Geopolitisches Schachbrett

Kommt es zum Krieg gegen Niger oder nicht?

Die Lage rund um den Putsch im Niger ist unübersichtlich. Die ECOWAS droht einerseits mit militärischem Eingreifen, scheint das aber andererseits gar nicht zu wollen, während Frankreich Druck macht.

Geopolitisch ist die Lage rund um Niger ausgesprochen interessant, denn dort stoßen verschiedene Interessen zusammen. Einerseits ist da Frankreich, das in seinen ehemaligen westafrikanischen Kolonien immer noch Vormacht sein will. Dabei geht es faktisch um Neokolonialismus, denn es geht vor allem darum, dass französische Konzerne weiterhin die Bodenschätze der Länder ausbeuten wollen und dass den Ländern nur ein Bruchteil des eigenen Reichtums bleibt. Vor allem das Uran aus Niger ist für Frankreichs Atomindustrie sehr wichtig.

Dem steht allerdings die junge Bevölkerung der Region offen feindselig gegenüber, denn sie möchte aus dem neokolonialen System ausbrechen und endlich selbst in den Genuss der eigenen Reichtümer kommen. Trotz seines Reichtums ist Niger fast das ärmste Land der Welt.

Daher ist es in den letzten Jahren zu Putschen in Mali und Burkina Faso gekommen, wobei die Putschisten im Volk beliebt sind, weil sie angefangen haben, französische NGOs, Medien und sogar das französische Militär aus ihren Ländern zu werfen. Auch in Niger steht die Bevölkerung den vorhandenen Umfragen zufolge hinter den Putschisten.

Frankreich hat sein Jahren Militäreinsätze in den Ländern durchgeführt, angeblich, um islamistische Rebellen zu bekämpfen. Allerdings waren diese Einsätze nicht erfolgreich, denn die Islamisten gibt es trotz aller vorgeblichen Bemühungen Frankreichs immer noch. Und das ist auch nicht verwunderlich, denn Frankreichs Interesse ist ja, sein Militär in den Ländern zu behalten, um dort Macht auszuüben und „seine“ Rohstoffe zu sichern. Ein Sieg über die islamistischen Rebellen würde den Vorwand, unter dem französische Soldaten in der Region stationiert sind, annullieren – und das ist gar nicht in Frankreichs Interesse.

Krieg oder nicht?

Natürlich kann Frankreich die Putschisten in Niger nicht gewähren lassen, die Rohstoffe des Landes sind zu wichtig für Frankreich. Aber Frankreich kann kaum selbst militärisch gegen die Putschisten vorgehen, das wäre in den Augen der Menschen vor Ort ein zu offener Akt des Neokolonialismus, der auch in den Nachbarländern zu Protesten und Putschen führen könnte.

Daher agiert Frankreich hinter den Kulissen und macht Druck auf die Wirtschaftsgemeinschaft Westafrikanischer Staaten (ECOWAS), die Sanktionen gegen Niger verhängt und den Putschisten auch tatsächlich ein Ultimatum gestellt hat. Die ECOWAS hat nach Verstreichen des Ultimatums mit einer Invasion Nigers gedroht. Aber das Ultimatum ist verstrichen und nichts ist passiert.

Das Problem der ECOWAS-Staaten ist, dass ihre Regierungen ebenfalls Putsche fürchten müssen, wenn sie gegen die in der Region populären Putschisten Krieg führen. Hinzu kommt, dass die militärischen Kräfteverhältnisse zwar zu Gunsten der ECOWAS liegen, die den Streitkräften der verbündeten Staaten Niger, Mali und Burkina Faso überlegen sind, aber ihre Überlegenheit ist nicht so entscheidend, dass ein schneller Sieg garantiert ist. Je länger ein Krieg jedoch dauern würde, desto mehr würde der Unmut in der ganzen Region auf die ECOWAS wachsen.

Daher überrascht es nicht, dass die ECOWAS auf Zeit spielen. Am 20. August haben sie zwar verkündet, der Militäreinsatz sei beschlossene Sache und sogar ein Datum stehe schon fest, aber passiert ist danach nichts. Stattdessen versuchen die Regierungen der ECOWAS-Staaten mit den Rebellen in Niger zu verhandeln. Entgegen der Erklärung vom 20. August, der Militäreinsatz sei beschlossen, hat der nigerianische Präsident am 28. August erklärt, ein Militäreinsatz sei nur die letzten Möglichkeit, wenn alle Verhandlungen scheitern. Nigeria ist das militärisch stärkste Land der ECOWAS, ohne Nigeria ist ein Krieg gegen Niger undenkbar.

USA vs. Frankreich

Auch die USA haben Interessen in der Region, allerdings andere als Frankreich. Die USA wollen ihre politische und militärische Macht in Afrika ausbauen, während Frankreich handfestere wirtschaftliche Interessen hat, weil Frankreich noch immer von der Ausbeutung seiner ehemaligen Kolonien lebt.

Daher war Frankreichs Regierung einigermaßen schockiert als die USA sich für eine friedliche Lösung in Niger ausgesprochen haben, ohne dabei ausdrücklich auf die Wiedereinsetzung des nigrischen Präsidenten zu bestehen, wie es Frankreich tut, weil es ohne ihn den billigen Zugang zu Nigers Rohstoffen verlieren würde.

