EU-Kommission nach BVG-Urteil über EZB-Programm: EU-Recht steht über dem deutschen Grundgesetz

Heute hat das Bundesverfassungsgericht die Ankäufe von Staatsanleihen der Euro-Länder für teilweise verfassungswidrig erklärt. Das verärgert die EU-Kommission und könnte theoretisch die Hilfsprogramme der EU im Zuge der Coronakrise verhindern.

Die Klage hatten Euro-Kritiker vor einigen Jahren eingereicht, denn die EZB hat nach der Griechenlandkrise angefangen, im großen Stil Staatsanleihen der Euroländer zu kaufen. Da laut Maastricht-Vertrag der EZB die Finanzierung der Euro-Staaten verboten ist, sahen die Kläger eine Verletzung dieser Vorschrift.

Das BVG hat nur einem Teil der Klage stattgegeben, eine unzulässige Staatsfinanzierung durch die EZB sah auch das Bundesverfassungsgericht nicht.

2018 hat bereits der EuGH dazu eine Entscheidung gefällt und er hat der EZZB quasi einen Persilschein für alles erteilt. Umso überraschender, dass nun das Bundesverfassungsgericht (BVG) dazu ein anders lautendes Urteil gefällt hat und den EuGH deutlich kritisiert hat. So kann man in dem Urteil zum Beispiel lesen:

„Dass der Gerichtshof den Wirkungen eines Ankaufprogramms von Anleihen dagegen sowohl bei der Bestimmung der Zielsetzung des ESZB als auch im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit jede rechtliche Bedeutung abspricht, ist methodisch nicht mehr vertretbar.“

Die vernichtende Kritik des Bundesverfassungsgerichtes an dem EuGH-Urteil fasst das Handelsblatt so zusammen:

„Außerdem erklärte das Bundesverfassungsgericht ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom Dezember 2018 zum Kaufprogramm der EZB für nicht bindend. Der EuGH hatte das EZB-Programm in allen Punkten gebilligt. Diese Vorabentscheidung aus Luxemburg sei „schlechterdings nicht mehr nachvollziehbar“, hieß es nun in der Entscheidung der deutschen Verfassungsrichter.“

Aber was bedeutet das BVG-Urteil nun?

Zunächst muss man festhalten, dass sich das Urteil nur auf eines der EZB-Programme bezieht, auf das sogenannte PSPP. Das ist allerdings das größte der Programme. Insgesamt hat die EZB aktuell Staatsanleihen der Euro-Staaten im Wert von 2.611 Milliarden Euro in ihren Büchern. 2016 waren das noch ca. 1,300 Milliarden und auf PSPP entfielen 1.000 Milliarden. PSPP umfasst derzeit also wahrscheinlich etwa 2.000 Milliarden Euro.

Dass sich das Urteil nur auf eines, wenn auch das größte der Programme, bezieht, gilt es ausdrücklich nicht für die geplanten EU-Programme für die Coronahilfen. In Deutschland waren die ersten Reaktionen der Politik daher auch recht entspannt.

Aber das Urteil sorgt im Ausland trotzdem für Unsicherheit, denn das Verfassungsgericht könnte später auch über die geplanten Corona-Hilfsprogramme ein ähnliches Urteil fällen. Im Handelsblatt konnte man dazu lesen:

„So schreiben die Analysten der Investmentbank der französischen Volksbanken und Sparkassen, Natixis: „Das deutsche Verfassungsgericht entschied heute Morgen gegen das EZB-Staatsanleihen-Kaufprogramm.“ Allerdings habe das Gericht eine Tür offen gelassen, um die Situation aufzulösen. „In jedem Fall ist das Urteil nur für die Bundesbank bindend. Andere nationale Zentralbanken dürfen weiter Staatsanleihen aufkaufen, und werden das auch tun.““

Die EU-Kommission war direkt nach dem Urteil wohl in Panik. Und zwar wohl ohne das Urteil gelesen zu haben, denn Reuters meldete, dass ein Vertreter der EU-Kommission sofort mitgeteilt hat, das EU-Recht über nationalem Recht stehe. Das ist eine sehr fragwürdige Aussage, immerhin reden wir vom Bundesverfassungsgericht und damit von der deutschen Verfassung. Wenn Entscheidungen von irgendwelchen Beamten aus Brüssel über der deutschen Verfassung stehen, dann muss man sich fragen, wozu die Verfassung überhaupt gebraucht wird.

