22. Jahrestag des Jugoslawienkrieges

Chronologie des Sündenfalls der Nato

Die Nato hat 1999 ohne Mandat des UNO-Sicherheitsrates Jugoslawien bombardiert. Dabei wurden massive Umweltschäden verursacht, viele Zivilisten getötet und Teile des Landes mit Uranmunition verseucht, was heute zu erhöhten Krebsraten führt. Die Grünen sind bis heute stolz auf ihre Rolle in dem Krieg.

Da der Jahrestag des Jugoslawienkrieges in deutschen Medien keine Rolle spielt, habe ich einen Beitrag der russischen Nachrichtenagentur TASS zu dem Thema übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Vor genau 22 Jahren begannen NATO-Truppen, Jugoslawien im Rahmen der Operation Allied Force zu bombardieren. Die Luftangriffe der Allianz dauerten 78 Tage und trafen nicht nur das Militär, sondern auch die zivile Infrastruktur. Die Operation fand ohne Genehmigung des UN-Sicherheitsrates statt, was eine grobe Verletzung des Völkerrechts und de facto ein Akt der Aggression gegen ein souveränes Land darstellte. Diese Ereignisse forderten das Leben von Hunderten unschuldiger Menschen, markierten den Beginn des Endes der Republik Jugoslawien und verursachten enorme Umweltschäden auf dem Gebiet des heutigen Serbien. Wir erinnern daran, wie sich der Konflikt entwickelt hat und wie er angefangen hat.

Warum die NATO-Truppen die Operation starteten

Der formale Grund war die Weigerung Belgrads, „jugoslawische Truppen aus der autonomen Region Kosovo und Metochien abzuziehen“, wo der Konflikt zwischen der serbischen und der albanischen Bevölkerung eskalierte.

Seit Ende der 1980er Jahre fordern die Kosovo-Albaner mehr Autonomie für die Provinz und gründeten in den 1990er Jahren die Kosovo-Befreiungsarmee (UCK), die einen bewaffneten Unabhängigkeitskampf ausrief. 1998 begannen UCK-Kämpfer, die serbische Polizei anzugreifen. Um die Welle von Terroranschlägen zu stoppen, hat Belgrad zunächst Polizeieinheiten und dann reguläre militärische Einheiten in das Gebiet geschickt. De facto hatte in der Region ein Bürgerkrieg begonnen.

Bald kamen Berichte über ethnische Säuberungen aus dem Kosovo. Am bekanntesten war der Vorfall in dem Dorf Racak, wo die serbische Polizei im Januar 1999 45 albanische Zivilisten hingerichtet haben soll. Später stellte sich heraus, dass das eine Falschmeldung gewesen ist.

Aber dadurch ist die Lage in der Provinz in den Fokus der Aufmerksamkeit der internationalen Gemeinschaft gerückt. Die Nato-Staaten warfen Belgrad Völkermord vor und drohten mit einer Militäroperation. Die Vereinten Nationen, die EU, die OSZE und die Kontaktgruppe unter Beteiligung Russlands suchten nach einem politischen Ausweg aus der Krise. Die Verhandlungen zwischen Vertretern der serbischen Führung und den Kosovo-Albanern begannen im Februar 1999 im Pariser Vorort Rambouyed.

Am 18. März 1999 forderte man die serbische Seite bei den Pariser Gesprächen auf, ein britisch-amerikanisches Dokument zu unterzeichnen, das dem Kosovo weitgehende Autonomie garantierte, den Abzug der serbischen Truppen und Ausrüstung forderte und die Provinz de facto an die NATO übergeben sollte. Darüber hinaus wurden besondere Privilegien für die NATO-Truppengefordert: zum Beispiel die freie Bewegung bewaffneter Nato-Einheiten durch Serbien und Montenegro. Die jugoslawische Seite betrachtete diese Punkte als Anschlag auf ihre Souveränität und weigerte sich, das Dokument zu unterzeichnen. Dies war der formelle Anlass für den Nato-Einsatz in Jugoslawien, der vom UN-Sicherheitsrat nicht genehmigt wurde.

Wie Russland reagierte

Das russische Außenministerium bezeichnete den Schritt als „Akt der Aggression“ und fror die Beziehungen zu dem Bündnis vorübergehend ein.