Den USA hingegen scheint das nicht so wichtig zu sein, für sie scheint ihre Militärbasis in Niger Priorität zu haben, von der aus die USA ihre Drohnen in der Region lenken. Wenn die Putschisten den USA weiterhin freie Hand geben, könnten die USA sich offenbar mit den Putschisten arrangieren, was für Frankreich inakzeptabel wäre.

Wenn ihre Militärbasis für die USA Priorität hat, dann bedeutet das, dass die USA keinen Krieg in Niger wollen, bei dem sie sich eventuell für eine Seite entscheiden müssten oder gar ihre Basis verlieren könnten. Wir sehen also in einer für Frankreich wichtigen Frage einen großen Riss zwischen Paris und Washington.

Frankreich scheint derweil seinen Druck auf die ECOWAS zu erhöhen, militärisch vorzugehen. Das zumindest melden Medien aus der Region: Frankreich wolle eine Militäroperation der ECOWAS gegen Niger nutzen, um Niger anzugreifen. Frankreich scheint also militärisch auf Seiten der ECOWAS mitkämpfen zu wollen.

Macrons Sicht

Der französische Präsident Macron hat vor den französischen Botschaftern im Ausland eine Rede gehalten, in der er auch auf Niger eingegangen ist. Übrigens konnte der französische Botschafter in Niger nicht dabei sein, denn Niger hat ihn ausgewiesen, was Frankreich zurückgewiesen hat, und nun sitzt der französische Botschafter mit seinen Mitarbeitern in der französischen Botschaft fest. Gerüchteweise haben die Putschisten der Botschaft Strom und Wasser abgestellt.

Die Rede von Macron zeigte eindrücklich das koloniale Denken, in dem Frankreich noch verhaftet ist. Er sprach erneut davon, „die diplomatischen und, wenn es beschlossen wird, die militärischen Aktivitäten der ECOWAS“ zu unterstützen. Außerdem wandte er sich direkt an die Bevölkerung Nigers und forderte sie auf, nicht auf die Behauptung der Putschisten hereinzufallen, dass „Frankreich unser Feind geworden ist“. Er sagte, das Problem für die Nigrer sei heute, dass die Rebellen sie „in Gefahr bringen, indem sie sich weigern, den Terrorismus zu bekämpfen, indem sie eine für sie günstige Wirtschaftspolitik aufgeben und indem sie alle internationalen Finanzmittel verlieren, die ihnen aus der Armut helfen würden.“

Diese Worte dürften in Niger als reiner Hohn verstanden werden, denn von was für einer für die Nigrer „günstigen Wirtschaftspolitik“ kann die Rede sein, wenn die Bevölkerung eines an Bodenschätzen so reichen Ländes bettelarm ist, weil Frankreich eben diese Rohstoffe ausbeutet?

Und dass „sie alle internationalen Finanzmittel verlieren, die ihnen aus der Armut helfen würden“, ist ebenfalls der reine Hohn, denn bisher haben diese „internationalen Finanzmittel“ nichts an der Armut in Niger geändert. Und dass die Nigrer sie verlieren, liegt an den Sanktionen gegen Niger, die nicht zuletzt auf französischen Druck verhängt werden.

Auch der Streit mit den USA klang in Macrons Rede durch, als er Kommentare „aus Washington und anderen europäischen Hauptstädten“ sowie aus den Medien kritisierte, wonach Frankreich Präsident Bazoum zu sehr unterstütze. Das war deutliche Kritik an den USA, die sich offenbar mit den Putschisten arrangieren könnten.

Macron sprach davon, dass die Sahelzone von einer „Putsch-Epidemie“ betroffen sei. In seiner Rede schwang auch eine unverhohlene Drohung an die Regierungen der ECOWAS-Staaten mit:

„Wenn die ECOWAS Präsident Bazoum fallen lässt, werden wohl alle Präsidenten der Region erkennen, welches Schicksal ihnen bevorsteht. Und die Schwäche, die vor den vergangenen Putschen gezeigt wurde, hat die Stimmung in der Region angeheizt.“

Macron erkennt also durchaus an, dass die Stimmung dort „angeheizt“ (sprich anti-französisch) ist, aber er verband das mit einer unterschwelligen Drohung: Wenn die ECOWAS-Staaten sich den Putschisten nicht entgegenstellen, könnten sie die nächsten sein, die von ihren eigenen Leuten weggeputscht werden, ohne dass Frankreich ihnen helfen würde. Das Problem der ECOWAS-Regierungen ist jedoch, dass ihnen das auch im Falle eines Angriffs auf Niger passieren kann.

Daher ist es keineswegs sicher, dass die ECOWAS-Staaten Niger tatsächlich angreifen, denn deren Regierungen stehen vor der Wahl zwischen Pest und Cholera.


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

14 Antworten

  1. SEM. Sylvain Itté, der Botschafter, hat sich angeblich in den Schutz seiner Truppen begeben. Die sollen ja auch raus, da kann er dann gleich mit. Solche „Indiskretionen“ können aber auch gezielt falsch sein.