In der Praxis wird das Urteil aber aus einem praktischen Grund keine Auswirkungen haben. Wer nach einigen der heutigen Überschriften in den Medien die Hoffnung hat, Deutschland würde aus den umstrittenen EZB-Programmen zum Kauf von Staatsanleihen aussteigen, der dürfte sich zu früh freuen. Das Urteil hat nämlich nur festgelegt, dass die EZB dem Bundestag und der Bundesregierung die Möglichkeit geben muss, die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu prüfen. Die EZB muss der Bundesregierung laut Urteil die Möglichkeit dazu geben und die Regierung muss die Verhältnismäßigkeit innerhalb von drei Monaten prüfen.

Da sowohl die EZB, als auch die Bundesregierung an dem Programm festhalten wollen, ist zu erwarten, dass die EZB der Bundesregierung irgendwelche Zahlen schickt, die dann irgendein Beamter „überprüft“ und dabei zu dem Schluss kommt, die Verhältnismäßigkeit sei gewahrt. Damit wären die Vorgaben des BVG-Urteils erfüllt. Die Frage zu erörtern, was passieren würde, wenn die Bundesregierung zu dem Schluss käme, das Programm sei unverhältnismäßig, ist daher müssig. Das wird nicht geschehen.

Man kann das EZB-Programm gut oder schlecht finden und es mag – so ausführlich, wie das Urteil des BVG ist – viele juristische Spitzfindigkeiten dabei geben, aber eines ist unbestreitbar: Indem die EZB – und damit auch die Bundesbank – Staatsanleihen kauft, ohne vom Bundestag dazu ermächtigt zu sein und ohne dafür eine Obergrenze bekommen zu haben, erhöht die EZB die Risiken für den deutschen Staatshaushalt, denn sollte eines der Euro-Länder pleite gehen, wäre das Geld weg. Deutschland könnte also über Nacht hunderte Milliarden Euro mehr Staatsschulden haben.

Da in einer Demokratie die Entscheidungsgewalt über den Staatshaushalt das höchste Gut ist (ohne Geld kann bekanntlich kein Projekt umgesetzt werden), wird damit ein demokratisches Kernprinzip ausgehebelt, denn der Bundestag kann bei den Programmen nicht mit entscheiden, obwohl es um zukünftige Risiken für den Staatshaushalt geht.

Der EuGH hat mit seinem Urteil von 2018 der Demokratie den Mittelfinger gezeigt. Das Bundesverfassungsgericht hat heute ein formal korrektes Urteil gesprochen, das aber in der Praxis die Demokratie trotzdem aushöhlt, weil das BVG eine Brücke gebaut hat, mit der die EZB ihre undemokratische Praxis weiterführen kann. Demokratisch wäre es, wenn alle Parlamente der Euro-Länder der EZB das Programm erstens genehmigt und zweitens auch Regeln und Obergrenzen festgelegt hätten. So aber hat sich die EZB der demokratischen Kontrolle entzogen und das Bundesverfassungsgericht hat daran im Kern nichts geändert.

Das dürfte die EU-Kommission freuen, denn demokratische Kontrolle ist den EU-Kommissaren seit jeher zuwider. Oder wie sonst soll man es verstehen, dass sie sich jeder demokratischen Kontrolle konsequent entziehen?

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

10 Antworten

  1. So ein Zufall, daß das genau jetzt geschieht, wo doch gerade Coronabonds mit gemeinsamer Haftung anstehen.

    Ich hatte ja hier schon versucht zu erklären, warum Coronabonds wirklich toxisch sind, es geht um eine gemeinsame Haftung, bei der am Ende nur noch der letzte „Bürge“ haftet, und zwar für 100% der Bonds. Das ganze Gelaber von Solidarität ist total verlogen, wenn die Coronabonds zurückgezahlt werden sollen, wird nur einer zahlen, das dümmste Land im Euroraum, D-Land. Der Plan sieht ungefähr so aus, daß die Euro-Länder gemeinsame Schulden in einer Größenordnung von 1-3 Billionen Euro machen wollen, dann in ein paar Jahren behaupten werden, daß sie zahlungsunfähig sind, so daß am Ende der letzte in der Haftungskette zahlen muß, und zwar für 100% der Schulden, und dann eben nicht in weiteren Bonds, sondern in Cash, Edelmetallen, Firmen, Immobilien, Zwangsanleihen usw.

