Bundestagswahl

Alle Jahre wieder „Abendsonne“: Wie Politiker mit Posten und Pensionen versorgt werden

Die "Operation Abendsonne" findet vor jeder Wahl in Deutschland statt. Vollkommen ungestraft werden dabei ausrangierte Politiker auf Staatskosten mit üppigen Gehältern und Pensionen versorgt.

Dass die Politik ein Selbstbedienungsladen ist, ist ein böser Vorwurf, den die Politik aber alle Jahre wieder vor Wahlen bestätigt. Das wird „Operation Abendsonne“ genannt und funktioniert wie folgt: Wenn man sich nicht sicher ist, ob man nach der nächsten Wahl noch seinen Ministerposten behält, vergibt man leitende Positionen an seine treuesten Speichellecker, denn deren Arbeit soll sich ja gelohnt haben. So wird – ganz nebenbei – Vasallentreue in der Politik belohnt und kritisches Denken bestraft, denn natürlich gehen die Posten immer an die „engsten Mitarbeiter“, also jene, die dem Minister am besten nach dem Mund geredet haben.

Das zieht sich über Monate und geht erstaunlich geräuschlos von statten, denn die Medien berichten bestenfalls kurz darüber, heucheln auch ein wenig Entsetzen, vergessen das Thema dann aber schnell wieder, anstatt mit Nachdruck und mit Regelmäßigkeit darauf hinzuweisen, dass die Politiker nichts anderes tun, als sich selbst auf Kosten der Steuerzahler, also der Wähler, den Ruhestand zu versilbern. Dieser Raubzug hat in westlichen Demokratien Tradition und es hat genauso Tradition, dass die Medien sich bestenfalls ein wenig gekünstelt aufregen.

71 neue Top-Stellen in vier Monaten

In diesem Jahr gab es die ersten Berichte, die ich über die Operation Abendsonne gefunden habe, Anfang Mai. Damals hat die Bild berichtet, dass die Regierung seit Jahresbeginn, also in nur vier Monaten, sage und schreibe 71 neue leitende Stellen in Ministerien geschaffen hat, die es vorher gar nicht gegeben hat. Hier wurden also extra neue Stellen für die Speichellecker der Minister geschaffen. Dabei handelte es sich um Stellen in den Besoldungsgruppen B3 und B6, die mit 8.305 beziehungsweise 9.857 Euro pro Monat vergütet werden. Dass dazu dann noch nette Pensionen winken, sei nur nebenbei erwähnt.

Die Bild hat damals über eine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion berichtet, aus der hervorging, dass Bundeswirtschaftsminister Altmaier (CDU) allein 18 dieser neuen Stellen geschaffen hat. Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer und Bildungsministerin Karliczek (CDU) haben jeweils 11 neue Stellen geschaffen. Justizministerin Lambrecht (SPD) hat zehn neue Top-Stellen erschaffen und Finanzminister Scholz (SPD) immerhin sieben.

Aber das ist noch nicht alles, denn ein paar Tage später berichtete die Bild auch noch:

„Außerdem gibt es zahlreiche Beförderungen. Seit Januar erhielten insgesamt 129 Beamte, die bisher mind. mit A15 besoldet wurden (ab 5670 Euro/Monat) eine höhere Position. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum waren es mit 63 Beförderungen nicht mal halb so viele!“

Die Regierung scheint in den Monaten vor der Wahl vor allem damit beschäftigt zu sein, ihre treuesten Leute mit Geld für ihre Loyalität zu belohnen, aber der Aufschrei angesichts eines solchen Filzes und einer solchen Vetternwirtschaft in der Regierung hält sich in den „Qualitätsmedien“ in sehr engen Grenzen.

Bloß keine kritische Berichterstattung!

Wir wissen ja, wie deutlich die Medien etwas kritisieren können, wenn es ihnen nicht gefällt. Wenn es gegen Rechte (Afd) oder Linke (Die Linke) Politiker geht, dann sind die Artikel der Medien mehr als deutlich. Gleiches gilt für die Außenpolitik, bei der die Medien die gewollte Botschaft schon in ihren Formulierungen verbeiten, indem sie Lukaschenko als „Machthaber“, Putin als „Autokrat“ und Assad als „Schlächter“ bezeichnen. Die „Qualitätsmedien“ halten mit ihrer Meinung nicht hinter dem Berg, wenn ihnen eine Thema wichtig ist.

Daher ist es vielsagend, dass sie zur ständig wiederkehrenden Operation Abendsonne praktisch keine Kritik äußern. Formulierungen wie „Selbstbedienungsladen“, „Filz“, „Vetternwirtschaft“ oder ähnliche sucht man vergebens. Stattdessen hat der Spiegel Anfang Mai nach den Berichten der Bild-Zeitung einen sehr neutral gehaltenen und nur vier Absätze kurzen Artikel geschrieben, in dem er den Bund der Steuerzahler Kritik üben ließ und in dem ein FDP-Politiker meckern durfte.

