Valdai-Club

Putin im O-Ton über die wirtschaftliche Entwicklung in Russland und der EU

Wie jedes Jahr hat Putin sich auch in diesem Jahr fast vier Stunden den Fragen der Teilnehmer des Valdai-Forums gestellt. Dabei ging es auch um die wirtschaftlichen Entwicklungen in Russland, der EU und den USA.

Wie jedes Jahr übersetze ich die in meinen Augen interessantesten Fragen und Putins Antworten, die ihm auf dem Valdai-Forum gestellt wurden. Der russische Präsident hat auch dieses Jahr wieder an der Podiumsdiskussion teilgenommen und stundenlang die Fragen der internationalen Experten beantwortet. Hier übersetze ich eine Frage zur wirtschaftlichen Entwicklung in Russland, der EU und den USA.

Beginn der Übersetzung:

Lukjanow: Da wir gerade bei der Ukraine sind: Heute beginnt, glaube ich, eine große europäische Veranstaltung in Spanien, zu der Wladimir Selensky und eine Reihe anderer wichtiger Personen angereist sind. Dort wird die Frage der weiteren Unterstützung für die Ukraine besprochen. Wie wir wissen, hat es in den USA aufgrund der Krise im Kongress einen kleinen Schluckauf gegeben. Ich glaube, Europa das Gefühl hat, dass es die Finanzierung übernehmen muss.

Glauben Sie, dass sie in der Lage sein werden, damit fertig zu werden? Und was können wir davon erwarten?

Putin: Wir warten auf Zeichen des gesunden Menschenverstands. Ob sie damit zurechtkommen oder nicht, das müssen Sie die fragen. Natürlich werden sie damit fertig, ich sehe keine Probleme. Es geht um die Ausweitung der Produktion, die Erhöhung des Geldbetrags, der für den Krieg und die Verlängerung des Konflikts ausgegeben wird. Aber es gibt natürlich Probleme, und ich denke, sie sind klar und dem Publikum bekannt.

Wenn es in den USA, wie Sie sagten, ein Problem gibt, dann ist es eher technischer Natur, sozusagen politisch und technisch, nämlich dass es Probleme mit dem Haushalt gibt, dass es eine große Schuldenlast gibt, dass sie den Haushalt ausgleichen müssen. Die Frage ist: Womit soll man ihn ausgleichen? Entweder durch Waffenlieferungen an die Ukraine und Kürzung der Haushaltsausgaben, oder durch Kürzung der Sozialausgaben? Aber niemand will die Sozialausgaben kürzen, das würde besonders die Position der Oppositionsparteien stärken. Das ist alles.

Aber am Ende werden sie wahrscheinlich Geld finden, sie werden noch mehr drucken. Sie haben in der Post-Covid-Zeit und in der Covid-Zeit über neun Billionen Dollar gedruckt, also wird es kein Problem sein, noch mehr zu drucken und es in die ganze Welt zu schicken, was die Inflation bei Lebensmitteln erhöht. Sie werden es ganz sicher tun.

Was Europa betrifft, ist die Situation komplizierter, denn während wir in den USA immer noch ein Wirtschaftswachstum von 2,4 Prozent sehen, ist die Situation in Europa viel schlechter. Im Jahr 2021 lag das Wirtschaftswachstum dort bei 4,9 Prozent, aber in diesem Jahr wird es bei 0,5 Prozent liegen. Und das nur dank der südlichen Länder, wegen Italien und Spanien, die ein leichtes Wachstum verzeichnen.

Wir haben gestern mit unseren Experten darüber gesprochen: Ich denke, dass das Wachstum in Italien und Spanien vor allem auf die steigenden Immobilienpreise und ein gewisses Wachstum im Tourismussektor zurückzuführen ist. Aber in den großen Volkswirtschaften Europas herrscht Stagnation, es gibt ein Minus in allen Branchen. In der Bundesrepublik minus 0,1, in den baltischen Ländern minus zwei, sogar minus drei, in Estland, glaube ich, minus drei, in Holland, in Österreich – überall minus. Ein besonders großes Minus gibt es im Bereich der Industrieproduktion. Wenn das keine Katastrophe ist, dann ist es zumindest sehr schwierig mit der Produktion, vor allem in der chemischen Industrie, in der Glasindustrie, in der Metallindustrie.

Wir wissen, dass aufgrund der relativ billigen Energie und einiger Entscheidungen administrativer und finanzieller Art in den USA ein großer Teil der Produktion aus Europa einfach in die USA abwandert, in Europa die Produktion stillgelegt und sie in die USA verlagert. Das ist allgemein bekannt, darauf habe ich in meinen Ausführungen hier angespielt. Die Belastung der Bevölkerung in den europäischen Ländern nimmt ebenfalls zu, auch das ist offensichtlich, das zeigen die Daten der europäischen Statistiken selbst. Der Lebensstandard sinkt; im letzten Monat ist er, glaube ich, um 1,5 Prozent gesunken.