    Es geht also bei den Coronabonds um totale Enteignung eines Volkes, bis runter zu der Oma ihr klein Häuschen, und ich finde es absolut frustrierend, daß das kaum jemand kapieren will. Die Medien haben die Leute komplett eingeseift, nach dem Motto, seid doch nicht so hartherzig, schluckt die Coronabonds, ooh, warum wollt ihr denn die Coronabonds nicht, mit Coronabonds wird alles besser, oooh, nehmt doch Coronabonds, es geht nur mit Coronabonds.

    Es wäre wesentlich weniger schädlich für D, wenn die EZB weiter Staatsanleihen aufkaufen würde, oder einfach Geld drucken und verschenken würde. Und just zu diesem Zeitpunkt kommt so ein Urteil, nachdem von deutschen Gerichten jahrelang jeder EU-, Finanz- und Migrationsblödsinn abgenickt wurde. Sicher nur ein Zufall.

  2. „Wenn Entscheidungen von irgendwelchen Beamten aus Brüssel über der deutschen Verfassung stehen, dann muss man sich fragen, wozu die Verfassung überhaupt gebraucht wird. “

    #

    Und es wird klar, warum der „Vertrag von Lissabon“ ursprünglich die offizielle „EU-Verfassung“ werden sollte, was dank der Referenden in Frankreich und den Niederlanden scheiterte. Der Bundestag hatte der neuen Verfassung zugestimmt, die somit über dem Grundgesetz gestanden hätte. OHNE Volksbefragung! Auch ein Bruch des GG….

  3. Entweder die reine Lehre oder der Untergang! – das ist so deutsch. Und irgendwie kam dummerweise immer das zweite raus. Bei Brüning, jetzt ist die Rechnung für Schröder fällig. Brüning und Schröder haben die reine Lehre verteidigt: die neoliberale Theorie über das ewige Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage und daraus die „Schwarze Null“ (Schwäbische Hausfrau). Dass beides stimmt, hat DE in den letzten Jahren doch nachgewiesen !!!

    Mit der Methode: Beggar-my-neighbour:
    Die Nachbarn haben sich UNVERANTWORTLICH verschuldet, wir haben aber ganz VERANTWORTUNGSVOLL dadurch unsere Exportüberschüsse erwirtschaftet. Das darf aber nicht sein! Genug ist genug! Wir verklagen die verdammte EZB! Wir sägen den Ast ab, auf dem wir sitzen!

    Wie war es noch einmal? Entweder die reine Lehre oder der Untergang! – das ist so deutsch.
    = = = = = = = = = = = = = = = =
    Der Exportweltmeister und der brave Michel in der eigenen Falle
    http://marktwirtschaft-neu-denken.de/Aufbau/ps/19×1/ps19x1.php?tbch=ps&ordner=19×1&auslese=psH119&schp=2019

