Frankreichs Machtverlust

Wie das russische Fernsehen über die Putsche in Afrika berichtet

Die Putsche in Niger und Gabun sind auch in russischen Medien ein Thema, allerdings wird dort anders berichtet, als zum Beispiel in Deutschland.

In Russland legen die Medien viel mehr Wert darauf, ihren Zuschauern und Lesern geopolitische Zusammenhänge zu erklären, als es etwa deutsche Medien tun. Daher war der Bericht über die Putsche in Niger und Gabun, den das russische Fernsehen am Sonntag in seinem wöchentlichen Nachrichtenrückblick gezeigt hat, auch ein Korrespondentenbericht aus Frankreich, denn die Putsche schwächen in erster Linie die Position Frankreichs in Afrika. Um zu zeigen, wie anders russische Medien ihre Schwerpunkte setzen, habe ich den russischen Bericht übersetzt.

Beginn der Übersetzung:

In Afrika rutscht Frankreich der Boden unter den Füßen weg

Das afrikanische Gabun ist der zweite Staat des Schwarzen Kontinents, in dem in den letzten Tagen ein Staatsstreich stattgefunden hat. Das Militär stürzte den pro-französischen Präsidenten, kurz nachdem dieser für eine dritte Amtszeit gewählt worden war. Die Militärs stellten die Wahlergebnisse in Frage, nahmen die Macht selbst in die Hand und schlossen die Grenzen des Landes. Den Bildern aus der gabunischen Hauptstadt Libreville nach zu urteilen, sind die Menschen glücklich und freuen sich. Anders der französische Präsident Macron, für den die Reihe von Staatsstreichen in ehemaligen französischen Kolonien eine regelrechte Blamage ist.

Allein in den letzten drei Jahren gab es in Mali, Guinea, Sudan, Burkina Faso und Niger gewaltsame Machtwechsel. Und nun auch in Gabun. Obwohl, warum stört sich Frankreich an einem Staatsstreich? In der Ukraine hat 2014, wie Paris glaubt, die Macht auf demokratische Weise gewechselt. Warum regen sie sich über Niger und Gabun so auf?

Aus Frankreich berichtet unsere Korrespondentin.

Zwei äußerlich so ähnliche Staatsstreiche in der historischen Einflusszone Frankreichs in Afrika, die im Kern aber sehr unterschiedlich sind, zwingen Paris, zu improvisieren. Niger verpasst den Franzosen weiterhin Ohrfeigen. Der Putsch in Gabun ist unangenehm, aber noch nicht tödlich für die französische Präsenz. Der französische Verteidigungsminister Sebastien Lecornu verurteilt die Geschehnisse pro forma, macht den Putschisten aber klar, dass er mit ihnen auf einer Wellenlänge liegt: „Frankreich verurteilt alle Staatsstreiche. Wir können jedoch die Situation in Niger, wo illegitime Soldaten den rechtmäßig gewählten Präsidenten gestürzt haben, nicht mit der Situation in Gabun gleichsetzen, wo das Motiv der Militärs die Missachtung des Wahlrechts und der Verfassung ist. Denn in der Tat, und ich wäge meine Worte ab, gibt es Zweifel an der Integrität der Wahlen in dem Land“.

Gabun bedeutet einen französischen Militärstützpunkt mit 370 Soldaten, einer der vier verbliebenen ständigen Stützpunkte in Afrika, 80 französischen Unternehmen, die an allem beteiligt sind, auch an der Förderung von Bodenschätzen, wie beispielsweise dem größten Erdölexporteur. Die Einnahmen aus dem Öl machen fast 40 Prozent des Wirtschaftskraft und etwa 70 Prozent der Ausfuhren Gabuns aus. Und all das wird seit der Unabhängigkeit von derselben Familie geführt. Es heißt, dass die Kandidatur des Vaters des derzeitigen Präsidenten, der 42 Jahre lang ununterbrochen regiert hat, von General de Gaulle selbst genehmigt wurde.

Gabun hat sich Frankreich vollständig unterworfen, das sich von Gabun aus in die Angelegenheiten der Nachbarländer einmischen durfte. Im Gegenzug drückte Paris bei der totalen Korruption und der Verarmung der Bevölkerung, etwa ein Drittel der Bevölkerung lebt heute unterhalb der Armutsgrenze, ein Auge zu. 1990 half Paris seinem Schützling sogar, sich an der Macht zu halten, und unterdrückte eine drohende Revolte. Jetzt ist sein Sohn an der Macht und die Situation ist anders. Und auch Paris ist nicht mehr dasselbe. Das Ende der langjährigen Monarchie, so hat das gabunische Volk die Nachricht von der erfolgreichen Rebellion aufgenommen.