Kann Europa oder kann Europa nicht? Es kann. Auf Kosten von was? Indem es seine Wirtschaft und das Leben der Bürger der europäischen Länder verschlechtert, weiter verschlechtert.

Lukjanow: Aber unser Haushalt ist auch nicht aus Gummi. Kommen wir im Gegensatz zu ihnen damit klar?

Putin: Bisher kommen wir damit klar, und ich habe Grund zu der Annahme, dass wir auch in Zukunft damit klar kommen werden. Wir hatten im dritten Quartal dieses Jahres einen Überschuss von über 660 Milliarden Rubel. Das ist das erste.

Zweitens: Wir werden am Ende ein gewisses Defizit haben, irgendwo in der Größenordnung von einem Prozent. Und für die nächsten Jahre, 2024 und 2025, erwarten wir ein Defizit in der Größenordnung von einem Prozent. Wir haben eine rekordverdächtig niedrige Arbeitslosenquote von drei Prozent und sie hat sich stabilisiert.

Und was sehr wichtig ist – das ist ein zentraler Punkt, auf den wir vielleicht noch einmal zurückkommen werden, aber ich denke, es ist ein wichtiges, grundlegendes Phänomen in unserer Wirtschaft – wir haben natürlich begonnen, die Wirtschaft umzustrukturieren. Denn das, was wir früher aus den europäischen Ländern durch Importe erhielten, wurde uns in vielen Bereichen verwehrt, und wir waren gezwungen, Geld in die Entwicklung der landwirtschaftlichen Produktion zu investieren, so wie im Jahr 2014, als bestimmte Beschränkungen für den Kauf westlicher, europäischer, vor allem landwirtschaftlicher Waren eingeführt wurden. Ja, die Inflation schoss in die Höhe, aber wir haben dann dafür gesorgt, dass unsere Produzenten die Produktion der von uns benötigten Güter erhöhten. Und heute sind wir bei allen wichtigen landwirtschaftlichen Produkten, bei allen wichtigen Nahrungsmitteln, völlig autark.

Das Gleiche geschieht jetzt im Bereich der Industrieproduktion, denn es sind die verarbeitenden Industrien, die das wichtigste Wachstum bringen. Die Einnahmen aus dem Öl- und Gassektor sind zwar zurückgegangen, aber auch sie machen ein Plus von drei Prozent aus, während die Einnahmen aus dem Nicht-Öl- und Gassektor, vor allem in der verarbeitenden Industrie, ein Plus von 43 Prozent ausmachen, insbesondere in der Stahlindustrie, der Optik und der Elektronik. In der Mikroelektronik haben wir noch viel zu tun. Da stehen wir wirklich noch am Anfang des Weges, aber sie wächst schon. Alles in allem haben wir ein Plus von 43 Prozent.

Wir haben die Logistik umstrukturiert, der Maschinenbau wächst, und so weiter. Insgesamt haben wir eine stabile, nachhaltige Situation. Wir haben alle Probleme überwunden, die nach der Verhängung der Sanktionen gegen uns aufgetreten sind, und wir haben die nächste Entwicklungsphase auf einer neuen Grundlage begonnen, was äußerst wichtig ist.

Es ist sehr wichtig für uns, diesen Trend beizubehalten und nicht zu verlieren. Wir haben Probleme, einschließlich des Arbeitskräftemangels, ja. Dazu kommen noch einige andere Probleme. Aber bei uns wachsen die Realeinkommen der Bevölkerung. Während sie in Europa gesunken sind, sind sie hier um über 12 Prozent gestiegen.

Wir haben hier unsere eigenen Probleme bei der Inflation, sie ist gestiegen, jetzt liegt sie bei 5,7 Prozent, ja, aber die Zentralbank und die Regierung ergreifen konzertierte Maßnahmen, um die möglichen negativen Folgen auszugleichen.

Lukjanow: Sie haben die strukturelle Anpassung erwähnt, die derzeit stattfindet. Einige Gegner sagen, dass das eine Militarisierung der Wirtschaft ist. Ist das richtig?

Putin: Sehen Sie, wir haben die Ausgaben für die Verteidigung erhöht, aber nicht nur für die Verteidigung, sondern für Verteidigung und Sicherheit. Sie haben sich ungefähr verdoppelt: Sie lagen bei etwa drei Prozent, jetzt liegen sie bei etwa sechs Prozent für Verteidigung und Sicherheit. Aber gleichzeitig möchte ich betonen, ich habe es bereits gesagt und ich muss es wiederholen: Wir haben einen Haushaltsüberschuss von über 660 Milliarden Rubel im dritten Quartal, und dieses Jahr wird es ein Defizit geben, aber von nur einem Prozent. Das ist ein ziemlich gesunder Haushalt und eine gesunde Wirtschaft.

