Die russische Regierung diskutiert die Einführung der Vier-Tage-Arbeitswoche

In Russland wird diskutiert, ob die Fünf-Tage-Woche noch aktuell ist oder ob es Sinn macht, eine Vier-Tage-Woche einzuführen.

Der russische Premierminister Medwedew hat heute auf einer internationalen Konferenz über Arbeit gesagt, dass er nicht ausschließt, dass in Zukunft eine Vier-Tage-Woche Grundlage des sozialen Models wird. Seiner Meinung nach sollte das Wachstum der Produktivität nicht zu Arbeitsplatzabbau, sondern zu einer Reduzierung der Arbeitszeit führen.

Als Beispiel führte Medwedew Henry Ford an, der die Wochenarbeitszeit seinerzeit von 48 auf 40 Stunden reduziert hat und damit einen starken Anstieg der Produktivität seiner Arbeiter erreicht hat. Aber er nannte auch ein aktuelles Beispiel. Eine Firma in Neuseeland hat die Vier-Tage-Woche bei voller Bezahlung des zusätzlichen freien Tages eingeführt, was dazu geführt hat, dass die Produktivität pro Arbeitsstunde um 20 Prozent gestiegen ist. Außerdem leiden die Mitarbeiter seltener unter Stress.

Medwedew sagte weiter:

„Das ist natürlich alles noch nicht vollständig durchdacht und uns steht noch eine ernsthafte Diskussion bevor, aber das sind sehr wichtige Ergebnisse.“

Die stellvertretende russische Premierministerin Tatjana Golikova sagte dazu, dass vor allem die Frage der Gehälter bei einem Übergang zur Vier-Tage-Woche diskutiert werden muss. Sie zitierte Organisationen, die fordern, dass dabei die Gehälter nicht gekürzt werden dürfen und sie fügte hinzu, dass eine solche Reform viele Gesetzesänderungen in der Arbeitsgesetzgebung erfordert:

„Dass muss man genau analysieren, aber wir arbeiten daran.“

Ich glaube zwar nicht, dass das in Russland bald Realität wird, aber Russland ist in einigen Dingen sehr kreativ. So gilt zum Beispiel in Russland, dass ein Feiertag, der auf das Wochenende fällt, nicht „verloren geht“. Fällt ein Feiertag zum Beispiel auf einen Samstag, wird entweder der Freitag oder der Montag von der Regierung zum landesweit arbeitsfreien Tag erklärt. Flexibel sind die Russen auch, wenn ein Feiertag zum Beispiel auf einen Dienstag fällt, dann wird der vorherige Samstag zum Arbeitstag und der Montag zum freien Tag erklärt, sodass die Menschen trotzdem ein langes Wochenende mit Brückentag haben. Und vor Feiertagen ist auch die Arbeitszeit gesetzlich geregelt: der Arbeitstag vor einem Feiertag ist eine Stunde kürzer, als an normalen Tagen.

Und zwischen Sylvester und dem orthodoxen Weihnachten ist Anfang Januar ganz Russland „geschlossen“: In diesem Jahr waren die Tage vom 30. Dezember bis zum 8. Januar in ganz Russland arbeitsfrei. Während es in Deutschland neun bundesweite Feiertage gibt, kommt Russland in diesem Jahr auf 13 landesweite Feiertage, von denen kein einziger dadurch verloren gehen kann, dass er auf ein Wochenende fällt.

Übrigens sind auch die Arbeitszeitmodelle in Russland teilweise ganz anders, als in Deutschland. In vielen Berufen gibt es Regelungen wie „Zwei nach Zwei“ oder „Zwei nach Drei“, also zwei Tage Arbeit und dann drei Tage frei. Das betrifft sogar Branchen wie den Einzelhandel, denn in Russland gibt es kein Ladenschlussgesetz, Geschäfte können 24/7 geöffnet sein und Sonntags sind alle Geschäfte geöffnet.

Daher ist nicht auszuschließen, dass Russland tatsächlich mit einer gesetzlichen Vier-Tage-Woche ernst macht, wenn die Regierung das für sinnvoll hält. Dass die russische Regierung bei den Arbeitsgesetzen zu unkonventionellen Schritten bereit ist, hat sie in der Vergangenheit oft genug gezeigt.

Nachtrag: Da dieser Artikel für reichlich Diskussionen in einigen sozialen Netzwerken sorgte, habe ich noch einen weiteren Artikel geschrieben, der die wichtigsten Unterschiede zwischen den Arbeitswelten in Deutschland und Russland erklärt.

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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

3 Antworten

  1. In Russland wird diskutiert, ob die Fünf-Tage-Woche noch aktuell ist oder ob es Sinn macht, eine Vier-Tage-Woche einzuführen.

    Ist das so? Wer diskutiert das? Im verlinkten, wirren Bericht über Medwedjews Besuch in Genf wird Russland in Bezug auf Arbeitszeitmodelle ausdrücklich nicht erwähnt. Wie auch, wie sollen die Protagonisten der Pensionsreform und damit einer wesentlichen Erhöhung der Lebensarbeitszeit, in vielen Regionen Russlands bis zum Tod ohne Rente, jetzt auf einmal über verkürzte Wochenarbeitszeiten sinnieren. Auch sonst ist mir nichts bekannt, dass in Russlands kriminellen Wirtschaftmodell jemand über die Vier-Tage-Woche auch nur ansatzweise nachdenkt.

    Medwedjew und Golikowa haben nur Glück, dass heute Feiertag in Russland ist und in den täglichen Talkshows das Thema nicht aufgegriffen werden kann. Trotzdem sollte Medwedjew von MWD und FSB prophylaktisch auf Drogen untersucht werden. Sicher ist sicher.

  2. Gibt es eine Möglichkeit, als nicht-russisch sprechender Deutscher in Russland zu arbeiten? Ich bin Softwareentwickler, habe zwar gar keine Probleme, auch hierzulande einen Job zu finden, musste aber in den letzten Jahren feststellen, das SW-Entwicklung in D immer bürokratischer und unpragmatischer abläuft. Gerade in größeren Firmen ist es wie beim Amt und die kleinen haben kein Geld.
    Wo könnte man sich am Besten schlau machen, falls es denn möglich sein sollte?

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