Fall Navalny: Desinformation im Spiegel über Putins Aussagen auf dem Valdai-Forum

Putin wurde auf dem Valdai-Forum auch nach dem Fall Navalny gefragt. In der Sache hat Putin dazu nichts Neues gesagt. Alles, was Putin auf die Frage geantwortet hat, hat das russische Außenministerium bereits mitgeteilt. Daher wollte ich über dieses Thema des Valdai-Forums nichts schreiben, aber dann hat der Spiegel dazu einen Propaganda-Erguss veröffentlicht, den ich so nicht unkommentiert stehen lassen kann.

Ich sage es immer wieder: Lügenpresse ist nicht schlimm, denn der Leser kann eine Lüge entdecken. Schimm ist Lückenpresse, denn was der Leser nicht weiß, kann ihm auch nicht auffallen. Und genau nach diesem Muster ist der Spiegel heute in seinem Artikel über die Frage an Putin über Navalny vorgegangen, die ihm auf dem Valdai-Forum gestellt wurde: Der Spiegel hat einfach alles weggelassen, was nicht ins gewünschte Bild passt.

Ungereimtheiten im Fall Navalny

Ich habe bereits sehr ausführlich erklärt, warum die deutsche Version der Vergiftung mit Nowitschok in meinen Augen nicht haltbar ist und welche nicht geklärten Ungereimtheiten es dabei gibt, Sie finden den Artikel hier. Das ist allerdings nur meine bescheidene Meinung und natürlich steht es jedem frei, bei der Lektüre meines Artikels auch zu anderen Schlussfolgerungen zu kommen und meine Fragen zu beantworten und die Ungereimtheiten aufzuklären. Bisher hat das aber niemand getan.

Der Spiegel hat nun in seinem Artikel mit der Überschrift „Russland – Putin äußert sich erstmals nach Giftanschlag auf Nawalny“ über Putins Antwort auf eine Frage auf dem Valdai-Forum berichtet. Ich habe die Frage und Putins Antwort nicht übersetzt, da sie nichts enthält, was beim Anti-Spiegel nicht schon zu lesen gewesen wäre. Das russische Außenministerium hat die russische Position mehrmals deutlich erläutert.

Im Kern ist die russische Position folgende: In Russland wurden weder an Navalnys Kleidung, noch in den von ihm genommenen Proben Hinweise auf eine Vergiftung festgestellt. In Russland läuft eine Voruntersuchung der Staatsanwaltschaft, die jedoch wegen des Fehlens von Hinweisen auf eine Vergiftung und damit auf eine Straftat, kein Strafverfahren eröffnen kann. Russland hat daher mittlerweile vier Rechtshilfegesuche an Deutschland gerichtet, russischen Ermittlern die Beweise zu zeigen, damit in Russland ein Strafverfahren eröffnet werden kann.

Deutschand fordert von Russland zwar die Eröffnung eines Strafverfahrens, verweigert aber gleichzeitig die Beantwortung der russischen Rechtshilfegesuche. Deutschland verhindert also genau das, was es von Russland fordert.

Man muss der russischen Version natürlich nicht glauben und kann unterstellen, Russland habe sehr wohl Hinweise auf Nowitschok gefunden (oder Navalny vergiftet). Nur warum sollte Russland dann erlauben, dass Navalny nach Berlin gebracht wird, wo die Nowitschok-Vergiftung festgestellt werden kann? Zumal gegen Navalny wegen einiger Gerichts- und Strafverfahren ein Ausreiseverbot gilt. Er konnte nur dank einer Ausnahmegenehmigung der russischen Regierung ausgeflogen werden. Aber warum sollte Russland die erteilen, wenn es etwas zu verbergen hätte, was in Berlin garantiert aufgedeckt wird? Dazu kommen wir gleich, wenn wir uns den Spiegel-Artikel anschauen.

Subtile Beeinflussung der Leser durch den Spiegel

Im Spiegel kann man lesen:

„“Wenn der Machtapparat jemand hätte vergiften wollen, dann hätte er ihm wohl nicht erlaubt, nach Deutschland auszufliegen“, sagte Putin bei einem Treffen des „Waldaj-Clubs“, einem Kreis handverlesener russischer und ausländischer Politikwissenschaftler, zu dem er per Video zugeschaltet war.“

Ich finde die Formulierungen gelungen, denn sie sollen den Spiegel-Leser unterbewusst beeinflussen. Putin spricht also vor „einem Kreis handverlesener russischer und ausländischer Politikwissenschaftler.“ Das Wort „handverlesen“ klingt suspekt und erweckt den Eindruck, Putin habe etwas zu verbergen. Dabei ist es völlig normal, dass ein Staatschef vor handverlesenen Gruppen spricht, schließlich kann leider nicht jeder an so einer Veranstaltung teilnehmen, so große Säle gibt es gar nicht.

