Gelbwesten: Radikale oder Freiheitskämpfer: Die Formulierungen der Medien sprechen Bände

Man muss stolz sein, dass es so etwas, wie die Gelbwesten in Europa noch gibt. Es ist eine Bewegung, die anscheinend ohne Führung und Organisation etwas in Bewegung setzt. Es ist gut, dass es noch politisch aktive Menschen gibt, die sich gegen die Obrigkeit auflehnen, wenn diese gegen das Volk regiert.
 
Frankreich wird ja in der (Wirtschafts-) Presse gerne als zu verkrustet angesehen, man müsse dort alles „liberalisieren“. Das schöne Wort „liberalisieren“ bedeutet jedoch immer, dass Sozialstandards gesenkt, der Kündigungsschutz gelockert und Arbeitnehmerrechte beschnitten werden. Diese Maßnahmen sollen dann zu mehr Wohlstand führen.
Das hat noch in keinem Land der Welt funktioniert, es wird aber weiterhin als Losung ausgegeben. In Deutschland sind die Reallöhne in den letzten 30 Jahren praktisch nicht mehr gestiegen, also genau seit dem dieses Rezept der „Liberalisierung“ zur Anwendung kommt. Das hindert aber Medien und Politik nicht daran, diese Formel weiterhin zu propagieren.
 
Stattdessen ist in Deutschland ein großer Niedriglohnsektor entstanden, was die Politik als Erfolg feiert, dabei bedeutet es nichts anderes, als dass immer mehr Menschen von ihrem Lohn nicht mehr leben können. Und dieses „Erfolgsrezept“ möchte Macron nun auf Frankreich übertragen.
 
Nun wird in Europa immer viel von „Solidarität“ gesprochen, auch von „solidarischen Gesellschaften“. Man fragt sich allerdings, wo diese Solidarität ist, wenn Steuern für die Reichsten gesenkt oder abgeschafft werden, während die Belastungen für die Ärmsten immer weiter steigen. Und verstehen Sie mich nicht falsch, ich würde mich nicht als „Linker“ bezeichnen, aber es ist ja eine objektive Tatsache, dass es so gemacht wird und dabei auch noch auf „Solidarität“ verwiesen wird. Rot-Grün unter Schröder hat Unternehmenssteuern gesenkt, Veräußerungsgewinne steuerfrei gestellt und den Spitzensteuersatz gesenkt, gleichzeitig aber mit Hartz 4 einen Kahlschlag bei den Sozialleistungen veranstaltet. Die Deutschen haben dies aber stoisch hingenommen, Protest ist keine deutsche Tugend.
 
Macron macht nun das Gleiche in Frankreich: Zu Jahresbeginn hat der die Vermögenssteuer abgeschafft und zum Jahresende möchte er Steuern für Arme erhöhen, also die Benzinsteuer und andere. Wie geht das zusammen? Glücklicherweise sind die Franzosen keine Deutschen, sie lassen sich so etwas nicht einfach gefallen.
 
Macron gilt in Frankreich inzwischen als „Präsident der Millionäre“. Das darf nicht verwundern, denn er setzt ja nur das um, was er angekündigt hat, man hätte also in Frankreich wissen müssen, was auf einen nach der Wahl Macrons zukommt. Aber wer liest schon Wahlprogramme, wenn die Medien einen mit schönen Bildern und leeren Slogans berieseln?
 
Man muss sich also eher fragen, warum die Franzosen ihn überhaupt gewählt haben. Und in diesem Zusammenhang gibt es viele Fragen. Leider wurden und werden diese Fragen in den Medien nie gestellt. Ich frage mich zum Beispiel, woher Macron eigentlich das Geld und die organisatorische Infrastruktur hatte, um innerhalb eines Jahres eine neue Partei aus dem Nichts zu schaffen und mit ihr sowohl im Parlament die Mehrheit zu holen und auch noch das Präsidentenamt zu gewinnen. Die wenigen Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei der Finanzierung sind schnell im Nirvana der Berichterstattung verschwunden, obwohl es um zweistellige Millionenbeträge ging.
 
Wenn ich aber nun auch nur sage, dass Macron von Goldman-Sachs kommt, dann bin ich ein Verschwörungstheoretiker, dabei ist es ja nur die Wahrheit. Und wie der Zufall es will, macht er eine Politik, die exakt den Wünschen von Goldman-Sachs entspricht, natürlich ist das aber nur ein Zufall. Aber Frankreich ist nicht Deutschland und in Frankreich regt sich nun Widerstand.
 