Was der Spiegel-Leser dabei nicht erfahren hat, ist die Tatsache, dass diese massenhafte Schaffung von Stellen aus dem Nichts und die Massenbeförderungen kurz vor Wahlen nichts Besonderes in Deutschland sind. Sie sind so normal, dass es dafür sogar den Begriff „Operation Abendsonne“ gibt. Und das wissen die „Qualitätsmedien“ auch alle, denn sie berichten bei jeder Wahl verschämt in kurzen Artikeln darüber. Dabei gilt das Motto, dass die Medien ja berichtet haben, man kann ihnen also nicht vorwerfen, das verheimlicht zu haben, aber sie berichten eben nur kurz und vergessen das heikle Thema der politischen Selbstbedienung in Deutschland dann schnell wieder.

Die Verlogenheit eines Herrn Altmaier

Fast schon lustig ist, wie verlogen Herr Altmaier sich dabei 2017 verhalten hat und wie fröhlich der Spiegel das damals positiv dargestellt hat. Die Operation Abendsonne hat – wie alle Jahre wieder – auch vor der Bundestagswahl 2017 stattgefunden. Als dann nach der Wahl die schwierigen Koalitionsgespräche anstanden und die SPD Gefahr lief, aus der Regierung zu fliegen, da stand die Befürchtung im Raum, die nach der Wahl noch amtierenden SPD-Minister könnten während der Verhandlungen über die Jamaika-Koalition (die dann bekanntlich gescheitert sind) in einer Art Abendsonne 2.0 schnell noch mehr treue Mitarbeiter in ihren Ministerien platzieren.

Das gefiel Altmaier nicht, der damals noch Merkels Kanzleramtschef war. Der Spiegel berichtete daher im Oktober 2017:

„Bei einem Regierungswechsel versorgen die Parteien oft auf den letzten Drücker Vertraute in den Ministerien noch mit schönen Posten. In Berlin ist diese Gepflogenheit unter dem Stichwort „Operation Abendsonne“ bekannt. Das Kanzleramt will nun pünktlich zum Beginn der Jamaika-Koalitionsgespräche solche Last-minute-Beförderungen oder organisatorische Weichenstellungen in den bisherigen Ministerien unterbinden. Das geht aus einem Schreiben von Kanzleramtsminister Peter Altmaier (CDU) an die amtierenden Bundesminister hervor. (…) Entscheidungen der neuen Regierung sollen also nicht durch die alte vorweggenommen werden.“

Das ist toll, oder? Der Minister, der 2021 im Zuge der Operation Abendsonne seine Mitarbeiter am fleißigsten mit Posten und Geld auf Kosten der Steuerzahler beschenkt hat, hat sich 2017 noch gegen die Operation Abendsonne ausgesprochen. Kann man die Wähler eigentlich noch offener verar***en?

Aber das macht nichts, denn „Qualitätsmedien“ wie der Spiegel erinnern sich nun einmal nur selektiv an das, was sie früher geschrieben haben. Und die Leser müssen ja nun auch wirklich nicht alles erfahren, oder? Und schon gar nicht kurz vor der Wahl. Am Ende machen die bei der Wahl noch ihr Kreuz an der falschen Stelle…

Noch verlogener: Die FDP

In den wenigen Medienberichten über die Operation Abendsonne 2021 wird natürlich die Opposition ausführlich zitiert, die ganz entrüstet ist und sogar mal von „Stellen-Klüngelei“ sprechen darf. Das klingt gut und es suggeriert dem Leser, dass da jemand ganz doll kritisch ist. Leider ist das nicht so, denn auch die heutigen Oppositionsparteien, die sich nun kamerawirksam aufregen, haben vor ihrem Ausscheiden aus Regierungen fleißig die Abendsonne genossen.

Besonders die FDP tut sich bei der derzeitigen Kritik an der Abendsonne hervor, weil die Partei sich bekanntlich als Beschützerin der Steuerzahler aufspielt. Dabei ist die FDP keinen Deut besser, wie wir 2013 sehen konnten, als die FDP nicht nur aus der Regierung, sondern auch gleich aus dem Bundestag geflogen ist. Damals schrieb n-tv zum Beispiel über das damals von FDP-Chef Philipp Rösler geleitete Wirtschaftsministerium:

„Die „Bild“-Zeitung berichtet von zehn Mitarbeitern, die im Wirtschaftsministerium „Spitzenjobs“ für sich beanspruchten. So bekämen der Büro- und der Planungsstabschef des einstigen Fraktionschefs Rainer Brüderle einen Posten als Unterabteilungsleiter im Wirtschaftsministerium. Vier Mitarbeiter würden zudem Referatsleiter. Das sorgt im Ministerium für Unmut – die „Operation Abendsonne“ dürfte Karriereplanungen langjähriger Beamter durchkreuzen.“

Wenn man plötzlich Angst um den Ministerposten bekommt

Ein besonders leuchtendes Beispiel für Inkompetenz in der Bundesregierung ist Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer, eine Zusammenfassung ihrer „Glanzleistungen“ finden Sie hier. Die Dame scheint aber trotzdem von CDU-Kandidat Laschet eine ziemlich sichere Zusage bekommen zu haben, im Falle eines Wahlsieges im Amt bleiben zu dürfen.

Nun ist das Problem bekanntermaßen, dass man inzwischen auch bei der CDU davon auszugehen scheint, dass die CDU die Wahl verliert und dass es dann nichts mehr wird mit einer weiteren Amtszeit für AKK. Das hat auch AKK nun begriffen, denn sie hat jetzt, gerade mal drei Wochen vor der Wahl, noch schnell eine weitere Stelle geschaffen. Der Spiegel schreibt dazu:

„Die Personalie Lange sorgt im Wehrressort seit Tagen für Gerede. Kramp-Karrenbauer hatte den Polit-Berater bei ihrem Amtsantritt mit einem auf zwei Jahre befristeten Arbeitsvertrag mit einem Grundgehalt von rund 10.000 Euro (Besoldungsstufe B6) und einer persönlichen Zulage von noch mal gut 1200 Euro monatlich installiert. Die Befristung, so der damalige Arbeitsvertrag, sollte »zur Erprobung des Beschäftigten« dienen.
Dass der Vertrag nun, nur wenige Wochen vor der Bundestagswahl, entfristet wurde, sichert Lange eine dauerhafte Position. (…) Im Haus sorgt dies für Kopfschütteln, da Lange einzig wegen seiner engen Verbindung zu AKK ins Haus kam. Seitdem hat er sich im Apparat und unter den Verteidigungspolitikern viele Feinde gemacht.“

Der Spiegel klingt hier zwar durchaus kritisch, aber das ist Fassade. Wäre der Spiegel wirklich kritisch, hätte er schon vor zwei Jahren kritisch fragen müssen, wie es eigentlich sein kann, dass ein „zur Erprobung“ eingestellter Mitarbeiter eine Probezeit von zwei Jahren und ein so astronomisches Gehalt bekommt.

Die einzig gute Nachricht bei all dem ist, dass uns eine weitere Amtszeit von AKK anscheinend erspart bleibt. Das scheint sie akzeptiert zu haben, weshalb sie ihren Kumpel nun fest im Verteidigungsministerium untergebracht hat, denn nach der Wahl dürfte die Frau in der Versenkung verschwinden und keine neuen Jobs für ihren langjährigen Kofferträger mehr zu vergeben haben. Aber wenn man sich anschaut, wer bei den anderen Parteien mit den Hufen scharrt, sollte man sich selbst angesichts dieser guten Nachricht eine allzu große Freude verkneifen.

Wenn leitende Positionen in Ministerien mit (oft) fachfremden Politikern besetzt werden, müssen wir uns über die haarsträubenden und inkompetenten Entscheidungen der Regierung nicht wundern, zumal auch die Minister selbst meist keine Ahnung von den Ressorts haben, für die sie verantwortlich sind. Warum das so ist habe ich in meinem neuen Buch „Abhängig beschäftigt“ aufgezeigt.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

2 Antworten

  1. Danke, Herr Röper, jedoch lesen hier wahrscheinlich nur Leute, die eh mit dem BRD-System „fertig“ sind. Die Medien verschweigen oder berichten nur kurz, Sie hatten z.B. Gelegenheit zu schreiben, als Beust deutsche Bettler aus der Innenstadt verjagte, den betrügenden albanischen Hütchenspielerclan Osmani und Zigeunerbanden in der Mönckebergstraße schalten und walten ließ. Ein Jahrzehnt später berichteten sie ganz kurz über die Netzwerke des inzwischen durch Immobiliengeschafte und im Rotlichtviertel zu Wohlstand gekommenen Clans mit dem HH Senat. Dann kam die große Stille. Auch der Sachsensumpf versiegte und wurde nicht trockengelegt.
    Die Mafia wird ja auch durch Geld zusammengehalten. Warum sollte es bei Politik und Medien anders laufen?
    Außerdem: Braucht ein zusammengeschnipseltes Land wie die BRD einen Bundestag von über 700 untätigen Pfeifen, die mit ihren sinnlosen Worthülsen jeden zum Einschalfen bringen, allen voran der Hosenanzug?

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