    1. Werter Herr, es ist den Deutschen (fairerweise jedoch nicht nur ihnen) unmöglich zu vermitteln

      – daß die „Geldmenge“ grundsätzlich nichts mit „Inflation“ zu tun hat (sonst hätten wir sie ja
      schon – wir haben aber ganz klar gegenteilige Tendenzen),
      – daß man die Theorie, die Vorstehendes postuliert, „Monetarismus“ nennt,
      – daß an „Monetarismus“ kein Notenbankchef der Welt mehr glaubt,
      – daß diese Theorie jedoch Grundlage der Verträge von Maastricht ist,
      – daß die EZB nur zwei Möglichkeiten hatte, bzw.hat, nämlich:
      . – sich an die Verträge zu halten und damit Europa weiter an die Wand zu fahren,
      oder
      – zu retten was zu retten ist, aber dafür gegen die Verträge zu verstoßen,
      – daß die EZB sich vernünftigerweise für die zweite Alternative entschieden hat,
      – daß die EZB durch die Bundesrepublik in diese Zwangslage gebracht wurde,
      – daß die Bundesrepublik mittels Lohndumping Preisdumping betreibt, und damit gegen das
      Fundament der Verträge verstößt, nämlich das (einheitliche) Inflationsziel,
      – daß es dabei nicht um Löhne an sich, sondern um Löhne im Verhältnis zur Produktivität geht,
      – daß die Bundesrepublik sich weltweit Vorteile gerade durch diese Währungsunion
      „erschlichen“ hat, weil durch selbige das vorher möglich Auf- und Abwertungsregime als
      entscheidender Korrekturmechanismus praktisch außer Kraft gesetzt ist – und das nicht nur
      innerhalb der EWU, sondern auch in Bezug zur Weltwirtschaft, denn in Verhältnis zur BRD
      müßte der Euro „aufwerten“, das tut er aber nicht, weil er im Verhältnis zu anderen Ländern
      der EWU „abwerten“ müßte,
      – daß daher u.a. Trump ausnahmsweise einmal zu recht auf die BRD sauer ist,
      – usw., usw.

      Genaueres wird hier erläutert:
      Heiner Flassbeck – Warum die nie gelöste Eurokrise jetzt zurück kommt (06/2018)
      https://www.youtube.com/watch?v=BA85mao8p6o&list=RDBA85mao8p6o&start_radio=1

      Und wir empfehlen dingend (auch dem Autor), sich diese Stunde Zeit zu nehmen.

      Dazu noch einige Anmerkungen:
      Der Satz „keine Ersparnisse ohne Schulden“ erscheint ganz zentral aber schwer nachvollziehbar. Das muß man irgendwie verdauen.
      Dagegen ist der Satz, daß alles, was wir produzieren, letztendlich von uns wieder gekauft werden muß, doch recht einleuchtend.

      In dieser EWU haben selbstverständlich auch anderer Staaten allerdings in die „andere Richtung“ gegen die Verträge verstoßen.
      Jedoch (und die Griechen, u.a. mögen mir das Folgende verzeihen, das ist „Didaktik für Großdeutsche“) wenn das wirtschaftliche „Schwerstgewicht“ schlechthin, das allenfalls noch Frankreich „ernst nehmen muß“, sich gemeinschaftswidrig verhält, so sind die Auswirkungen ungleich gravierender, als wenn solches irgend ein „Pimpelhuberstaat“ tut – zumal gerade an diesem „Über-die-Stränge-schlagen“ die deutsche Wirtschaft ordentlich verdient hat.

      Zur Rechtslage nur Folgendes.
      1.
      Europarecht geht vor nationalstaatlichem Recht. Das ist so. Und es wird da immer wieder mal Kollisionen geben, das liegt in der Natur der Sache, besser, dieses eigenartigen Konstruktes. (Daß ähnliche Probleme gerade bei solchen Veranstaltungen wie TTIP noch viel virulenter sind, hatte ich vor längerer Zeit bereits erwähnt – siehe folgende Ziff. 2)
      2.
      Das diesbezügliche Argument der Europäischen Kommission griffe nicht (aus oben dargestellten Gründen, weil sich die EZB eben prinzipiell nicht an europäisches Recht gehalten hat) wenn – ja wenn da nicht die Rechtsprechung des EuGH wäre, der da gewissermaßen „neues (Europa-)Recht“ schafft, bzw. geschaffen hat – und das wahrscheinlich gerade unter dem Druck wirtschaftlicher Realitäten (s.o.).

      Und damit bewegen wir uns in einem Problemkreis, der für die „Stabilität von Recht“ einerseits und dessen „Entwicklung“ andererseits dermaßen fundamental ist, daß man darüber ganze Bücher voll schreiben könnte, und der für die nationalstaatlichen Rechtsordnungen gerade seit Maastricht von eminenter Bedeutung ist.

