Streit und WTO-Klage

Die Reaktionen auf die Aufhebung des Embargos auf ukrainisches Getreide durch die EU

Die EU hat das Embargo für ukrainische Getreideimporte aufgehoben. Einige osteuropäische Staaten haben sich dem offen widersetzt, während Kiew nun seine Geldgeber verklagt.

Ich habe bereits darüber berichtet, dass die EU das Embargo für ukrainische Getreideimporte aufgehoben hat, woraufhin Polen, Ungarn, die Slowakei und Rumänien eigene Embargos für ukrainisches Getreide verhängt haben, weil ihre Märkte von dem ukrainischen Getreide buchstäblich überschwemmt wurden, was die Preise in den Ländern so weit gesenkt hat, dass die dortigen Landwirte nicht mehr kostendeckend arbeiten können. Da in der EU eigentlich Brüssel für den Binnenmarkt zuständig ist, haben die osteuropäischen Staaten damit gegen EU-Recht verstoßen.

Während die Brüssel darum bemüht ist, lauten Streit deswegen zu vermeiden, hat Kiew mit seinen üblichen Rüpeleien reagiert und umgehend angekündigt, die osteuropäischen Staaten vor den WTO zu verklagen. Das ist eine bemerkenswerte Reaktion, wenn man bedenkt, dass Kiew von seinen westlichen Sponsoren abhängig ist und diese nun selbst verklagt. Die vielbeschworene Einigkeit im Westen schmilzt immer weiter dahin.

Die russische Nachrichtenagentur TASS hat die Reaktionen auf die Entwicklungen zusammengefasst und ich habe den TASS-Artikel übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

Polen, Ungarn und die Slowakei protestieren: Die Reaktionen in der EU auf die Aufhebung des Embargos für ukrainisches Getreide

Die EU-Kommission hat sich geweigert, das Embargo für ukrainisches Getreide nach dem 15. September zu verlängern. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung kündigten Ungarn, die Slowakei und Polen Importverbote für ukrainische Agrarprodukte auf nationaler Ebene an. Auch der rumänische Ministerpräsident erklärte, den Import von ukrainischem Getreide für 30 Tage zu verbieten.

Im Gegenzug hat Kiew damit begonnen, bei der Welthandelsorganisation (WTO) eine Klage gegen Budapest, Bratislava und Warschau einzureichen.

Die TASS hat die wichtigsten Informationen über die Aufhebung des Embargos gegen ukrainisches Getreide zusammengestellt.

Die Aufhebung des Embargos

Im April untersagten Bulgarien, Ungarn, Polen, Rumänien und die Slowakei den Import von Getreide und anderen landwirtschaftlichen Produkten aus der Ukraine. Später hoben sie diese Beschränkungen auf, nachdem die EU-Kommission beschlossen hatte, ein Embargo für Weizen, Mais, Raps und Sonnenblumenkerne aus der Ukraine zunächst bis zum 5. Juni und dann bis zum 15. September zu verhängen. Im Juli forderten die fünf Länder die EU-Kommission auf, das Importverbot für ukrainisches Getreide bis Ende des Jahres zu verlängern, wobei sie darauf hinwiesen, dass es auf die traditionellen Märkte in Asien und Afrika gehen sollte. Im August warnte Ungarn, dass es andernfalls nicht nur das Getreideembargo aufrechterhalten, sondern es auch auf weitere 20 landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine ausweiten würde.

Am 15. September beschloss die EU-Kommission jedoch, das Embargo für Getreide und andere landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine nicht zu verlängern. Stattdessen forderte die EU-Kommission von Kiew einen Aktionsplan, um Marktverzerrungen in der EU zu verhindern.

Ungarn

Budapest verhängte ein Importverbot für 24 landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine, darunter Weizen, Roggen, Mais, Raps, Sonnenblumenkerne und Pflanzenöl, Getreide sowie Fleisch und verarbeitete Fleischprodukte, verschiedene Gemüse, Eier und Honig. Gleichzeitig ist der Transit von ukrainischen landwirtschaftlichen Produkten durch das ungarische Territorium nach wie vor erlaubt, aber für den Transport jeder einzelnen Ladung innerhalb des Landes werden nicht mehr als 15 Tage gewährt.

