Neue Strafverfahren gegen Navalny und seine Mitarbeiterin: Was wird ihnen vorgeworfen?

In den Medien konnte man kürzlich lesen, dass ein Strafverfahren gegen Navalnys Mitarbeiterin Ljubow Sobol eröffnet wurde. Außerdem wurde jetzt gemeldet, dass die russischen Behörden Navalny ein Ultimatum gestellt haben, nach Russland zurückzukehren. Hier berichte ich über die Hintergründe und Details.

Über Ljubow Sobol wurde in Deutschland im Zuge der Demonstrationen in Moskau im Sommer 2019 ab und zu berichtet. Sie ist eine führende Mitarbeiterin von Navalny und da sie jung und hübsch ist, ist sie natürlich auch ein passendes Gesicht für Medienkampagnen. Nun wurde in Russland ein Strafverfahren gegen sie eröffnet.

Was Ljubow Sobol vorgeworfen wird

Nachdem der Spiegel mitgeteilt hat, er habe zusammen mit Bellingcat und anderen herausgefunden, welche russischen Agenten Navalny überwacht und angeblich auch fast umgebracht hätten und Navalny einen von denen angerufen hat, ist Ljubow Sobol zu der Wohnung eines dieser angeblichen Agenten gefahren und hat ihm einen Besuch abgestattet. Dabei hat sie mehrere Versuche unternommen, in die Wohnung einzudringen, unter anderem hat sie sich die Uniform einer Mitarbeiterin der russischen Verbraucherschutzbehörde angezogen mit dieser Verkleidung versucht, in das Haus einzudringen. Schlussendlich wurde ihr die Tür von einer Rentnerin geöffnet und sie ist gegen den Willen der Frau in die Wohnung eingedrungen und hat dort mit dem Handy gefilmt.

Das erfüllt – übrigens auch in Deutschland – die Tatbestände des Hausfriedensbruchs und der Amtsanmaßung. Daher kann es nicht verwundern, dass die russische Staatsanwaltschaft Verfahren eröffnet, Frau Sobol vorübergehend verhaftet und ihre Wohnung durchsucht hat. Inzwischen ist sie aber wieder auf freiem Fuß.

Was Spiegel-Leser (nicht) erfahren

Der Spiegel hat darüber in der Sache korrekt (aber unvollständig) berichtet und es durch Formulierungen im Konjunktiv so hingestellt, als sei Sobol ein Opfer der russischen Willkür. Das geht so: Zuerst berichtet der Spiegel über den Vorfall:

„Sie hatte am Montag versucht, den mutmaßlichen FSB-Agenten in seiner Wohnung aufzusuchen, der in dem Telefonat eingeräumt hatte, an dem Giftanschlag auf Nawalny beteiligt gewesen zu sein. Anschließend wurde sie festgenommen, nach einigen Stunden in Polizeigewahrsam aber wieder freigelassen.“

Die Details werden weggelassen, also Sobols mehrmalige Versuche, in die Wohnung einzudringen, das Anlegen einer falschen Uniform und das Eindringen und Filmen in einer fremden Wohnung gegen den Willen der Besitzer. Dann kommt im Spiegel folgender Absatz:

„Sobol werde nun vorgeworfen, gegen die »Unverletzbarkeit des Hauses durch Gewaltanwendung oder Androhung« verstoßen zu haben, weil sie an der Haustür des Agenten geklingelt habe, sagte der Chef von Nawalnys Fonds zur Bekämpfung von Korruption (FBK), Iwan Schdanow. Ihr drohe bei Hausfriedensbruch im schlimmsten Fall eine Haftstrafe.“

Der Spiegel-Leser erfährt nur, sie habe an der Wohnung geklingelt, mehr erfährt man im Spiegel nicht. Anschließend darf Navalny das im Spiegel noch einordnen, damit der deutsche Leser weiß, was er zu denken hat:

„Nawalny kritisierte das Vorgehen der Polizei scharf. »Das ist kein Staat, das ist eine kriminelle Gruppe«, sagte er. »Es wird einfach dreist ein Strafverfahren fabriziert.« Die gesamte Ausrüstung in Sobols Wohnung sei von den Sicherheitskräften beschlagnahmt worden, selbst das Handy der sieben Jahre alten Tochter, schrieb Nawalny. Das Mädchen und der Ehemann hätten die Wohnung verlassen dürfen“

Russland stellt Navalny ein Ultimatum zur Rückkehr nach Moskau

Am Dienstag haben deutsche Medien berichtet, dass russische Behörden Navalny ein Ultimatum gestellt haben, er solle unverzüglich nach Russland zurückkehren und sich bei den Behörden melden, ansonsten drohe ihm in Russland eine Verhaftung. Im Spiegel konnte man als Begründung lesen:

„Nawalny sei am 20. September aus dem Krankenhaus entlassen worden und seit dem 12. Oktober symptomfrei, heißt es unter Verweis auf einen Bericht der Fachzeitschrift »The Lancet« in dem Statement. Deshalb müsse Nawalny sich vor Ort melden, so sähen es die Bewährungsauflagen einer Haftstrafe vor, zu der Nawalny 2014 verurteilt worden war.“

Das ist korrekt, Navalny ist zur Bewährung verurteilt und eine der Bewährungsauflagen ist es, sich regelmäßig bei der Polizei zu melden und bei Nichteinhaltung dieser Auflagen kann die Bewährung aufgehoben werden. So steht es in der Pressemeldung des russischen Geheimdienstes. Und auch hier gilt: Darin unterscheidet sich Russland nicht von Deutschland, wer gegen seine Bewährungsauflagen verstößt, dem droht die Aussetzung der Bewährung und damit eine Haftstrafe.