Der Russische Regierungschef Jewgeni Primakow, der auf dem Weg zu einem offiziellen Besuch in den Vereinigten Staaten war, beschloss, die Reise abzubrechen, ließ sein Flugzeug wenden und flog zurück nach Moskau. Diese Entscheidung ging als „Kehrtwende über dem Atlantik“ in die Geschichte ein und löste einen Sturm öffentliche Reaktionen in Russland und im Ausland aus.

Stunden vor Beginn der Operation hielt der damalige russische Präsident Boris Jelzin eine Fernsehansprache, in der er das Vorgehen der NATO als Schlag gegen die gesamte internationale Gemeinschaft bezeichnete und forderte, das Leben unschuldiger Menschen zu schützen. Das Staatsoberhaupt bot an, die Verhandlungen mit Milosevic fortzusetzen, auch wenn man sich zehn oder zwanzig Mal treffen müsste.

Am 20. Jahrestag der Nato-Operation verabschiedete der russische Föderationsrat eine Resolution, in der die Parlamente ausländischer Staaten und die UNO aufgefordert werden, die Nato-Aggression gegen Jugoslawien zu verurteilen, und nannte sie „einen Akt der offenen Aggression gegen einen souveränen Staat in Europa“.

Was waren die Ziele der NATO?

Als Hauptaufgabe von „Allied Force“ wurde vom Bündnis die „Verhinderung des Völkermords“ an Kosovo-Albanern genannt. Der Präsident Jugoslawiens, Slobodan Milosevic, wurde aufgefordert, sich vollständig aus dem Kosovo und Metochien zurückziehen.

Experten zufolge verfolgte die NATO jedoch weitgehend geopolitische Ziele. Erstens, ihre Positionen in der Region nach dem Niedergang des russischen Einflusses zu stärken, sowie um die Zusammenarbeit der Truppen im Rahmen echter Kampfeinsätze zu proben. Das erklärte auch der russische Außenminister Sergej Lawrow, der das Vorgehen der NATO in Jugoslawien mit dem Wunsch des Bündnisses in Verbindung brachte, seinen Einfluss auf den Osten auszudehnen und es näher an die Grenzen Russlands zu bringen.

„Zweifellos war die Geschichte in Jugoslawien mit dem Wunsch verbunden, die NATO nach Osten zu bewegen, näher an den Grenzen der Russischen Föderation, daran besteht kein Zweifel. Die spätere Entwicklung der Ereignisse beweist, dass dies der Fall war“, sagte der russische Minister.

„Allied Force“ war nicht die erste Operation der NATO in Jugoslawien. Nach dem Zusammenbruch der Sozialistischen Bundesrepublik Jugoslawien in den Jahren 1990/1991 hat es mehrere ethnische Konflikte gegeben, in die auch ausländische Kräfte eingegriffen haben.

1992 überwachten Kriegsschiffe der Allianz, die von der Luftwaffe unterstützt wurden, die Umsetzung des Waffenembargos gegen Jugoslawien in der Adria. 1994 kontrollierten NATO-Truppen die Flugverbotszone in Bosnien und Herzegowina und bombardierten 1995 (ebenfalls ohne Resolution des UN-Sicherheitsrates) bosnisch-serbische Stellungen.

Wie die Operation abgelaufen ist

Die ersten Schläge gegen Jugoslawien begannen am Abend des 24. März und dauerten bis 4. Uhr morgens des 5. März. Vierzehn NATO-Mitgliedstaaten nahmen an „Allied Force“ teil. Das Militär setzte mehr als tausend Flugzeuge ein (die meisten von ihnen wurden von den Vereinigten Staaten zur Verfügung gestellt).

Nach Angaben der Website der Nato führten die Flugzeuge des Bündnisses in 78 Tagen 38.000 Lufteinsätze durch, davon mehr als 10.000 Bombenangriffe.

