Lawrow

„Wir können uns nicht auf die Launen des Westens und darauf, mit welchem Fuß er morgens aufsteht, verlassen“

Der russische Außenminister Lawrow hat sich bei einem Arbeitsbesuche in Kasachstan zum Verhältnis zum Westen geäußert. Seine Wortwahl zeigt, wie genervt man inzwischen in Moskau über den Strom der nicht abreißenden und nie durch irgendetwas belegten Vorwürfe aus dem Westen ist.

In Moskau nimmt man den Westen immer weniger ernst und auch Gesprächsangebote werden kaum noch ernst genommen, weil Wort und Tat in den Beziehungen zu Russland beim Westen immer weiter auseinandergehen. Nur ein Bespiel: Der Westen fordert die Einhaltung des Minsker Abkommens, stimmt dann aber bei der OSZE gegen eine Resolution, sich an das Abkommen zu halten. Solche Beispiele gibt es inzwischen massenhaft.

In den USA wird derzeit diskutiert, ob man die einseitige Kündigung des Open-Skies-Vertrages wieder zurücknehmen sollte. Auf die Frage eines Journalisten zur Zukunft des Vertrages hat Lawrow geantwortet und sich dabei auch insgesamt zum Verhalten des Westens geäußert. Das russische Fernsehen hat über Lawrows Antwort berichtet und ich habe den Bericht des russischen Fernsehens übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Russland hat noch keine offizielle Mitteilung über die US-Position zum Open-Skies-Vertrag erhalten. Während eines Arbeitsbesuches in Kasachstan erklärte der russische Außenminister Lawrow, er habe keine diplomatische Note gesehen, obwohl Moskau offiziell vor dem Rückzug aus diesem Abkommen gewarnt hat.

Der Minister stellte fest, dass Washingtons Aussagen über die Bereitschaft, berechenbare Beziehungen zu Moskau aufzubauen, nicht überzeugend klingen, Russland wartet auf Taten. Und in den Vereinigten Staaten selbst sind werden derartige Schritte des Weißen Hauses zunehmend irritiert aufgenommen.

Auf der Pressekonferenz nach den Gesprächen mit dem kasachischen Außenminister Mukhtar Tleuberdi sagte Sergej Lawrow, dass die USA und ihre Verbündeten unzuverlässige Partner seien, Moskau könne sich nicht auf ihre Launen verlassen.

„Wir können uns nicht auf ihre Launen verlassen und darauf, mit welchem Fuß sie morgens aufstehen“, sagte der russische Außenminister.

Zudem bezeichnete der Minister Washingtons Linie gegenüber Moskau als dumm.

„Selbst eine so Pro-Washington ausgerichtete Struktur wie das Atlantic Councel hat Dokumente veröffentlicht, die die absolut festgefahrene, und vielleicht sogar dumme, US-Linie gegenüber Russland kritisieren, die aus Sicht der amerikanischen Ziele keine der Ergebnisse erzielen, die bei der Verhängung von Sanktionen verkündet wurden“, sagte Lawrow.

Zuvor hatten Medien berichtet, dass die Regierung von Joe Biden die Möglichkeit der Ausweisung russischer Diplomaten und der Verhängung neuer Sanktionen als Reaktion auf Hackerangriffe und angebliche Einmischungen in die Wahl, der die USA Russland beschuldigen, prüft. Moskau hat die Anschuldigungen wiederholt zurückgewiesen und sie als unbegründet bezeichnet.

Außerdem begann Washington über die Eskalation der „russischen Aggression“ und die Bewegung russischer Truppen auf der Halbinsel Krim und an der Ostgrenze der Ukraine zu sprechen.

Zuvor hatten die USA von Russland Erklärungen über die angenommenen Truppenbewegungen gefordert und ihre Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Der russische Vizeaußenminister Sergej Rjabkow erklärte, die US-Seite habe in der vergangenen Woche Erklärungen erhalten. Er fügte hinzu, dass Russland im von den USA vorgegebenen „Ton und Perspektiven“ keinen Dialog führen werde und Washington mit den bereits erhaltenen Informationen zufrieden sein müsse.