      Daß es da in den 90igern einen „Paradigmenwechsel“ in Bezug auf diese sog. „Europäische Integration“ gegeben hat, erwähnte ich ebenfalls vor längerer Zeit – das glaubt wahrscheinlich keiner so richtig.

      Aber für „Verfassungsexperten“ : man hielt es damals (i.d. 90igern) offenbar für erforderlich, erst eine verfassungsrechtliche Grundlage zu schaffen – in Form von Art 23 GG – damit die Bundesrepublik die Verträge von Maastricht überhaupt unterschreiben konnte oder durfte.
      Die verfassungsrechtliche Legitimation alle vorangegangenen Rechtsakte zu „Europa“ beruhte bis dahin auf Art. 24 GG.
      ( Daß „lustigerweise“ die Rechtsmaterie des Art 23 GG neu, der kurzzeitig ein „Leerstelle“ war, derjenigen des Art. 23 GG i.d.F. bis 1990 sehr ähnlich erscheint, ist da ein doch nicht ganz uninteressantes Detail.)

      1. Herr Humml, wir haben die Inflation schon länger. Nicht imSupermarkt, aber an den Börsen.
        Schauen Si ez.B. auf den Day und die Entwicklugn der lezten 10 Jahre. Sind die Firmen tatsächlich so viel in ihrer Substanz gewachsen? Nein, im Gegenteil. Aber die Kurse sind gestiegen. Warum? Weil es zu viel Geld gab, das nicht investiert wurde, sondern dort landete, wo kurzfristig die Höchste Steigerung zu erwarten war.
        Das ist die Inflation. Gleichzeitig wird die Produktion von Massenware hochgefahren, wodurch für „Normalbürger“ keine Inflation spürbar ist. Wohl aber für den, der heute ein Vielfaches für die „Ware“ Wertpapier zahlen muß. (Bei Immobilien, Grundstücken ist es ähnlich, wenn auch noch nicht so krass. Liegt daran, dass dort längst nicht zu große Zuwächse zu erwarten sind. )

        1. Sehen Sie, guter Mann, ich bin ja nun alles andere als ein Experte und im wesentlichen darauf beschränkt, was mein „unregelmäßiges Strickleiternervensystem“ so zu leisten vermag.

          Unter Inflation (in einem Währungsraum) verstehe ich eine allgemeine Geldentwertung , die alles im Durchschnitt „teurer“ macht, auch gegenüber dem Ausland, wo ich dann weniger kaufen kann.
          Daß solche Tendenzen auch außer Kontrolle geraten können, weil gerade solche Systeme, wie das, in dem wir leben, tendenziell immer instabil sind – andernfalls gäbe es ja so etwas wie „Entwicklung“ nicht, hätte ich vielleicht noch erwähnen sollen. (Das ist auch eine Gefahr dieses sog. Helicoptergeldes.)
          Daß unsere Wirtschaft oder ein „Markt“, was immer man darunter verstehen mag, ein „sich selbst regulierendes und selbst stabilisierendes“ System sein könne, ist mit Abstand die dümmste Annahmen – so etwas gibt es in diesem ganzen Universum nicht. (Das sieht oft nur so aus. weil sich die Zeiträume, in denen sich Veränderungen vollziehen, oft weit jenseits dessen bewegen, was für uns relevant ist.)

          Wertpapiere sind also teurer geworden. Na schön. Nur die Dinger kann ich nicht essen, die kann ich nicht anziehen, und mit denen kann ich nicht einmal mehr heizen, weil wir ja keine Öfen mehr haben, und selbst diejenigen, die über den Luxus eines Kamins verfügen, dürften das nicht – wegen irgend welcher Schwermetalle in der Tinte, mit der da geschrieben steht, daß ich Inhaber eines Tausendstels eines Prozentes am Vermögen eines Unternehmens bin, von dem ich nicht einmal genau weiß, was es da überhaupt treibt oder wozu es gut ist.

