Ukraine-Update: politische Grabenkämpfe und neue strafrechtliche Ermittlungen

Das politische Chaos in der Ukraine geht weiter. Die Staatsanwaltschaft eröffnete neue Ermittlungen gegen Noch-Präsident Poroschenko, während auch über drei Wochen nach der Wahl noch immer kein Datum für die Amtseinführung des neuen Präsidenten Selensky feststeht.

Das Tauziehen um die Amtseinführung von Selenksy nimmt kein Ende. Am 14. Mai könnte das Parlament dazu eine Entscheidung treffen, sicher ist das aber keineswegs. Der Grund ist, dass Selenksy im Parlament keine eigene Machtbasis hat und deshalb das Parlament auflösen könnte, um vorgezogene Neuwahlen herbeizuführen. Seine Gegner wollen das verhindern und noch schnell die Verfassung so ändern, dass der neue Präsident schon vor seiner Amtseinführung entmachtet wird. Die Details dieser Grabenkämpfe habe ich hier zusammengestellt.

Für Noch-Präsident Poroschenko wird die Luft unterdessen dünner. Nachdem bereits Ermittlungen wegen der Todesschüsse des Maidan gegen ihn und andere führende Köpfe der Maidan-Regierung aufgenommen wurden und er sich nach langer Verweigerung endlich von der Staatsanwaltschaft hat befragen lassen, wird heute bekannt, dass auch in einem anderen Fall der Staatsanwalt gegen ihn ermittelt. Es geht um die Verstaatlichung der „Privatbank“, einst die größte Bank des Landes, die Poroschenkos Widersacher, dem Oligarchen Kolomoisky gehört hat. Kolomoisky steht hinter dem Wahlsieger Selenksy und hat ihm über seine Medien die Plattform für den Wahlsieg gegeben.

Heute wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft gegen Poroschenko ermittelt, weil er Druck auf die Richter ausgeübt haben soll, die über die Verstaatlichung der Bank entschieden haben.

Ein weiterer Streitpunkt in der Ukraine ist das neue Sprachengesetz. Es wurde im Eiltempo durch das Parlament geprügelt und ist eine Herzensangelegenheit der Nationalisten um Poroschenko und Parlamentspräsident Parubi. Gegen Parubi gibt es bereits Rücktrittsforderungen, aber er will eine Abstimmung darüber erst zulassen, wenn das Sprachengesetz unterschrieben ist. Auch Poroschenko hat mitgeteilt, das neue Gesetz noch als Präsident unterschreiben zu wollen.

Das Gesetz ist weder mit der ukrainischen Verfassung, noch mit den Werten der EU in Einklang zu bringen, da es die Minderheiten im Land stark diskriminiert. Es soll alle Menschen im Land zwingen, in allen Lebensbereichen nur noch Ukrainisch sprechen zu dürfen. Auch die Minderheiten der Russen im Osten oder der Rumänen, Polen und Ungarn im Westen des Landes, selbst wenn viele von denen gar kein Ukrainisch sprechen. Überwacht werden soll das Gesetz von „Sprach-Inspektoren“, die zu jeder Besprechung in Behörden dazu kommen dürfen, um zu kontrollieren, dass nur Ukrainisch gesprochen wird. Auch können sie Dokument selbst von politischen Parteien anfordern und legen auch die Höhe der Strafen fest.

Das würde so ablaufen, dass zum Beispiel in einem Ort im Westen der Ukraine mit einer Bevölkerung aus ethnischen Ungarn die Beamten mit Ungarisch als Muttersprache miteinander Ukrainisch sprechen müssen. Bei Zuwiderhandlung würden empfindliche Strafen drohen.

Die Opposition versucht die Unterschrift unter das Gesetz zu verzögern, in der Hoffnung, dass es unter Selensky wieder begraben wird.

Ein anderer „Aufreger“ ist die Tatsache, dass Russland den Menschen aus dem Bürgerkriegsgebiet die russische Staatsangehörigkeit in einem vereinfachten Verfahren geben möchte. Dazu können Sie hier alle Details nachlesen.

Was in Kiew und dem Westen Proteste auslöst, hat zumindest im Westen niemanden gestört, als Polen, Rumänien und Ungarn ihren Minderheiten in der Ukraine ebenfalls die Staatsangehörigkeit angeboten haben. Das geschieht seit Jahren, löst in Kiew zwar Protest aus, aber Kiew kann es sich mit der EU nicht verderben und vermeidet daher Streit mit seinen westlichen Nachbarn in der Frage der Staatsangehörigkeit. Bei Russland hingegen wird heftig protestiert, wofür Putin bei einer Pressekonferenz deutliche Wort fand.

Litauen, bekannt für seine explizit anti-russische Haltung, ist heute sogar mit der Forderung vorgeprescht, wegen der Ausgabe russischer Pässe an Ukrainer neue Sanktionen gegen Russland zu verhängen. Das soll neben dem Iran auch ein Thema bei dem Treffen der EU-Außenminister heute sein, jedoch haben sich Tschechien und Rumänien gegen neue Sanktionen ausgesprochen.

Nachtrag: Am 14. Mai scheiterten die Versuche im Parlament, das Sprachengesetz noch zu stoppen, es dürfte nun in Kürze von Poroschenko unterschrieben werden. Eine Entscheidung über das Datum der Amtseinführung von Selensky dürfte frühestens am 15. Mai fallen, das Thema wurde vertagt.


Wenn Sie sich für die Ukraine nach dem Maidan und für die Ereignisse des Jahre 2014 interessieren, als der Maidan stattfand, als die Krim zu Russland wechselte und als der Bürgerkrieg losgetreten wurde, sollten Sie sich die Beschreibung zu meinem Buch einmal ansehen, in dem ich diese Ereignisse detailliert auf ca. 800 Seiten genau beschreibe. In diesen Ereignissen liegt der Grund, warum wir heute wieder von einem neuen Kalten Krieg sprechen. Obwohl es um das Jahr 2014 geht, sind diese Ereignisse als Grund für die heutige politische Situation also hochaktuell, denn wer die heutige Situation verstehen will, muss ihre Ursachen kennen.

https://anti-spiegel.com/2019/ukraine-wie-und-warum-es-zum-neuen-kalten-krieg-kam/

In meinem neuen Buch „Das Ukraine Kartell – Das Doppelspiel um einen Krieg und die Millionen-Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Biden“ enthülle ich sachlich und neutral, basierend auf Hunderten von Quellen, bisher verschwiegene Fakten und Beweise über die millionenschweren Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Joe Biden in der Ukraine. Angesichts der aktuellen Ereignisse stellt sich die Frage: Ist eine kleine Gruppe gieriger Geschäftemacher möglicherweise bereit, uns für ihren persönlichen Profit an den Rand eines Dritten Weltkriegs zu bringen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich direkt hier über den Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

Werbung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.