Ende der Übersetzung

Nach Lawrows Aussagen habe Journalisten im Kreml nach einer Reaktion darauf gebeten. Kremlsprecher Peskow sagte dazu, die Unberechenbarkeit und Aggressivität der US-Politik gegenüber Russland erlaubt es, praktisch jede Formulierung zu verwenden, um die amerikanischen Handlungen zu beschreiben, und der sagte weiter:

„Der Minister formuliert wie immer treffend.“

Nachtrag: Nachdem ich diesen Artikel geschrieben habe, hat der EU-Botschafter in Russland eine wichtigen Erklärung abgegeben. Er hat gesagt, dass Brüssel 2014 „die Kontakte und Verbindungen zu Russland nicht ohne Grund abgebrochen“ habe.

Das ist deshalb bemerkenswert, weil die EU immer behauptet, Russland sei nicht gesprächsbereit, dabei ist das Gegenteil der Fall. Russland sucht Gespräche mit dem Westen, aber der Westen lehnt sie ab. Das hat der EU-Botschafter in Moskau nun bestätigt.

Russlands Außenminister Lawrow hatte vorher gesagt, Russland sei an einem Aufbau der Beziehungen zur EU interessiert, man wolle aber „nicht an verschlossene Türen klopfen.“

In den westlichen Medien klingt das immer anders…


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

4 Antworten

  1. Nachdem die russische Regierung lange Zeit so getan hat als könnte man mit ihr machen was man will, findet sie nun wie aus heiterem Himmel bissige Worte und verlegt Truppen an die Westgrenze. Genau diese Taktik habe ich erwartet. Nun stehen die NATO-Schergen da und kauen an ihren Fingernägeln. 😅

  2. OT. Lieber Herr Röper, ich komme garnicht mehr nach mit dem Lesen, muss schon fast einen Nachtschicht einlegen.
    Zum Thema Ukraine kann ich ihnen aus meiner Nachbarschaft, Краснодарский Край, bestätigen, dass die Russen sich nicht die Butter vom Brot nehmen lassen. Schon garnicht von den Amis. Ihre Brüder in der Ukraine vergessen sie nicht.

  3. So wie sich Josep Borell, Ursula von der Leychen, Charles Michel und Co. benehmen, ist es ohnehin beeindruckend und zeugt von diplomatischer Größe wie sich Russland verhält. Russland reicht uns regelmäßig die Hand, aber wir schlagen sie aus. Es ist höchste Zeit, dass wir Europäer aus dem Schatten der USA treten und lernen wieder selbst zu denken.

  4. Dank dem Antispiegel – Link von Herrn Müller in einem Bericht auf Infosperber fand ich Ihre ausgezeichneten Artikel hier. Sie beide überzeugen Ihre Leser mit Herz, Verstand und Wissen über Fakten aus Russland und der Welt. Dafür bin ich Ihnen sehr dankbar🎯.

    Dmitri Trenin, Direktor des «Carnegie Center Moscow», warnt: «Fasten Your Seatbelt!» © Carnegie Center Moscow

    Von Christian Müller / 18.03.2021 Beobachter warnen: Der Westen provoziert, Russland wird antworten. Bidens «Putin ist ein Mörder» ist mehr als nur Provokation.
    Auch in der internationalen Politik gibt es Spielregeln: Kritisiert werden dürfen Länder, Regierungen und Organisationen, aber keine Staats- oder Regierungschefs persönlich. Emmanuel Macron zum Beispiel weiss das. Seine Aussage «Die NATO ist hirntot» war eine sehr, sehr harte Kritik, aber sie richtete sich gegen die Organisation. «Jens Stoltenberg ist hirntot» (Stoltenberg ist der Generalsekretär der NATO) wäre ein Tabubruch gewesen – und damit undenkbar.