          Die Grundstückspreise sind gestiegen. Gut, nur überall? Gilt das, was in Bayern abgeht, auch in Mecklenburg Vorpommern?
          Zudem hat die „Ware“ Grundstück noch ein kleine, nicht ganz unerhebliche, Besonderheit. Sie ist definitiv nicht „vermehrbar“ (es sei denn, die Liberalen erfinden einen Prozeß, der mit dieser Erde das macht, was in einigen Mrd. Jahren von unserer Sonne zu erwarten ist), und die von den Franzosen oder Deutschen angedachte Lösung dieses Problems war nur eine relative, und ist zudem jeweils gründlich in die Hose gegangen, was sie allerdings nicht davon abhält, es nunmehr im transatlantischen Bruderbunde zum dritten Male zu versuchen.

          Und so ganz nebenbei: Der Umstand, daß der Preis für ein Grundstück, auf dem man den xten schwachsinnigen Büroturm setzten darf, astronomische Beträge annimmt, während man das Land, von dem unser „Fressen“ kommt, vergleichsweise für einen „nen Appel und en Ei“ haben kann, ist an sich schon eine Absurdität, die Euch (oder Euren Kindern) noch ordentlich auf die Füße fallen wird. (Ich werde da wohl schon meinen letzten Beitrag zur „Klimaerwärmung“ geleistet haben, sei in einem Ofen oder als Futter für die Würmer.)

          Was sich da an den Börsen oder in dieser sog. Finanzwirtschaft z.T. so abspielt, wäre mit „grotesk“ geradezu wohlwollend umschrieben.
          Gerade letztere ist inzwischen dermaßen dysfunktional geworden, daß sich da ein milliardenschwerer Manager irgend einer „Vermögensmasse“ – ich glaube es war Anfang 2018 – zu dem Rat hinreißen ließ, man möge über Ostern doch Marx lesen.

          Das weiß im Grunde auch jeder, nur niemand traut sich da ran, weil niemand weiß, was danach geschieht.
          Das ist m.E. jedenfalls auch ein Grund, weshalb man Lehmann-Brothers verrecken lassen hat – man hat die Auswirkungen nicht vorhergesehen.
          Die Geschichte, wenn sie denn stimmt, wonach die Leute von Lehmann, als die Kacke richtig am Dampfen war, ihren großen Boss herbei zitierten, und der dann gefragt haben soll: „Was ist hier los? Erklären Sie es mir, wie einem Schulkind!“, offenbart genau dieses fundamentale „systemische“ Problem.

          Wir sprechen hier von einem hoch komplexen und zudem (besser deshalb) emergenten System, (das aus einer Vielzahl ebensolcher Systeme gebildet wurde, das sind nämlich wir), wenn man da infolge einer geradezu aberwitzigen Annahmen (s.o.) die Zügel in den Dreck wirft, muß man sich über vermehrt epileptische Anfälle nicht wundern – mehr noch, etwas derartiges, das außer Kontrolle geraten ist, wieder weitgehend katastrophenfrei unter Kontrolle zu bekommen, ist unglaublich schwierig bis unmöglich – man kann in einem solchen System unliebsame Prozesse eben nicht einfach zurückdrehen.

          Ich glaube, daß wir viele unsere Probleme nur angehen können, wenn wir diesen Moloch – der sich da Finanzmarkt oder Finanzwirtschaft nennt, der in das BIP so unschuldig als „Dienstleistung“ eingeht, und der inzwischen so ziemlich alles kontrolliert – nun nicht zerschlagen aber massiv umgestalten, und zwar derart, daß z.B. solchen, im Grunde hoch kriminellen Machenschaften, wie z.B. diesem „Carry Trade“ der Garaus gemacht wird.
          Ob man sich dazu jemals aufrafft, und ob das für die Masse weitgehend schmerzlos geschehen kann – keine Ahnung – denn eins ist sicher – so manches große Privatvermögen wird sich dabei in Luft auflösen.

          So und jetzt feiere ich den Jahrestag, der uns vielleicht nicht das allseligmachende, ewige Glück beschert, aber mir, in einem für mich ganz wesentlichen Punkte, zu so etwas, wie einem historischen Gewissen verholfen hat.

  4. Eine Verfassung haben die einzelnen Bundesländer.
    Die Bundesrepublik Deutschland hat ein Grundgesetzt!
    Und das Grundgesetzt ist keine Verfassung (Art 146 GG) und dies ist bis heute gültig! Warum, ergibt sich aus Art. 79 GG!
    Dass das Grundgesetzt Verfassung genannt wird, hat wohl eher den Grund, dass das Volk glauben soll, es hätte eine Verfassung! Pustekuchen.