Nach Studien von Militärexperten feuerten die NATO-Streitkräfte 3.000 Marschflugkörper ab und warfen etwa 80.000 Tonnen Bomben ab, darunter Streubomben und insgesamt 15 Tonnen abgereichertes Uran. (Anm. d. Übers.: Streubomben sind Bombenbehälter mit Schrapsels, die großflächig alles Leben töten. Diese Munition wird von der Mehrheit der Staaten der Welt geächtet, weil sie unkontrollierte Schäden bei der Zivilbevölkerung anrichten können. Der Westen kritisiert zum Beispiel Assad immer wieder, weil er angeblich solche Waffen einsetzt. Um davon abzulenken, dass die Nato diese Waffen selbst bis heute einsetzt, wurde für syrische Streubomben der Begriff „Fassbombe“ geprägt. Für den Einsatz dieser Waffen gegen die jugoslawische Zivilbevölkerung hat die Nato sich nie auch nur entschuldigt)

Die Operation wurde in drei Phasen durchgeführt:

  1. Bekämpfung der Luftverteidigung Jugoslawiens;
  2. Der Angriff auf jugoslawische Streitkräfte im Kosovo;
  3. Schläge gegen die wichtigsten Standorten in Serbien.

Ab dem 24. April 1999 hat die NATO das gesamte Gebiet Serbiens bombardiert. Flugzeuge warfen Bomben nicht nur auf das Militär, sondern auch auf die Zivilbevölkerung und sogar auf Wohngebiete. So wurde am 23. April ein Gebäude des serbischen Radios und Fernsehens in Belgrad bombardiert, wobei 16 Menschen getötet wurden. Nach Angaben einer Reihe internationaler Menschenrechtsorganisationen stellt der Angriff ein Kriegsverbrechen dar.

Fehler der NATO-Mitglieder haben mehrmals zu zivilen Opfern geführt. So hat ein Flugzeug der Allianz am 14. April einen Konvoi albanischer Flüchtlinge bombardiert und 64 Menschen getötet. In der Nacht zum 8. Mai trafen Nato-Bomben die chinesische Botschaft in Belgrad und töteten drei chinesische Staatsbürger. Einer der tragischsten Zwischenfälle war der Angriff auf das kosovarische Dorf Korisha, der sich in der Nacht zum 14. Mai ereignete. Nach Angaben der NATO sollte das serbische Militär vor Ort sein, aber es wurden albanische Flüchtlinge beschossen und 50 Menschen getötet und die gleiche Zahl verletzt.

Wie der Operation endete

Offiziell endete die Operation am 10. Juni nach der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen Jugoslawien und der NATO in Kumanovo (Mazedonien), wonach der Abzug der jugoslawischen Truppen aus dem Kosovo begann. Am selben Tag verabschiedete der UN-Sicherheitsrat eine Resolution, nach der eine internationale Ziviltruppe (UN-Mission) und die Internationale Sicherheitstruppe (KFOR) unter der Schirmherrschaft der Vereinten Nationen im Kosovo stationiert wurden, zu der 37.200 Soldaten aus 36 Ländern (mit erheblicher Beteiligung der NATO) entsandt wurden.

Im folgenden Jahr verlor Slobodan Milosevic im Zuge der „Bulldozer-Revolution“ die Macht, wurde später verhaftet und fand sich wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit vor dem Haager Tribunal wieder. Er starb 2006 vor einer Verurteilung in Untersuchungshaft.

Wenige Tage nach dem Abzug der jugoslawischen Armee aus dem Kosovo verließen mehr als 160.000 Serben und 24.000 Roma die Region. Viele der verbliebenen Nicht-Albaner wurden Opfer von Angriffen, Prügeln, Entführungen und Morden.

Im Februar 2008 erklärte das Parlament des Kosovo einseitig die Unabhängigkeit der Region von Serbien. Bis heute haben 104 Länder den Kosovo als unabhängigen Staat anerkannt. Gegen die Anerkennung sind neben Serbien mehr als 60 Länder, darunter Russland, China, Indien und Israel.

Was über die Verluste der Parteien bekannt ist

Nach serbischen Angaben wurden bei den NATO-Bombardements zwischen 3.500 und 4.000 Menschen getötet und etwa 10.000 verletzt. Der materielle Schaden belief sich auf 100 Milliarden Dollar. Nach Angaben internationaler Menschenrechtsgruppen wurden während des NATO-Einsatzes zwischen 489 und 528 Zivilisten getötet.