Daher ist die Behauptung, wir würden zu viel Geld für Waffen ausgeben und hätten die Butter vergessen, nicht wahr. Ich möchte betonen, dass alle, wirklich alle angekündigten Entwicklungspläne, die Erreichung der strategischen Ziele und alle sozialen Verpflichtungen, die der Staat gegenüber der Bevölkerung eingegangen ist, vollständig umgesetzt werden.

Ende der Übersetzung


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

4 Antworten

  1. Software Herr Putin … Software.
    Wer die Software beherrscht, beherrscht die Wirtschaft.
    Mit fortschreitender Digitalisierung arbeiten die Systeme für den Herrscher über die Software, er wird täglich mächtiger und die Systeme angreifbarer. Im Namen des Fortschritts. nehmen sie sich selbst die Handlungsfähigkeit.
    Solange die Länder ihre Wirtschaft und ihre Verwaltung nicht mit eigener Software realisieren, wird es keine neue Weltordnung ohne den USA geben. Die können nämlich einfach den Stecker ziehen oder Sand ins Getriebe streuen. Es braucht nur einige Veränderugen in der Logistik, der Rohstoffbeschaffung oder den Geldströmen und die Wirtschaft steht sich selbst im Weg. Die heutigen KI Systeme machen das im Leerlauf und niemand wird das bemerken, da sich die kleinen Veränderungen zu großen Problemen aufbauen und niemand mehr feststellen kann, was der Auslöser gewesen ist.

    1. Was ich hier sehe, ist immer mehr amoklaufendes Javascript. In vielen Fällen blockiert Javascript einen ganzen Prozessorkern, selbst wenn die jeweilige Seite offensichtlich nichts mehr tut. Und ich rede da nicht von z.B. irgendeiner komplexen 3D-Geschichte im Browser, sondern von ganz banalen Seiten mit ein paar Bildern und Text, eventuell noch paar Videos, die ich aber nicht automatisch starten lasse. Keine Schmuddel- oder Malware-Seiten, sondern amazon, facebook&Co. Wenn ich in verschiedenen Browsern gleichzeitig facebook „laufen“ lasse, kann ich den einen Browser zum Absturz bringen, weil diese spinnerten Seiten offensichtlich total irre Mengen an System-Ressourcen belegen.

      Je moderner und „cooler“ die Javascript-Frameworks, je höher deren Versionsnummer, desto mehr wird der Rechner ge-pwnd, wie die Brofis sagen. Würde eine AI diese Ressourcen übernehmen, würde man das gar nicht bemerken. Wahrscheinlich würden die Seiten dann sogar wieder flüssiger laufen.

    2. Russland hat schon vor Jahren angefangen seine Software auf eigene Produkte umzustellen. Es gibt ein Gesetz, dass den öffentlichen Stellen und den großen Firmen in Russland verbietet westliche Software zu nutzen. Das ist auch der Grund, warum es keinen Hackerangriff auf Russland gegeben hat. Die Hacker in den USA können halt nur mit Back Doors arbeiten.

    3. Genau dies ist ja der gefährliche Trend, der unsere Weltwirtschaft zu zerstören droht.

      Grundsätzlich wäre eine globale Weltwirtschaft zu begrüßen, da darin auch Produkte mit sehr kleinen Märkten genügend Absatz finden. Es können Produkte entstehen, die sonst nicht wirtschaftlich produzierbar wären. Auch könnte jeder in einem echten Weltmarkt die für sich am besten geeigneten erwerben.

      Abgesehen davon, dass ein solcher Weltmarkt nie existierte, da die Marktregeln zugunsten einiger Profiteure gestaltet wurden, wurden die existierenden Strukturen militarisiert.

      Das Geld ist im bisherigen Banksystem nicht mehr sicher – es wird ein neues aufgebaut.
      Handelsplätze sind nicht mehr sicher – es entstehen neue.
      Informationssysteme sind nicht mehr sicher – es werden alternativen entwickelt.
      Sanktionen machen den Aufbau paralleler Nahrungsmittel-, Pharmazeutischer und Maschinenproduktion nötig.

      All dies nicht aus wirtschaftlichem Antrieb heraus, sondern aus politischem.
      Die Märkte werden kleiner und die Kosten höher.

      Auf sehr lange Sicht gesehen wird sich ein neues Welthandelssystem aufbauen – nur die Profiteure werden andere sein. Bis dahin werden Weltweit die Einkommen sinken und die Preise steigen und die Profitabilität sinken.

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