Neuer Tiefpunkt der Propaganda im Fall Navalny: Schweizer „Blick“ lügt mit falschem Putin-Foto

Die Stimmungsmache im Fall Navalny nimmt Formen an, die man netterweise als „Propganda“ bezeichnen kann, obwohl die Formulierung „dreist gelogen“ besser passt. Den Vogel hat heute die „Blick“, das Schweizer Gegenstück zur „Bild“, abgeschossen.

Die Überschrift beim „Blick“ lautete „Während sich Nawalny erholt – Putin provoziert mit Teetassen“ und der Artikel begann mit folgender Einleitung:

„Während sich Putin-Kritiker Alexej Nawalny von einer Vergiftung erholt, hat sich Wladimir Putin mit Belarus-Präsident Alexander Lukaschenko getroffen. Und dabei durchblicken lassen, dass er durchaus mit der Vergiftung Nawalnys zu tun haben könnte.“

Nachtrag: Inzwischen wurde der Link auf einen anderen Artikel umgeleitet und der Putin-mit-Tee-Artikel ist nicht mehr zu finden. Einen Hinweis für die Leser gibt es natürlich nicht. Gut, dass ich den Screenshot (siehe Titelbild) gemacht habe. Nun weiter in meinem ursprünglichen Artikel:

Ich habe gestern alles angeschaut, was von dem Treffen von Putin und Lukaschenko veröffentlicht worden ist und ich fand dort keinerlei Hinweise, dass Navalny überhaupt Thema gewesen wäre oder dass Putin gar etwas habe „durchblicken lassen.“ Aber ich könnte ja was übersehen haben, also habe ich den Artikel der „Blick“ gelesen.

Wenig überraschend fand sich darin kein Wort darüber, dass Putin etwas habe „durchblicken lassen.“ Es war die standardisierte – aber sehr reißerisch formulierte – Wiederholung all dessen, was wir ohnehin in den Medien zum Fall Navalny lesen: Russland hat Navalny vergiftet, Putin ist Schuld, Punkt und Ende der Geschichte.

„Blick“ hat versucht, den Lesern ein falsches Bild zu vermitteln. Unter der Teilüberschrift „Putin provoziert“ war folgender Text mit folgendem Foto zu sehen:

„Nicht nur dieser Deal dürfte in den nächsten Tagen für Gesprächsstoff sorgen. Während die positive Meldung von Nawalny die Runde machte, liess sich Putin mit zwei Tassen Tee in der Hand ablichten. Eine davon brachte er Lukaschenko, der laut offiziellen Aussagen gar keinen Tee trinkt.
Tee trank dafür 2006 der russische Ex-Spion und Regierungskritiker Alexander Litwinenko (1962–2006). Das Getränk war mit Polonium vergiftet, Litwinenko starb daran. Wer hinter dem Anschlag steckte, ist bis heute nicht bekannt.“

Was genau will „Blick“ suggerieren? Soll das eine Drohung an Lukaschenko gewesen sein? Vergiftet Putin alle Leute mit Tee? Wir erinnern uns, die ersten Meldungen sprachen ja davon, dass Navalny mit Tee vergiftet worden ist, woran auch „Blick“ in dem Artikel vorher ausführlich erinnert hat.

Das Problem an dem Foto ist, es ist nicht von gestern, es ist schon viele Jahre alt und der Mann, dem Putin die Tassen bringt, ist nicht Lukaschenko, sondern Oliver Stone und in den Tassen war kein Tee, sondern Kaffee. Übrigens mit Zucker, nicht mit Nowitschok. Das konnte man vor Jahren in der Stone-Reportage „Die Putin-Interviews“ sehen, wie dieser Ausschnitt zeigt.

Der „Blick“-Artikel war also von vorne bis hinten gelogen.

Die „Qualitätsmedien“ haben eifrige Zuarbeiter. „Blick“ hat als „Beleg“ für die Geschichte folgenden Tweet im Artikel veröffentlicht.

Der Tweet ist von Olga Lautman, einer nach eigenen Angaben „freien Journalistin, investigativen Ermittlerin mit dem Fokus auf Politk, Korruption und global organisierte Verbrechen.“ Ihre Website hat jedoch so wenig Traffic, dass das Analyse-Tool similarweb nicht einmal Daten dafür anzeigt. Kein Wunder, die Dame ist eine sehr fragwürdige „Journalistin“, wie ein Überblick über ihre Arbeiten auf ihrer Website zeigt. Sie bezeichnet sich zum Beispiel stolz als „Researcherin“ des Buches „Trump in Putins Hand: Die wahre Geschichte von Donald Trump und der russischen Mafia“ – ein Buch, das selten dumme und unbelegte Horrorgeschichten verbreitet. Der letzte Absatz der Buchbeschreibung beginnt so:

„Ohne Trump hätte Russland eine Schlüsselkomponente bei seinen Bemühungen, das Land zu imperialer Größe zurückzuführen, gefehlt. Ohne Russland wäre Trump nicht Präsident.“

Ohne Trump (noch als Immobilienunternehmer) wäre Russland in den 2000er Jahren also nicht wieder auf die Füße gekommen. Das ist das Ergebnis eines Buches, an dem diese „investigative Journalistin“ mit – nach eigenen Angaben – Arbeitsschwerpunkt Russland, Ukraine und Osteuropa mitgearbeitet hat. Und diese hochgradig seriöse Quelle stand mit ihrem Tweet Patin für den Artikel in der „Blick“. Das Schlimme ist, dass trotzdem bei vielen Lesern die Überschrift hängen bleibt und sie diesen – offen erfundenen und erlogenen – Blödsinn glauben. Diese Verteufelung des Gegners nennt man Kriegspropaganda – und die kommt ausgerechnet aus der Schweiz!

Immer, wenn ich denke, primitiver kann die Propaganda der transatlantischen Medien nicht mehr werden, beweisen sie und konsequent das Gegenteil. Langsam bekomme ich Angst bei dem Gedanken daran, was wohl der nächste Tiefpunkt des transatlantischen „Qualitätsjournalismus“ sein wird…

PS: An dieser Stelle vielen Dank an den Leser, der mir diesen Link geschickt und bei der Suche nach der richtigen Stelle in den Videos der über vierstündigen Putin-Interviews geholfen hat. Für alle, die diese Videos kennen, die fragliche Stelle findet sich im vierten Teil bei Minute 2.19.

Nachtrag: „Blick“ hat den Fehler eingeräumt und am Ende des Artikels auf den der Link verweist, seit der ursprüngliche Artikel verschwunden ist, geschrieben:

„Anmerkung der Redaktion: In einer ersten Version dieses Artikels nahm BLICK auf eine Szene Bezug, bei der Putin zwei Teetassen in der Hand hielt. Diese Szene war allerdings nicht aktuell, sondern stammt aus der Interview-Reihe mit Regisseur Oliver Stone 2017. BLICK entschuldigt sich für den Fehler.“

Nicht, dass das die Sache besser machen würde, aber eines muss man ehrlicher weise feststellen: Wenn der Spiegel offen und dreist lügt, verändert er das klammheimlich, ohne seine Leser zu informieren oder sich zu entschuldigen…


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

4 Antworten

  1. Der Witz ist ja – man kann es sich sehr gut vorstellen, da Putin häufig auf mehreren Ebenen kommuniziert. Nur macht er sich da nicht über die Vergiftung lustig, sondern über den Westen und deren Medien – erfolgreich, wie man am Blick sieht.

  2. …Kriegspropaganda und die kommt ausgerechnet aus der Schweiz.
    Von den Mainstreammedien in der Schweiz verfolge ich nur SRF1 mit seinen Sendungen am Mittag und Abend (Echo der Zeit). Wenn ich dann mit den Infos von Herrn Röpper vergleiche, darf ich getrost feststellen, wir gehen hier im absoluten Gleichschritt mit der deutschen Presse! Und dafür werden dann noch Preise verliehen.

  3. Sascha Lobo liefert im Propaganda-Magazin eine Anbiederung an den Mainstream, eben das, was man in Propagandablättern so liest – das, was man eben schreiben muss, wenn man dazugehören will.

    Wo die Putin-Fans denn herkämen. Vorweg: mit positiven Attributen werden sie nicht belegt.

    Also in meinem Fall liegt er daneben. Ich kann nur für mich sprechen. Ich bin weltoffen, politisch nicht gebunden und ich tat das, was die Aufklärung eigentlich forderte:
    Politiker möglichst im O-Ton hören. Primärquellen verwenden. Daraus zog ich Schlüsse.

    Ein leicht zu erkennender Fehler, den unsere Propaganda macht ist unausgesprochen zu unterstellen, Putins Effizienz entspreche dank KGB-Superkräften nicht nur 80 Stunden pro Tag, an dem er schlimme Dinge aus Bosheit tut. Nein, sein Tag muss schon ca. 45783 Stunden haben.

    https://www.spiegel.de/netzwelt/web/wladimir-putins-fans-wo-kommen-sie-eigentlich-her-kolumne-a-2d515ca8-9a9e-4aa7-bd06-5650fab6795d-amp

  4. Erstaunlich für unsere freien und unabhängigen Medien. Seit gestern ist in den deutschen Printmedien Nawalny verschwunden, so Die Welt, Spiegel, Focus, FAZ, Süddeutsche, BILD, die Schweizer NZZ. Selbst die Suchfunktionen sind lückenhaft. Auch in den Radionachrichten ist es so. Ferngesehen hatte ich gestern nicht.

    Wie geht so etwas?

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