Jugoslawiens militärisch-industrielle Infrastruktur wurde vollständig zerstört, mehr als 1.500 Ortschaften, 40.000 Häuser, 60 Brücken, 30 Prozent aller Schulen und etwa 100 Denkmäler wurden zerstört oder beschädigt. Bombenangriffe auf Raffinerien und petrochemische Anlagen haben das Trinkwasser des Landes mit giftigen Substanzen kontaminiert.

Nach Angaben der WHO hat die Zahl der Krebserkrankungen in der Region aufgrund von abgereichertem Uran, das mit Bomben abgeworfen wurde, zugenommen. Erkrankt sind auch Soldaten des Bündnisses, die an der Operation teilgenommen haben. Viele von ihnen haben Schadenersatzansprüche vor ihren Gerichten eingereicht (insbesondere fanden Prozesse im Vereinigten Königreich, in Deutschland, Italien, den Niederlanden und der Türkei statt). Im Januar 2021 reichte ein ehemaliger Soldat der jugoslawischen Armee in Serbien die erste derartige Klage gegen das Bündnis ein. (Anm. d. Übers.: Darüber habe ich berichtet, den Artikel finden Sie hier)

Nach Angaben von NATO-Vertretern verlor das Bündnis während des Feldzugs zwei Soldaten sowie zwei Kampfflugzeuge.

Ende der Übersetzung

Nach dem Ende der Operation haben russische Truppen das Einrücken der Nato in den Kosovo erschwert, als sie in einer Nacht-und-Nebel-Aktion den dafür nötigen Flughafen besetzt haben. Die lange geheim gehaltenen Details und Hintergründe der Aktion wurden im letzten von Russland frei gegeben. Eine wichtige Rolle spielte dabei der damalige Chef des russischen Sicherheitsrates, Wladimir Putin. Die Details sind interessant, ich habe hier über die freigegebenen Berichte aus Russland berichtet.

Der für den illegalen Krieg gegen Jugoslawien damals verantwortliche Bundeskanzler Schröder hat später eingestanden, dass der Krieg völkerrechtswidrig gewesen ist.

"Ich habe gegen das Völkerrecht verstoßen" - Gerhard Schröder: Krim-Krise und Kosovo-Krieg

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

Eine Antwort

  1. Natürlich könnte man noch viele Details ergänzen, aber mir sind folgende wichtig:
    Die UCK war nichts weiter als die „Armee“ der albanischen Mafia. Diese Mafia hatte zuvor z.B. in Italien die russische Mafia vor allem aus dem Drogen- und Menschenhandel verdrängt, welche selbst erst kurz zuvor die italienische Mafia verdrängt hatte. Dies geschah vor allem mit unglaublicher Brutalität: Die Italiener konnten nicht glauben, wie grausam die Russen vorgingen … und den Russen waren dann die Albaner „zu heftig“. Welches Interesse hätte nun der „Wertewesten“ gehabt, der albanischen Mafia einen eigenen Staat zu schenken? Einen Staat, in dem die US-Army mit dem für sehr lange Zeit größten Militärcamp außerhalb der USA (Camp Bondsteel) mitten drin präsent war. (Wer sich die Topographie anschaut, sieht, dass man von diesem Camp aus quasi fast schon per Sichtkontakt bis an die Grenzen des „Amselfeldes“ (= Kosovo), einer Hochebene, sehen konnte und kann. Trotzdem entgehen den US-Soldaten und ihren zehntausenden NATO-Partnern vor Ort (in einem Land von gerade 100 x 1oo km) die Trucks mit Drogen aus Afghanistan, die dort durchfahren. Kosovo ist der größte Drogenumschlagsknoten in Europa (zumindest für alles, was aus Zentralasien = Afghanistan kommt). Und wer McCoys „Die CIA und das Heroin“ gelesen hat, wird sich nun gar nicht mehr wundern, warum ein Mafia-Staat mit (bis vor kurzem) einem Mafioso an der Spitze unbedingt herbeigebombt werden musste…
    Aber das sind sicherlich nur alles wirre „Verstörungstheorien“ … die NATO versucht seit 20 Jahren im Kosovo einen demokratischen Staat aufzubauen, die ehemaligen Mafiosi und heldenhaften UCK-Freiheitskämpfer sind alle saubere fleißige, demokratische Politiker geworden und es herrscht Friede, Freude, Eierkuchen … oder?

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