    Für eine Verfassung der Bunderepublik hatte man 1990 die Möglichkeit dazu, jedoch hatte man dies wohl bewußt nicht in Betracht gezogen, denn um eine Verfassung haben zu können, hätte das Volk befragt werden müssen. Und es hätte im Anschluss wohl auch bei einer Verfassung, keine EU im heutigen Sinne gegeben.
    Denn hätte wir eine Verfassung 1990 erhalten, dann hätte es eine Volksabstimmung geben müssen, 2002 beider Euro-Währung, bei EU-Rechten und und und.
    Doch so musste dies nicht erfolgen. Alles mit dem GG vereinbar!

    Und damit der deutsche Michl still hält, befragt die EU großherzig ihr Volk, ob die Sommerzeit abgeschafft werden soll (die im übrigen Adolf eingeführt hatte!).
    Dies nenne ich Narretiv!

    1. Das Grundgesetz ist eine Verfassung.
      Wenn Sie einen Kaufvertrag abschließen, aber „Schenkungsvertrag“ oder „Mietvertrag“ darüber schreiben, interessiert da keine Sau, wenn sich aus dem Vertragsinhalt ergibt, daß es ein Kaufvertrag ist.
      Die „Überschrift“ würde im Streitfalle einem Gericht, je nach dem wie es drauf ist, allenfalls noch eine süffisante Bemerkung wert sein.

      1. Das Grundgesetz ist keine Verfassung und Deutschland kein freier Staat.
        Das Grundgesetz wurde uns von den Besatzern aufs Auge gedrückt. Genauer, wurde den westlichen Besatzungszonen von ihren Besatzern aufs Auge gedrückt.
        Wir hatten da kein Mitspracherecht, wie bei einer Verfassung
        Dass das Grundgesetz nichts wert ist, sieht man ja mittlerweile. Es wird sogar von der Ploizei verboten darauf hinzuweisen. Das ist eine politische Aussage, in deren Augen.

        Niemand hat mit Deutschland einen Friedensvertrag abgeschlossen, und die Besatzer sind, bis auf die UdSSR und Frankreich alle noch da. Somit ist unser Status der eines besetzten Landes, welche das zu tun hat, was die Besatzer sagen.

  5. Ich finde, hier wird an einem Urteil herumkritisiert und das von Leuten die rein gar nichts mit dem Gericht zu tun haben.
    Die Entscheidungen sind nur für Bürger der Bundesrepublik Deutschland oder in Verbindung mit nachfolgenden Gesetzen für Jeden bindend der sich in den Wirkungsbereich des GG begibt.
    Wenn das oberste Gericht, welches Hüter unseres GG ist, meint es bestehe Handlungsbedarf dann ist es dahingehend als Auftrag zum Handeln aufzufassen.
    Die Ausgestaltung/Umsetzung des Rechts wird als Auftrag an den Richtigen adressiert. In unserem Fall an das Parlament. Denn der Haushalt ist ureigenste Aufgabe des Parlaments.
    Streng genommen macht die Regierung nur Vorschläge wie die Haushaltsmittel verwendet werden könnten, das letzte Wort hat das Parlament. Das unserer Parlament zum Abnickverein verkommen ist steht auf einem anderem Blatt.

    Das Verfassungsgericht hat durch die Blume 2 Dinge gesagt.

    1. Wenn etwas nicht verstanden wird dann muss man nachfragen und nicht etwas einfach abnicken. Im speziellen Fall, Eingehen von realen Haftungsverpflichtungen die eine erhebliche Auswirkung auf den Bundeshaushalt haben. Wenn die Bundesregierung also irgend etwas im Rahmen der EU zu Papier bringt in dem Glauben, dass das Parlament schon zustimmen wird muss sie sich nicht wundern das geklagt wird und am Ende vllt etwas rauskommt was ihr nicht gefällt.

