkrete Hinweise auf einen Cyberangriff der USA gibt. Und genau die gibt es tatsächlich.

Als Edward Snowden 2013 seine Enthüllungen veröffentlichte, da lag der Fokus der Berichterstattung auf der Massenüberwachung der weltweiten Kommunikation durch die NSA. Was dabei unterging, waren all die anderen Enthüllungen von Snowden. Und eine betraf die konkreten Vorbereitungen der USA, in anderen Ländern die Infrastruktur durch Cyberangriffe lahmzulegen. Also die Stromversorgung, die Krankenhäuser, den Verkehr und so weiter. Laut Snowden haben die USA notwendige Trojaner bei ihren „Verbündeten“ längst platziert. Schon 2013 war die NSA laut Snowden in der Lage gewesen sein, 70.000 Systeme zu manipulieren.

Sollte also zum Beispiel morgen eine deutsche Regierung auf die Idee kommen, sich wirklich gegen die USA zu stellen und den Truppenabzug der USA zu fordern und sogar aus der Nato auszutreten, dann würde in Deutschland ein Chaos ausbrechen. Die USA könnten und würden Deutschland buchstäblich abschalten und dadurch eine so große Unruhe schüren, dass die Bevölkerung eine solche Regierung aus dem Amt fegen würde.

Und das sind nicht meine verrückten Fantasien, das hat Snowden gesagt und veröffentlicht. Die USA, namentlich die NSA, haben sich darauf vorbereitet, was in einem solchen Fall zu tun sein würde. Dabei geht es weniger um „unwichtige“ Länder wie Ungarn, sondern um die großen Schlüsselländer wie zum Beispiel Deutschland und Japan, da haben die USA nichts dem Zufall überlassen. Wer also von einer deutschen Regierung zum Beispiel einen Nato-Austritt fordert, der muss wissen, worauf er sich einlässt. Der Weg wäre sehr steinig.

Wenn es den USA also laut Snowden gelungen ist, in so fortschrittlichen Ländern wie Deutschland oder Japan so etwas vorzubereiten, dann sollte es in einem rückständigen Land wie Venezuela erst recht kein Problem sein.

Und so wundert es nicht, wenn führende US-Politiker auf Twitter einen Tweet nach dem anderen schreiben, in dem sie die venezolanische Regierung beschuldigen, selbst Schuld zu sein oder ihre Erklärungen ins Lächerliche zu ziehen, wie der venezolanische in einem Tweet sehr schön zusammenfasste.

Noch einmal zurück zu den russischen Prankern, denen es gelang, mit dem US-Beauftragten für Venezuela, Elliott Abrams, zu telefonieren und sich dabei als Präsident der Schweiz auszugeben. Es war ja nicht nur ein kurzes Telefonat, es waren zwei längere Gespräche und eine ausführliche Email-Korrespondenz. Eine wichtige Erkenntnis dabei war, dass die USA keinen Einmarsch in Venezuela planen, sondern diese Drohung nur aufrecht erhalten, um die Nervosität beim venezolanischen Militär zu erhöhen. Das sagte Abrams ganz offen:

Wir wollen nicht Sie und den Kongress nervös machen. Wir versuchen, die venezolanischen Streitkräfte nervös zu machen.


https://www.anti-spiegel.ru/2019/telefonstreich-russische-pranker-telefonieren-mit-us-beauftragtem-fuer-venezuela-der-offen-ueber-us-plaene-spricht/

Und er sagte auch, dass die Linie der USA folgende sei:

Wir beschäftigen uns mit dem, was Sie sehen. Finanzieller Druck, wirtschaftlicher Druck, diplomatischer Druck


https://www.anti-spiegel.ru/2019/telefonstreich-russische-pranker-telefonieren-mit-us-beauftragtem-fuer-venezuela-der-offen-ueber-us-plaene-spricht/

Die kompletten Telefonate der russischen Pranker habe ich im Video unter diesem Artikel verlinkt. Sie sprachen Englisch, sodass jeder mit Englischkenntnissen sich diese interessanten Gespräche selbst anhören kann.

Der Stromausfall ist sicher als „wirtschaftlicher Druck“ einzuordnen. Und die USA haben über die NSA unbstritten die Möglichkeiten, so etwas zu tun. Und sie sind ja in der Vergangenheit vor der Anwendung viel schlimmerer Dinge nicht zurückgeschreckt, Kriege eingeschlossen.

Wenn man sich dies alles anschaut, dann ist es mehr als wahrscheinlich, dass die USA Venezuela „ausgeknipst“ haben: Sie profitieren davon, sie haben die technischen Möglichkeiten, es entspricht ihrer angekündigten politischen Linie und sie schlachten es medial aus.

Da ist für mich die andere Erklärung, nämlich dass etwas, was den USA so derartig in die Hände spielt, zum passenden Zeitpunkt rein zufällig geschehen ist, nicht überzeugend. Aber dazu kann jeder seine Meinung haben, Beweise gibt es bisher für keine der beiden möglichen Erklärungen.

Aber man muss schon sehr an Zufälle glauben, um zu behaupten, der Stromausfall jetzt wäre nur ein glücklicher Zufall für die USA.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

  1. In dem Spielfilm „Snowden“ gibt es eine Szene, in der ein junger Mitarbeiter der CIA den NSA-Stützpunkt auf Hawaii besucht, in dem Snowden arbeitet. Es ergibt sich die (vermutlich seltene) Gelegenheit für ein unüberbewachtes Gespräch unter jungen Geheimdienst-Kollegen, und soweit ich mich erinnere, erzählt der CIA-Kollege von den Malware-Trojanern, die die CIA in den Energieversorgung-Schaltzentren vieler Länder platziert hat, und gibt damit an, dass man die Stromversorgung dieser Länder mit einem Knopfdruck weitgehend lahmlegen könne. Unter den Ländern, die er nennt, ist auch Deutschland. Die Arbeitsteilung zwischen NSA und CIA ist wohl so – das ist die einzige Kleinigkeit, die ich an diesem Beitrag auszusetzen habe -, dass die NSA Daten aus aller Welt sammelt und analysiert, die „operativen“ Einsätze im Ausland jedoch von der CIA gemacht werden, die dabei natürlich auf die Mitarbeit von IT-Cracks der NSA zurückgreifen kann, wenn ihre eigenen Leute etwas nicht hinkriegen.

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