Das ist kein russisches Phänomen. Vor wem tritt denn Merkel auf? Sie tritt inzwischen vor einem sehr streng handverlesenen Publikum auf, denn man will hässliche Bilder von Szenen verhindern, bei denen sie ausgebuht wird, wie es inzwischen bei ihren wenigen wirklich öffentlichen Auftritten die Regel ist. Aber haben Sie im Spiegel schon mal zum Beispiel so etwas gelesen: „Merkel sprach bei einem Treffen der Atlantikbrücke, einem Kreis handverlesener deutscher und ausländischer Politikwissenschaftler.“ Das würde der Spiegel anders formulieren, oder nicht?

Egal, dem Spiegel geht es bekanntermaßen nicht um Berichterstattung, sondern um Stimmungsmache und er ist ein Meister darin, das Unterbewusstsein seiner Leser mit solchen wertenden Formulierungen in die gewünschte Richtung zu beeinflussen.

Navalny hat immer Recht

Wenn Putin etwas sagt, wird das vom Spiegel mit solchen beiläufigen und subtilen Beeinflussungen in ein schlechtes Licht gestellt. Ganz anders, wenn Navalny etwas sagt. So kann man dann im Spiegel lesen:

„Nawalny hatte Putin persönlich für den Anschlag verantwortlich gemacht. Er erklärte auch, dass Russland die Überstellung nach Deutschland stark verzögert habe, weil der Kreml wohl gehofft habe, dass das Gift nach der Ankunft nicht mehr im Körper nachweisbar sein werde.“

Wenn Navalny etwas sagt, dann muss es wohl stimmen, scheint man beim Spiegel zu denken. Dabei ist das Gegenteil der Fall. Für Navalnys Vorwürfe an Putin gibt es keine Belege, er hat keine genannt, er hat nur gesagt, er könne es sich nicht anders erklären. Das ist sein gutes Recht, aber seit wann ist es die Aufgabe von Journalisten, Anschuldigungen als Tatsache hinzustellen, anstatt nach Belegen zu fragen? Wie dünn und unbelegt Navalnys Vorwürfe sind, können Sie in meinem Artikel über ein zweistündiges Interview nachlesen, das Navalny einem russischen oppositionellen Blogger gegeben hat, den Artikel finden Sie hier.

Besonders geschickt ist der Spiegel, weil er sich Navalnys Aussagen nicht zu eigen macht, sondern explizit schreibt, dass es Navalnys Erklärungen sind. Die weiteren, vom Spiegel zitierten Behauptungen Navalny sind nämlich gelogen.

Russland hat die Überstellung nach Deutschland keineswegs verzögert, wie Navalny behauptet. Die Genehmigung lag Stunden lang vor, das Problem war, dass die Piloten der Maschine eine einige Stunden lange Ruhepause einhalten mussten, bevor sie zurück nach Berlin fliegen durften. Das kann jeder in den Livetickern der Medien von dem Tag überprüfen.

Und die Behauptung, der Grund für die angebliche Verzögerung wäre gewesen, dass Russland gehofft habe, wenn genug Zeit vergeht, wäre das Gift nicht mehr nachweisbar, ist völliger Unsinn. Wenn die erste deutsche Version stimmt, ist Nowitschok von der Bundeswehr in Navalnys Blut von und Urin nachgewiesen worden. Und die OPCW hat erst Wochen später Proben bei Navalny entnehmen können, sie hat aber – laut deutschen Behauptungen – ebenfalls Nowitschok nachgewiesen. Wie soll das gehen, wenn schon ein paar Stunden früher oder später laut Navalny angeblich entscheidend für den Nachweis waren?

Wenn es weiter stimmen sollte, dass Russland ihn vergiftet hat, dann hätte Russland wissen müssen, dass man Nowitschok in Berlin noch nachweisen konnte. Warum also hat Russland dann die Ausreise genehmigt?

Aber die deutsche Version ist sowieso fragwürdig, denn mittlerweile gibt es drei davon. Mal war Nowitschok in Navalnys Blut und Urin, dann an Wasserflaschen, die zusammen mit Navalny aus Russland geschmuggelt wurden und die letzte Version, die Navalny in Interviews mit russischen Bloggern verbreitet, lautet, Nowitschok wäre an seiner Kleidung gewesen.

Wenn sich Navalnys Versionen jede Woche ändern, ist es schlau vom Spiegel, darauf hinzuweisen, dass das alles Navalnys Erklärungen sind. Was der Spiegel weglässt, ist die Tatsache, dass es mehrere Versionen gibt und dass sie einander widersprechen. Das muss der Spiegel-Leser ja nicht wissen.

Der Spiegel: „Informieren“ durch weglassen

Dann kommt der Spiegel darauf zu sprechen, dass Putin von Deutschland Beweise fordert, also eine Beantwortung der russischen Rechtshilfegesuche, über die der Spiegel allerdings nicht berichtet. Auch von denen und von der deutschen Weigerung, sie zu beantworten erfährt der Spiegel-Leser auch nichts.