Der ungarische Landwirtschaftsminister Istvan Nagy versicherte, dass die ungarische Regierung die Interessen der Landwirte, die von der Lieferung ukrainischen Getreides zu Dumpingpreisen betroffen sind, weiterhin schützen werde. Er wies darauf hin, dass es nicht das Ziel Kiews sei, Getreide an Länder der Dritten Welt zu verkaufen, sondern dass die ukrainischen Agrarunternehmen nun danach strebten, den europäischen Markt zu dominieren. Außerdem müssen ukrainische Agrarprodukte nicht die gleichen strengen Anforderungen erfüllen wie die in der EU produzierten.

Nagy wies darauf hin, dass Ungarn nicht nur ein Importverbot für Getreide, sondern auch für 20 andere landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine verhängt hat, weil „in anderen Sektoren ähnliche Probleme wie das ukrainische Getreidedumping aufgetreten sind“. Budapest bot an, den Transport des ukrainischen Getreides über europäisches Territorium durch gemeinsame Anstrengungen der EU zu subventionieren, damit es die Region verlassen und die traditionellen Märkte erreichen kann. Nagy betonte, dass „Getreide kein Instrument des Krieges sein kann“. Ihm zufolge ist es wichtig, „dass Getreide trotz der Blockade der Schwarzmeerhäfen dorthin geliefert wird, wo es eine Quelle des Lebens sein sollte“.

Polen

Die polnische Regierung hat das Verbot von Getreideeinfuhren aus der Ukraine verlängert, wobei der Transit von Getreide aus der Ukraine in Drittländer davon nicht betroffen ist. Der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki sagte zu dieser Situation, Warschau werde „nicht auf Berlin und Brüssel hören“ und beabsichtige, „im Interesse der polnischen Landwirte“ zu handeln.

Slowakei

Die Slowakei hat sich dem Importverbot für ukrainisches Getreide angeschlossen. Wie das slowakische Fernsehen berichtete, sei Bratislava verpflichtet, Arbeitsplätze für seine Landwirte zu schaffen, deren hochwertige Erzeugnisse mit dem billigen ukrainischen Getreide konkurrieren. Außerdem wurden in einigen Ladungen von Produkten aus der Ukraine, die früher in die Slowakei eingeführt wurden, gesundheitsschädliche Stoffe entdeckt.

Bulgarien

Das bulgarische Parlament hat beschlossen, Getreideimporte aus der Ukraine zuzulassen, und diese Initiative wurde von der Regierung unterstützt. Ministerpräsident Nikolaj Denkow erklärte, die Regierung sei zu einem Dialog mit den Landwirten bereit, doch die Landwirte lehnten die Einladung zu Gesprächen ab und stellten ein Ultimatum, drohten mit einer Blockade und forderten ein Verbot von Getreidelieferungen aus der Ukraine. Denkow zufolge ist das Hauptproblem, um das es den Demonstranten geht, bereits gelöst: Mit der Ukraine wurde eine Vereinbarung getroffen, wonach sie Exportbeschränkungen für bestimmte Produkte verhängen wird, um den Landwirten im jeweiligen Land keine Probleme zu bereiten.

Am Montag begannen die bulgarischen Landwirte mit Massenprotesten – schwere Maschinen, darunter Traktoren und Mähdrescher, gingen auf die Straße. An 47 Orten im ganzen Land wurde der Verkehr für mindestens eine Stunde blockiert. Für den 19. September ist eine groß angelegte Aktion in Sofia geplant.

Rumänien

Der rumänische Ministerpräsident Marcel Ciolacu erklärte, er sei bereit, einen 30-tägigen Importstopp für ukrainisches Getreide zu verhängen, falls aus Kiew Anfragen für Exporte nach Rumänien kämen. Ihm zufolge wurde bisher „kein einziges Kilogramm Weizen oder anderes [Getreide] nach Rumänien eingeführt“.

Klage bei der Welthandelsorganisation

Kiew hat damit begonnen, bei der Welthandelsorganisation eine Klage gegen Ungarn, Polen und die Slowakei einzureichen, weil das Importverbot für ukrainisches Getreide entgegen der Entscheidung der EU-Kommission verlängert wurde. Der stellvertretende Wirtschaftsminister Taras Katschka erklärte, Kiew sei gezwungen, auf das Vorgehen Warschaus zu reagieren und ein Importverbot für Gemüse und Obst aus Polen zu verhängen. Er bezeichnete das Vorgehen Ungarns, das das Handelsembargo auf 25 ukrainische Agrarprodukte ausweitete, als „politische Erklärung“ und „Ignoranz gegenüber Brüssel“.