Präsident Ali Bongo, der für eine dritte Amtszeit gewählt wurde, hat an der Sorbonne studiert, war ebenfalls nach Paris orientiert und mit einer Französin verheiratet, aber sein Charisma ist nicht dasselbe. Die wirtschaftliche Lage der Bevölkerung ist schlechter denn je und die Welle erfolgreicher Militärputsche in ehemaligen französischen Kolonien spielte keine geringe Rolle. Der kaum gewählte Präsident, der 2018 einen Schlaganfall erlitt, hat seinen Hilferuf aus irgendeinem Grund auf Englisch aufgenommen. Das hat den Franzosen nicht gefallen und sie haben es nicht eilig, ihn zu retten.

In der EU hat man, wie üblich, gar nichts verstanden. EU-Chefdiplomat Borrel, der alles außerhalb der EU für einen Dschungel hält, sah verwirrt aus. In der Tat hatte er der Putsch in Niger noch nicht verdaut, da kam schon wieder der afrikanische „Dominoeffekt“.

Emmanuel Macron sprach in seiner Rede vor den Botschaftern über die Epidemie von Putschen in Afrika, wurde wütend und drohte: „Man sagt, Frankreich unterstütze Präsident Bazoum zu sehr, aber was würden wir tun, wenn so ein Putsch in Bulgarien oder Rumänien stattfände? Würden wir sagen, wir mischen uns nicht ein? Die Putschisten haben uns einen Premierminister angeboten. Das ist inakzeptabel, und man sagt uns, es sei die richtige Politik, ihn abzusetzen, weil es gerade in Mode ist. Aus Washington und aus anderen europäischen Hauptstädten höre ich: Tu nicht viel, das wird gefährlich. Nein, wir müssen klar und konsequent sein, denn wer wird uns sonst zuhören, in welcher afrikanischen Hauptstadt werden wir sagen können, dass wir eine Politik der Zusammenarbeit mit einem Staatschef verfolgen, wenn ihm so etwas passiert und wir nicht helfen.“

Die afrikanischen Hauptstädte haben darüber nachgedacht und in Niger haben sie Macron deutlich geantwortet, indem sie eine Sondererklärung im nationalen Fernsehen herausgaben: „Diese Äußerungen stellen eine weitere Tatsache eklatanter Einmischung in die inneren Angelegenheiten Nigers dar.“

Dann beschlossen sie, den französischen Botschafter aus dem Land zu werfen. Der weigerte sich, das Land zu verlassen, woraufhin in seiner Residenz Strom und Wasser abgeschaltet wurden. Die Franzosen schafften Generatoren heran, aber die Polizei verhinderte ihre Inbetriebnahme. Dem Botschafter wurde die diplomatische Immunität entzogen und mit Verhaftung gedroht, falls er nicht freiwillig ausreisen würde. Zu Hause in Paris ging ein Raunen durch die Reihen, weil man seine weitere Anwesenheit im Land für zu gefährlich hält. Die ECOWAS hat versprochen, militärisch zu intervenieren und die Junta zu stürzen, zögert aber bisher und sucht die Unterstützung der EU.

„Der Zweck meines Besuchs ist es, der EU unsere Position, die Grundlage der verschiedenen von der ECOWAS ergriffenen Maßnahmen und die Zusammenarbeit, die wir von allen unseren Partnern erwarten, zu erklären. Wie Sie wissen, ist die Welt ein globales Dorf. Ein Ereignis an einem bestimmten Ort hat Auswirkungen auf die ganze Welt. Deshalb hielten wir es für wichtig, nach Spanien zu kommen, um mit unseren Partnern in der EU zu sprechen, damit sie verstehen, was wir tun, und uns die Unterstützung geben, die sie uns geben können“, sagte Omar Allé Touré, der Präsident der ECOWAS.

Aber Europa ist zu sehr auf die Ukraine fixiert, um sich in einen weiteren militärischen Konflikt zu verwickeln. Auf dem informellen Treffen in Toledo sah sich Frankreich, das Niger mit der militärischen Faust drohte, isoliert. Seine Kollegen unterstützten es nur mit Worten und dem üblichen abgedroschenen Mechanismus – der Verhängung von Sanktionen gegen Niger. Der Konflikt in Afrika bedeutet eine neue Welle von Migranten in die EU, und das will schon niemand mehr.

„Natürlich führt der Krieg in Niger dazu, dass immer mehr Menschen das Land verlassen, genau wie im Sudan. Der Krieg ist eine Katastrophe. Ich bin entschieden gegen eine europäische Intervention. Es ist wichtig, eine diplomatische Lösung zugunsten der Demokratie zu prüfen und daran zu arbeiten“, sagte Italiens Außenminister Antonio Tajani.

Aber auf der diplomatischen Ebene verliert Frankreich in Afrika den Boden unter den Füßen und es befreit sich von der alten kolonialen Denkweise zugunsten einer gleichberechtigten Zusammenarbeit und der eigenen Entwicklung. Die französische Presse bezeichnet diesen Prozess als gefährlich und unumkehrbar, der Kontinent beginnt, in Richtung einer neuen Weltordnung zu driften. Südafrika ist bereits Mitglied der BRICS und der Beitritt Ägyptens und Äthiopiens zu der Organisation hat Vorbildcharakter für andere große Länder. Der Russland-Afrika-Gipfel wurde auch in Paris als Herausforderung und als Signal dafür empfunden, dass der Westen zunehmend an Einfluss verliert. Macron spricht offen darüber. Aber er kann den Prozess nicht mehr aufhalten, er kann den „Dominoeffekt“ nur noch von der Seitenlinie aus beobachten.