Stattdessen gibt sich der Spiegel verwundert:

„Diese Aussagen sind in sofern verwunderlich, als dass die russischen Behörden eine Menge an Informationen vorliegen haben:
– Die Ärzte in Omsk, wo Nawalny zunächst behandelt worden war, hatten unter anderen auch Blutproben genommen.
– Die Behörden sind immer noch im Besitz der Kleidung des Oppositionellen, die er am Tag seines Zusammenbruchs trug.
– Es gibt Aufnahmen von Überwachungskameras, die auch Nawalny filmten.
– Der Oppositionelle stand unter Beobachtung der Sicherheitsbehörden, auch in Tomsk, von wo er abflog.“

Die vier Punkte schauen wir uns einmal genauer an.

Erstens: Russland hat Blutproben genommen. Das stimmt, aber Russland hat darin keine Hinweise auf eine Vergiftung gefunden. Wenn das eine Lüge wäre, wäre es doch ein Leichtes, Russlands Forderung nachzukommen und eine internationale Kommission unter Beteiligung russischer und deutscher Chemiker die Proben analysieren zu lassen. Das lehnt Deutschland aber ab. Warum?

Zweitens: Russland hat noch die Kleidung von Navalny. Hier gilt das gleiche, wie beim ersten Punkt.

Drittens: Die Aufnahmen der Überwachungskameras. Stimmt, die gibt es und sie kursieren sogar schon im Internet, aber was helfen die, wenn Navalny gemäß deutscher Version doch gar nicht am Flughafen, sondern schon in seinem Hotelzimmer mit dem Gift in Kontakt gekommen sein soll?

Viertens: Navalny wurde von russischen Sicherheitsbehörden überwacht. Na und? Das wurde Anis Amri auch, das hat ihn aber nicht daran gehindert, mit einem LKW in Berlin in einen Weihnachtsmarkt zu rasen.

Nochmal: Russland sagt, dass all diese Dinge keine Hinweise auf eine Vergiftung ergeben. Wenn Russland lügt, warum legt Deutschland, das ja laut Merkel „zweifelsfrei“ weiß, dass Navalny vergiftet wurde, die Beweise nicht auf den Tisch und blamiert Russland bis auf die Knochen?

Die OPCW-Untersuchung

Deutschland hat Wochen später auch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) Proben bei Navalny entnehmen lassen und Deutschland meldet, die OPCW habe ebenfalls Spuren von Nowitschok gefunden. Interessanterweise meldet das OPCW das jedoch nicht. Was die OPCW stattdessen gemeldet hat, können Sie hier nachlesen.

Hinzu kommt, dass Deutschland die OPCW nach einem Verfahren um Hilfe gebeten hat, bei dem Deutschland die volle Kontrolle darüber behält, was die OPCW den Mitgliedsstaaten mitteilen darf. Und in dem an die Mitgliedsstaaten verschickten Bericht wurde auf Wunsch Deutschlands alles gestrichen, was als Beweis für die „zweifelsfreie“ Vergiftung dienen könnte. Auch aus dem Bericht kann Russland also keine Rückschlüsse darauf ziehen, was die Deutschen gefunden haben wollen.

Aber auch das erfährt der Spiegel-Leser nicht, stattdessen steht im Spiegel zum Thema OPCW-Untersuchung zu lesen:

„Allerdings hat Russland bereits jetzt schon Zugang zu Ergebnissen der Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPCW). Sie hatte ebenfalls Spuren eines Nervengifts der Nowitschok-Gruppe bestätigt. Russland ist Mitglieder der OPCW.“

Und als würde das noch nicht reichen, folgt dann dieser frei erfundene Satz im Spiegel:

„Trotzdem haben die russischen Behörden Fristen verstreichen lassen, um selbst Ermittlungen im Fall der Giftanschlags zu beginnen.“

Welche Fristen sollen die russischen Behörden verstreichen lassen haben? Das sagt der Spiegel nicht, kein Wunder, es ist ja auch frei erfunden. Aber es untermauert die gewollte anti-russische Propaganda. Und nur darum geht dem Spiegel.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

2 Antworten

  1. Die Info-Strategie der westlichen Medien ist vielschichtig, und genau aus diesem Grunde kreuzgefährlich – man sieht es an den Beispielen im Beitrag.
    Ich hatte vor Zeiten mal eine Ausarbeitung dazu gemacht. Man kann unterscheiden:
    – Verdrehungen von Tatsachen;
    – komplett von A bis Z erfundene „Fakten“ (vulgo: Lügenpresse), und
    – die hier angesprochenen Weglassungen (vulgo: Lückenpresse).
    Die Penetranz, mit der diese Entstellungen betrieben werden, hat zur Folge, dass unsere Mitmenschen verkehrte Schlüsse ziehen und die Falschen verdächtigen (oder Sympathie für die Falschen entwickeln – siehe Syrien, Ukraine, Belarus).

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