    Es blieb dem neuen US-Präsidenten Joe Biden vorbehalten, diesen Tabubruch am Mittwoch vor Tausenden von Zuschauern zu vollziehen. Auf dem US-Fernsehsender «ABC» beantwortete er die Frage des Moderators, ob er Putin für einen Mörder halte: «Ja, das tue ich». Und er kündigte an, Russland werde für die von US-amerikanischen Geheimdiensten behauptete – «von Putin bewilligte» – Beeinflussung der US-Wahlen bezahlen müssen.

    Düstere Prognosen bestätigt
    Dmitri Trenin, der Direktor des «Carnegie Moscow Center», eines aus US-Stiftungsgeldern finanziertes und der internationalen Friedensförderung verpflichtetes Institut, hat einer Infosperber-Nachfrage Folge geleistet und am 21. Februar 2021 folgende Beurteilung der gegenwärtigen geopolitischen Spannungen zwischen dem Westen und Russland abgegeben:

    – Die Ankunft von Joe Biden und den Demokraten im Weissen Haus bedeutet mehr und gezielteren Druck der USA auf Russland und Putin persönlich sowie ein viel stärkeres Engagement der USA, in der russischen Innenpolitik und in Russlands unmittelbarer Nachbarschaft mitzumischen.

    – Die deutschen Vorwürfe, Russland habe Nawalny vergiftet, markierten im vergangenen Herbst das Ende der besonderen Beziehungen zwischen Berlin und Moskau. Parallel dazu haben sich auch die Beziehungen zu Paris verschlechtert.

    – Während Biden eine gemeinsame Front von Verbündeten aufbaut, um Russland einzudämmen, ähneln die Beziehungen zwischen Russland und Europa zunehmend denen zu den USA. Entfremdung und Distanzierung schlagen um in Konfrontation.

    – Russland sieht Brüssel als im Wesentlichen träge; Deutschland, wie es sich der US-Führung wieder willig unterstellt und Polen über die Schulter schaut; und Frankreich, wie es mit grossen, aber leeren Worten seine Nostalgie nach verlorener Grösse befriedigt.

    – Für den Kreml ist die westliche Unterstützung für Nawalny gleichbedeutend mit Versuchen, Russland zu destabilisieren, sich in den laufenden politischen Übergang einzumischen und seine Souveränität zu untergraben. Er ist darauf vorbereitet, hart zurückzuschlagen.

    – Wie hart, wird von den westlichen Aktionen abhängen. Wie bissig werden die neuen Sanktionen sein? Wie gross wird die Unterstützung für antisystemische Kräfte innerhalb Russlands sein? Wie viel Spielraum wird Kiew bekommen? Wie weit wird der Westen bei der Unterstützung der belarussischen Opposition gehen? Wird Transnistrien in ein umgekehrtes West-Berlin verwandelt werden? Werden die Ukraine, Georgien und Moldawien ermutigt werden, mit Unterstützung der USA und der NATO einen Pakt gegen Russland zu schliessen?

    – Die Bandbreite und Intensität möglicher Reaktionen ist recht gross. Der Kreml erwägt verschiedene Optionen. Er wird nicht voreilig handeln, aber er kann schnell und asymmetrisch agieren und versuchen, den Gegnern in den Rücken zu fallen.

    – In jedem Fall ist eine stärkere wirtschaftliche und sicherheitspolitische Verflechtung mit Belarus wahrscheinlich.

    – Da das Minsk-2-Abkommen ins Stocken geraten ist und das Normandie-Format aufgrund der offensichtlichen Unwilligkeit der Ukraine, ihre Verpflichtungen zu erfüllen, und aufgrund der vollen Unterstützung Deutschlands und Frankreichs für alles, was Kiew tut, nicht funktioniert, wird der Donbass schrittweise enger mit Russland integriert werden.