Ende der Übersetzung


In meinem neuen Buch „Das Ukraine Kartell – Das Doppelspiel um einen Krieg und die Millionen-Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Biden“ enthülle ich sachlich und neutral, basierend auf Hunderten von Quellen, bisher verschwiegene Fakten und Beweise über die millionenschweren Geschäfte der Familie des US-Präsidenten Joe Biden in der Ukraine. Angesichts der aktuellen Ereignisse stellt sich die Frage: Ist eine kleine Gruppe gieriger Geschäftemacher möglicherweise bereit, uns für ihren persönlichen Profit an den Rand eines Dritten Weltkriegs zu bringen?

Das Buch ist aktuell erschienen und ausschließlich direkt hier über den Verlag bestellbar.

Hier geht es zum neuen Buch

Werbung

Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

10 Antworten

  1. Nun muß Afrika aber aufpassen, daß es nicht von einem Kolonialherren an den nächsten fällt – das yankee intrigiert und stehet Gewehr bei Fuß!!

    1. Ueber die Kolonialen Absichten der USA die Rolle Frankreichs einnehmen zu wollen, sollten sich die Afrikaner keine Sorgen machen, weil dies unnoetig ist. Biden haette zur Umsetzung seiner Strategie noch mehr „eine auf der Schuessel“ als er eh schon hat, wuerde er es auch nutr versuchen.

      Die Amis haben im Gegenteil viel groessere Sorge darueber, dass der Chef-Franzose beginnt normal zu werden und die Realitaeten anerkennt, dass Aussenpolitik-Weg der EU in Gaenze, speziell fuer das sogenannte Tandem Frankreich-Deutschland maechtig in die Hose geht.

      Ueber den Deutschen Scholz mit Vicekanzler und Aussenmimnister brauchen sich die Amis keine Sorgen machen, doch mit dem Franzosen sieht das schon ganz anders aus.

      Dem koennte naemlich schon sehr bald die himmliche Erleuchtung kommen, dass er derjenige sein kann, der alles gewinnen kann und eine 180 Grad Drehung hin zu Russland , den Chinesen und den weiteren Brics-Laender offen vollzieht.

      Mit einer einzigen Fernsehansprache zu den Franzosen hat er das Frankreich komplett wieder im Sack. Mit einem einigen Begriff “ Désolée France “ waere er in der Lage, seine innenpolitischen Fehler wieder ueber eine aussenpolitische Neuorientierung zu kaschieren und den Nationalstolz der Franzosen zu entfachen mit einer Rueckeroberung der Souveranitaet. Innenpolitisch kann er gut und gerne dann sogar 2 Schritte zurueckgehen.

      Man sollte den Franzosen-Chef nicht unterschaetzen und die letzten Hoffnungen auf einen Rest von Intelligenz in Europa nicht alleine den Ungarn in Europa zugestehen.

      Warten wir mal abn, was so in den kommenden Wochen passiert.

    2. Bei ihrer „Unabhängigkeit“ mußten die Länder „Freundschaftsverträge“ unterzeichnen, die den Fortbestand der Vorrechte der Kolonialherren festschrieben. Diese Vorrechte wurden später in der EU „vergemeinschaftet“, weshalb neben Paris auch Berlin und Brüssel sehr davon profitieren. EU-Europa ist „Gesamt-Kolonialherr“ geworden.

      Die Afrikaner wollen diese Kolonialverhältnisse nun endgültig loswerden. Die USA auch. Die sind durch diesen EU-Kolonialfeudalismus mit seinen Privilegien und Kartellen dort als Akteure benachteiligt. Mit den USA haben sie in den Ländern keine Probleme, die USA sind insoweit sogar Freunde und Verbündete.

      In Mali ist die Rede davon, von Französisch auf Englisch umzustellen, wie vorher bereits in Ruanda. Auch die Türkei ist ein starker Akteur dort. Erdogan hat die Afrikaner aufgerufen, Frankreich herauszuwerfen.

      Bedeutende Akteure in Afrika sind China und Indien, daneben Rußland, Iran, Belarus und weitere, immer mehr auch die stärkeren unter den afrikanischen Ländern. Die USA sind als Akteur willkommen, soweit ihre Angebote stimmen.

      Victoria Nuland, als Vizeaußenministerin für den Sahel zuständig, ist klug genug, sich beim Aufbau des US-Einflusses in diesem Rahmen zu halten. Und ihr „Fuck the EU“ erfreut sich bei den Afrikanern, und bei allen anderen Akteuren dort, großer Beliebtheit.

Kommentare sind geschlossen.