Als Reaktion auf die Drohungen Kiews beschlossen Ungarn, Polen und die Slowakei, sich nicht mehr an der Koordinierungsplattform mit der EU-Kommission zu Getreidefragen zu beteiligen.

Internationale Reaktionen

Die EU-Kommission diskutierte am Montag mit der Ukraine über den Aktionsplan, den Kiew zur Vermeidung von Versorgungsschwierigkeiten bei Getreide ergreifen sollte.

Die Polnische Presseagentur (PPA) zitierte Quellen und sagte, Kiew habe Vorschläge für Getreideimporte vorgelegt, die ein „System von Exportgenehmigungen“ beinhalteten, aber das habe Polen und den Nachbarländern nicht gefallen.

Miriam Garcia Ferrer, die Sprecherin der EU-Kommission, sagte zu der Entscheidung einiger EU-Länder, ein einseitiges Verbot von Getreideexporten aus der Ukraine zu verhängen, dass Brüssel die Situation noch analysiere.

Cem Özdemir, der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, vertrat die Ansicht, dass das von Budapest, Bratislava und Warschau verhängte Verbot nicht mit EU-Recht vereinbar sei.

Der spanische Landwirtschaftsminister Luis Planas äußerte eine ähnliche Meinung. Ihm zufolge sind die Entscheidungen Ungarns, der Slowakei und Polens nicht nur ein Fehler, sondern widersprechen auch „den Gesetzen der Union und den Prinzipien des Binnenmarktes“.

Vor dem Hintergrund der aktuellen Situation kündigte Frankreich an, dem UN-Welternährungsprogramm 40 Millionen Euro für den Export von Getreide aus der Ukraine nach Nigeria und in den Sudan zur Verfügung stellen zu wollen.

Ende der Übersetzung


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

4 Antworten

  1. Ich glaube, ich habe bis jetzt etwas falsch verstanden…
    Ich habe immer davon abgesehen, meine Nachbarn zu verklagen, weil ich keinen Streit mit ihnen wollte – aber jetzt sehe ich, dass das gar keinen Streit gibt, wenn Selenskyj seine Nachbarn verklagt, werden sie nicht etwa wütend, sondern schenken ihn Panzer und Kampfflugzeuge, und fordern ihre Freunde auf, ihm Atombomben zu schenken.

    Von nun an werde ich dann wohl auch meine

    1. Nachbarn verklagen, z.B. wenn ich mitten in der Nacht aufwache, weil ihr Hund bellt, weil draussen eine Katze vorbei gelaufen ist – oder auch, wenn draussen im der Nacht eine Katze vorbeigelaufen ist, und die Nachbarn die schöne Musik, die mein Hund dann macht, hören konnten, ohne mir dafür eine Streaminggebühr zu bezahlen.

      Ich weiss zwar nicht wirklich, was ich mit einem Panzer anfangen soll, wenn ich ihn von meinem Nachbarn geschenkt bekommen (ausser vielleicht, ihn Putin für die Leopardenjagd zu schenken), aber so eine F-16 wäre nicht schlecht (nicht wegen der Bombenfunktion, aber als Privatjet, um endlich im richtigen Stil zu Diskussionen anzureisen, ob wegen dem CO2 Linienflüge verboten werden sollen, anreisen zu können, ist die bestimmt zu gebrauchen)…

  2. Ach so, jetzt lichtet sich für mich zunehmend der Nebelschleier und ich verstehe dieses „Spiel“ besser. Die amerikanischen oder anderen internationalen Investoren produzieren giftiges Getreide in der Ukraine. Und da sich durch den Verkauf des Getreides in die EU wesentlich mehr Geld verdienen lässt als durch den Verkauf nach Afrika, wird dieses Getreide so massiv in die EU gedrückt. Ich bin mir allerdings sicher, dass diese Aktion noch andere wichtige Wirkungen hat, die ich im Moment noch nicht kenne. So wie ich diese geopolitischen Spiele verstanden habe, geht es immer um Aktionen die multiple Funktionen erfüllen.

  3. Da in der EU eigentlich Brüssel für den Binnenmarkt zuständig ist, haben die osteuropäischen Staaten damit gegen EU-Recht verstoßen. Binnenmarkt ? Ja gehört jetzt die Kokaine schon zum EU Binnenmarkt ? Die sollen mal schön ihr Gen Getreide selbst essen, ich will es nicht !!!

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