    2. Fordert das Urteil dazu auf Unwuchten in den Gesetzen zu beseitigen.
    Diese Unwuchten treten jetzt zu Tage weil es um gemeinsame Schuldenhaftung geht, die laut EU Vertrag ausgeschlossen wurde.

    Genaugenommen müssten sich die Vertragspartner zusammen setzen und das Recht weiter entwickeln. Denn nicht nur Deutschland ist gegen die Schuldenhaftung durch die Hintertür sondern auch z.B. Niederlande und Schweden.

    Die Deutsche Bundesbank, als Mitglied der EZB, unterliegt eben streng genommen als letzte Instanz dem GG. Sie darf also keine Verpflichtung eingehen die in das Haushaltsrecht des Parlaments eingreift.
    Die EZB als gemeinsame Institution kann Handeln das sagte der EuGH sofern rechtlich zulässig (Statut/Handungsauftrag) aber ohne Deutschland. Wenn sie das macht erhöht sich das Haftungsrisiko für die Anderen.

    Es nutzt rechtlich nichts mit „Nazikeule“ und „Solidaritätsfackel“ rum zu rennen.

    Abhilfe schafft nur „Harmonisierung von Recht“.
    -EU Vertrag ändern
    -nationale Kompetenzen an EU abgeben
    Wie das bei 27:0 Quote ausgeht wissen wir.

    Das gerade faszinierende ist ja das sich die EU durch was auch immer ein „Recht zum Eingriff“ in nationale Haushalte gesichert hat. Angeblich um Überschuldung zu bekämpfen und Haushaltsdisziplin zu fordern. Hat das deutsche Parlament einer solchen Eingriffsmöglichkeit zugestimmt und sich damit selbst entmachtet?
    Wenn ja, über welchen Weg geschah das und waren die Folgen klar ersichtlich? Stichwort Kommunikation.

    Und hier scheint es zu hapern denn sonst gäbe es diese Klage nicht. Denn die Kläger wurden vom deutschen Volk ins deutsche Parlament gewählt und haben damit die Verpflichtung übernommen im Sinne des Wählers und der gültigen Gesetze zu handeln. Der verlängerte Arm des deutschen Wahlvolkes ist das europäische Parlament. Die haben nur ein Problem, die haben dort eher eine gut bezahlte Statistenrolle.

    Den Aufschrei möchte ich hören wenn das deutsche Parlament beim nächsten Haushalt der Meinung ist das Geld real politisch orientiert in Brücken, Strassen, Bahn, IT, Schulen, Kindergärten u.s.w. zu stecken und nicht für Spekulationsverluste, Steuerhinterziehung und Betrug, Subventionen und Rechtsgeschenke an die Großen zu verwenden und EU Zahlungen der Höhe nach einfriert mit der Verpflichtung das Ausgabeverhalten den Einnahmen anzupassen.

    Ganz nebenbei halte ich Staatsanleihen für total überteuert und Zukunft raubend.
    Zweckgebundene Kredite sind zielführender und Mehrwert schaffend, regionale Wirtschaftsförderung und damit Einkommensquelle des Einzelnen und der Gemeinschaft.
    Außerdem halte ich direkte Kredite für disziplinierender weil man den Mehrwert erzielen möchte. Kennt man aus der privaten Kreditfinanzierung. Mein Haus, mein Auto, mein was auch immer. Dafür beißt man die Zähne zusammen.

    Staatsanleihen sind Kredite die kaum Mehrwerte für die Staaten bringen sondern notdürftig große Löcher stopfen und die Rückzahlung nur aus kleinen nun neue große Löcher erzeugen.

    Kann man mustergültig an Argentinien studieren.
    Es sind immer die gleiche Geldgeier die die Hand aufhalten und die volle Rückzahlung verlangen und dazu ganz großzügig neue Anleihen zu noch schlechteren Bedingungen anbieten. Möglich wird das durch die totale Risikoabwälzung auf den Staat/Allgemeinheit. Denn Staaten müssen irgendwie das Leben und die Gesundheit absichern sonst kommt es zu Auflösungserscheinungen. Kann das argentinische Volk irgend einen Mehrwert für sich verbuchen? Sie rutschen von einer Staatspleite in die Nächste ohne Hoffnung auf Besserung.

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