Hinzu kommt, dass gegen Navalny auch noch strafrechtliche Ermittlungen wegen finanzieller Unregelmäßigkeiten laufen, denn er konnte die Herkunft von Spenden nicht erklären und daher hätte er das Land gar nicht verlassen dürfen. Deshalb brauchte es die Ausnahmegenehmigung von Putin, damit er zur Behandlung nach Berlin geflogen werden konnte. Aber die gesundheitlichen Gründe für die Aussetzung der Bewährungsauflagen sind nicht mehr gegeben, denn Navalny zeigt sich bei seinen vielen Auftritten in Videos bei bester Gesundheit.

Übrigens ist Navalnys Aufenthalt in Deutschland auch nach deutschem Recht fragwürdig, denn Russen dürfen mit Visum nur maximal 90 Tage am Stück in Deutschland sein, danach müssen sie wieder ausreisen. Navalny ist aber mittlerweile fast 120 Tage in Deutschland.

Ein weiteres Strafverfahren gegen Navalny

Hinzu kommt, dass die russischen Behörden am 29. Dezember mitgeteilt haben, dass ein weiteres Strafverfahren wegen Navalnys Finanzgebaren eröffnet wurde. Es geht um mehrere NGOs, deren Vorsitzender Navalny offiziell oder de facto ist, bei denen Spenden veruntreut wurden. In der Pressemeldung der Untersuchungsbehörde heißt es:

„Nach Informationen der Untersuchungsbehörden hat Navalny, der de facto Leiter dieser Organisationen ist, zusammen mit anderen Personen mehr als 356 Millionen Rubel aus diesem Spendenbetrag für persönliche Zwecke – den Kauf von persönlichem Eigentum, Wertsachen und Ausgaben (einschließlich Urlaub im Ausland) – verwendet. So wurden die von Bürgern gespendeten Gelder gestohlen.“

Demnach hätten die Organisationen 588 Millionen Rubel (ca. 6,5 Millionen Euro) an Spenden gesammelt, von denen 356 Millionen (ca. 4 Millionen Euro) für private Zwecke unterschlagen worden sind.

Die Finanzierung von Navalny

Navalnys Finanzierung ist in der Tat undurchsichtig. Ich habe darüber einen ausführlichen Artikel geschrieben, in dem ich mit Quellen aufgezeigt habe, welche ausländischen (hauptsächlich in London ansässigen) Organisationen und Personen Navalny finanzieren. Das ist keineswegs meine Fantasie, Navalny selbst hat zumindest einen Teil dessen, was ich ausgeführt habe, in einem Interview bestätigt. Er lebt auf großem Fuß und kann es sich sogar leisten, seiner Tochter ein Studium an der US-Elite-Universität Stanford zu finanzieren. Weil er so wenig verdient, so sagte er in dem Interview, müsse er aber keine Studiengebühren bezahlen, sondern nur 22.000 Dollar pro Jahr für Kost und Logis der Tochter.

Navalny wird als Blogger dargestellt, der von Spenden lebt. Man muss schon eine ganze Menge an Spenden bekommen, wenn man es sich leisten kann, neben dem täglichen Bedarf auch noch fast 2.000 Dollar monatlich für das Studium der Tochter zu bezahlen und mehrere Auslandsurlaube pro Jahr zu machen, von denen Navalny gerne Fotos in sozialen Netzwerken postet.

So haben Navalny und Sobol nach den Protesten in Moskau 2019 erst einmal Urlaube gemacht, er in den USA bei seiner Tochter, sie auf Zypern, woran beide ihre Follower teilhaben ließen. Ihre knapp 20 Anhänger, die zur gleichen Zeit wegen der illegalen Proteste und Widerstand gegen die Polizei Gefängnisstrafen befürchten mussten, werden sich sicher gefreut haben zu sehen, wie gut es den beiden ging.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

4 Antworten

    1. Ja, die „Bild“ ist doch inzwischen stilprägend für die neugroßdeutsche Medienlandschaft.
      Schlagzeilen oder Überschriften beginnen mit „Warum“ oder „Darum“ oder auch „Wieso“ – da weiß der Leser doch sofort, wohin die Reise geht und man erspart uns die Mühen einer Lektüre des eine oder anderen geistlosen Gesabbels.

      In diesem FalleIm allerdings hat die FAZ wohl gar nicht mal so unrecht.
      Ein Schirinowsky ist möglicherweise ein „Nationalist“ (und daß der alle Tassen im Schrank hat, ist doch eine recht umstrittene Annahme).

      Nawalny ist sicher ein „etwas“, das man hierzulande problemlos einen Rassisten nennen würde – im übrigen jedoch eine ganz erbärmliche Marionette.

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