Die Medien in Deutschland berichten über die Unruhen pflichtschuldig, aber der Schwerpunkt liegt in der Regel auf einigen Krawallmachern, die es bei jeder größeren Demo inzwischen gibt, anstatt auf den Forderungen der Demonstranten. Bestenfalls wird von der Benzinsteuer berichtet. Dass es eine sehr lange Reihe von sozialen Forderungen gibt, wird gerne unterschlagen. Viele dieser Forderungen könnten einem deutschen Leser gut gefallen.
 
Nun berichten die Medien großspurig, dass Macron dem Druck nachgibt, dabei tut er das gar nicht. Er lehnt die Wiedereinführung der gerade erst abgeschafften Vermögenssteuer kategorisch ab und die geplanten Steuererhöhungen möchte er nicht etwa zurücknehmen, sondern nur um sechs Monate verschieben. Er hat wohl die Hoffnung, dass sich der Trubel legt und er eben ein halbes Jahr später das tun kann, was heute landesweit Protest auslöst. Ob seine Rechnung aufgeht, wird sich zeigen.
 
Bisher sieht es nicht so aus, denn dieses „Entgegenkommen“ wird von den Gelbwesten abgelehnt und stattdessen für das Wochenende erneut zu Protesten aufgerufen. Der Spiegel meldete, dass die Regierung landesweit 65.000 Sicherheitskräfte mobilisieren möchte. Und hier beginnen die Probleme, denn nach Meldungen von RT-Deutsch hat die Polizeigewerkschaft VIGI-MI die Polizisten aufgefordert, in einen unbefristeten Streik zu treten und sich am Samstag den Gelbwesten anzuschließen, weil die Forderungen letztlich auch Forderungen der Polizisten selbst seien. Man spricht davon, nicht mehr die Köpfe für die Regierung hinhalten zu wollen. Ich weiß nicht, wie einflussreich diese Gewerkschaft VIGI-MI ist und ob es noch andere Polizeigewerkschaften gibt, aber es ist trotzdem eine interessante Meldung. (Sollte jemand dazu Informationen haben, würde ich mich über eine Email freuen)
 
Es gab ja bereits Meldungen, dass die französische Regierung auch das Militär gegen die Demonstranten einsetzen möchte. Auch die erneute Ausrufung des Ausnahmezustandes war im Gespräch, wurde aber zunächst abgelehnt.
 
Man wird abwarten müssen, ob der Atem der Gelbwesten lang genug ist, um etwas zu bewirken und auch, ob nicht der Staat diese Demos tatsächlich am Ende mit massiver Gewalt unterdrücken wird. Denn das in Frankreich schon unter Präsident Sarkozy propagierte „Erfolgsmodell Deutschland“ zieht nicht, wenn in Deutschland die Reallöhne zwischen 1991 und 2016 um ganze 9% gestiegen sind, die Unternehmensgewinne aber um 76% und das BIP um 98%. Gleichzeitig wurden die Steuern auf die stark steigenden Unternehmensgewinne gesenkt und die Belastungen der „kleinen Leute“ erhöht. Wohin diese Politik der „Liberalisierung“ führt, ist also offensichtlich und man kann verstehen, wenn die Franzosen sich dagegen wehren.
 
Die Schere zwischen Arm und Reich in Deutschland geht inzwischen so weit auseinander, dass die UNO die soziale Situation in Deutschland 2018 ausführlich kritisiert und angeprangert hat, natürlich ohne, dass dies in den deutschen Medien ein Thema gewesen wäre.
 
Umfragen in Frankreich zeigen darüber hinaus, dass die große Mehrheit der Franzosen die Forderungen der Gelbwesten unterstützt, um so mehr bemühen sich die Medien, den Fokus auf die wenigen Krawallmacher zu lenken anstatt auf die Forderungen der Demonstranten. So kann man vielleicht in den Köpfen der Menschen eine unterbewusste Verbindung zwischen Gelbwesten und Krawall herstellen, die dann in der Folge die Zustimmung zu den Gelbwesten verringern kann.
 
Besonders deutlich wird das, wenn man vergleicht, wie über Proteste in anderen Ländern berichtet wird. Wenn sich das Volk in Ländern wie Venezuela oder Russland (oder seinerzeit in der Ukraine) gegen eine dem Westen nicht gefügige Regierung auflehnt, sind die Krawallmacher plötzlich „Freiheitskämpfer“ und „Aktivisten“, in Frankreich sind es „Radikale“ oder „Autonome“. So billig diese Art der Meinungsmache durch Formulierungen auch sein mag, sie wird von den Medien genutzt und anscheinend immer noch mit Erfolg.
 
Die Unruhe im politischen Paris ist spürbar und heute wird gemeldet, dass die Opposition einen Misstrauensantrag gegen Macron ins Parlament einbringen will. Die Chancen auf Erfolg sind freilich gering, aber das Signal an die Gelbwesten ist deutlich.
 
Die Entwicklung in Frankreich bleibt in nächster Zeit spannend.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

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