    – Ein ukrainisch-westlicher Versuch, die Bedingungen von Minsk zu ändern oder das Normandie-Format um die USA, Grossbritannien und andere westliche Länder zu erweitern, wird abgelehnt werden. Wenn Minsk-2 von der Ukraine und ihren Unterstützern formell aufgegeben wird, wird die Möglichkeit eines Krieges in der Ukraine stark zunehmen.

    – Moskau wird in Transnistrien nicht nachgeben. Notfalls ist es entschlossen, trotz einer möglichen Blockade die Transportverbindungen mit seiner Garnison aufrechtzuerhalten.

    – Innenpolitisch wird der Kreml härter gegen vom Westen unterstützte und geleitete Oppositionsgruppen vorgehen.

    – Russland wird die Entwicklung seiner eigenen Internetprovinz, des Runet, vorantreiben.

    – Moskaus wirtschaftliche, technologische und sicherheitspolitische Beziehungen zu Peking werden wachsen, um die sich rapide verschlechternden Beziehungen zu Europa zu kompensieren.

    – Es ist logisch zu erwarten, dass das angegriffene Russland mit antisystemischen Kräften in den USA und Europa zusammenarbeitet.

    – Russlands Antwort hat bereits einen Namen: aktive Eindämmung (containment) der Vereinigten Staaten.

    Jeden Tag wird sichtbarer, wie recht Dmitri Trenin hat, wenn er vor einer Eskalation der West-Ost-Spannungen warnt. Schon vor Monatsfrist hat das «Carnegie Moscow Center» eine kurze Rede von Dmitri Trenin als Video publiziert. Trenins Schlusswort und Warnung: «Fasten Your Seatbelt»: Hier anklicken, um das Video zu sehen, es dauert nur zwei Minuten.

    Ob auch die Schweizer Medien das verstehen? Radio SRF erwähnte am Abend des Geschehens den Tabubruch Joe Bidens mit keinem Wort. Die NZZ erwähnte Bidens Interview in der gestrigen Ausgabe in einer 18-zeiligen Agentur-Meldung. Etliche grosse deutsche Zeitungen waren da aufmerksamer. Selbst die «Süddeutsche Zeitung», die nicht in Verdacht steht, besonders Russland-freundlich zu sein, brachte dazu einen längeren Bericht ihres Korrespondenten Hubert Wetzel. Etwas totzuschweigen, um es ungeschehen zu machen, ist im Zeitalter des Internets kaum noch eine erfolgreiche Methode.

    Wer am Mittwochabend allerdings das russische Fernsehen verfolgt hat, weiss, wie dort Joe Bidens Tabubruch angekommen ist: als massive Beleidigung ganz Russlands. Auch in Russland weiss man ja sehr genau, dass kein anderes Land seit dem Ende des Kalten Krieges mehr Kriegstote zu verantworten hat als die USA – auch und nicht zuletzt unter dem demokratischen Präsidenten und Friedensnobelpreisträger Barack Obama, dessen Vizepräsident Joe Biden von 2009 bis 2017 war.

    Russland hat denn auch seinen Botschafter aus Washington zurückgerufen – mehr als ein deutliches Signal. «Fasten Your Seatbelt!»

    PS: Gestern Donnerstagabend reagierte Putin auch selber – in jeder Hinsicht überlegen. Er wünschte Joe Biden gute Gesundheit (wissend, dass Joe Biden altersbedingt immer öfter mentale Aussetzer hat), und er offerierte Joe Biden, heute Freitag oder am Montag ein Telefongespräch abzuhalten, das von allen Russinnen und Russen und allen Amerikanerinnen und und Amerikanern online (!) mitgehört werden kann. Eine Antwort Joe Bidens steht bis zur Stunde noch aus.

    Themenbezogene Interessenbindung der Autorin/des Autors
    Keine. Zum Autor deutsch und englisch. Die Übersetzung des Textes von Dmitri Trenin besorgte Christian Müller.

    https://www.infosperber.ch/politik/__trashed-271__trashed/

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