    „Die 48-Stunden-Frist, die dem französischen Diplomaten gegeben wurde, um das Land zu verlassen, war am Freitag abgelaufen, und Indiskretionen zufolge soll der Gesandte des Elysee-Palastes auf dem französischen Militärstützpunkt in der Hauptstadt Niamey Zuflucht gesucht haben.“

    By Sylvère Dossou -28 août 2023
    L’Union européenne apporte son soutien à l’ambassadeur de France à la suite de son expulsion du Niger
    https://levenementniger.com/lunion-europeenne-apporte-son-soutien-a-lambassadeur-de-france-a-la-suite-de-son-expulsion-du-niger/

    1. Na ja, dass dieser Botschafter sich in der 48-Stundenfrist nicht ins Kloo eingesperrt-und darauf gewartet hat, dass man ihm die Kloospuelung abstellt, stattdessen sich unter den Militaerrock zurueckzieht ist ja wohl anzunehmen, ohne das man das in Zweifel zieht.

      Worauf aber auch der Anti-Spiegel ueberhaupt nicht eingeht ist das, worauf alle warten. Was tun die Russen und Chinesen. Anscheinend weiss auch der Autor genausowenig wie wir selbst. Insoweit ist dem Grunde nach jegliches Eigendenken in der Sache Kaffeesatzleserei und brigt zu diesem Zeitpunkt uerhaupt nichts.

      Oder man kann darueber nachdenken, was man selbst als Chef in Moskau oder Peking tun wuerde.

      Derjenige der am naechsen dran ist, erhaelt den goldenen ANTI 😊

      1. „Was tun die Russen und Chinesen ? “
        Das frage ich mich schon seit den „Farbrevolutionen“ und dem „Arabischen Frühling“.
        Statt Kaffeesatzlesen helfen vielleicht ganz einfache Import / Export Zahlen sprich wer handelt mit wem, was auf dem CIA Faktenbook sehr einfach, schnell und übersichtlich dargestellt werden.

      2. „Was tun die Russen und Chinesen.“

        Einer Sache können wir uns ziemlich sicher sein: sie werden NACHDENKEN und BEOBACHTEN, bevor sie irgendwelche übereilten Aktionen durchführen. Das ist eher die westliche Kernkompetenz.

      3. Es ist doch klar, was die Russen und Chinesen tun. Im Sahel und in Westafrika ist die Diplomatie eine hohe Kunst. Das Ausmaß der Aktivitäten über unzählige Kanäle ist enorm. Schon allein das, was bekannt ist. Daneben geschieht vieles im Hintergrund, was nicht bekannt ist. Da mischen Russen und Chinesen natürlich kräftig mit.

        An einem Krieg gegen ECOWAS können und werden sie sich nicht beteiligen. Es geht darum, daß dieser Krieg überhaupt erst nicht stattfinden soll.

  2. Zu den „islamistischen Rebellen“ könnte angemerkt werden, dass die nur deswegen soviel Einfluss in der Zone haben, weil die genannten Länder wirtschaftlich nicht auf die Beine kommen können. Arme, unzufriedene Menschen neigen zum Extremismus, da haben die Islamisten leichtes Spiel. Menschen, denen es zufriedenstellend geht, wollen hingegen das, was sie haben, sichern. Wenn es der neuen Regierung des Niger gelingt, durch gerechte Preise auf die Rohstoffe und eine gerechte Wirtschaftspolitik die Situation des Volkes zu verbessern, werden sie zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen. Die Franzosen oder die Deutschen brauchen sie dazu nicht.

    1. Hauptakteur beim Terrorismus im Sahel ist Frankreich. Das ist offen bekannt. Das Prinzip wird dort „pyromanischer Feuerwehrmann“ genannt. Der Terrorismus ist notwendig, um den Regierungen „Hilfe“ anbieten zu können, wenn sie Truppen aus der EU in ihre Länder lassen. Und wenn eine Regierung dort „unbotmäßig“ wird, läßt sie sich mit Hilfe der Terroristen unter Druck setzen oder destabilisieren.

      Operativ ist es überwiegend Frankreich. Die Franzosen haben dort die besten Verbindungen. Über die EU ist der Neokolonialismus im Sahel aber längst „vergemeinschaftet“. Frankreich ist dort neben seinen eigenen Interessen auch als Dienstleister für die EU und die Deutschen tätig, die dort große Ambitionen haben. Einiges geschieht im Mäntelchen der Bundeswehreinsätze.

      Seit die Bundeswehrflugzeuge in Mali kontrolliert werden, fliegen sie Mali nicht mehr an, sondern Niger. Von dort wird der legale Teil der Ladung auf dem Landweg zur Bundeswehr in Mali gebracht, während der illegale Teil über Niger direkt an die Terroristen verschoben oder von ihnen in Empfang genommen wird. Es geht neben Waffen auch um Rauschgift.

      Beträchtliche Mengen der Waffen „für Ukraine“ wurden bereits in den Sahel und in die Tschadseeregion verschoben. Vorher bereits ein Teil der für die „syrische“ „Opposition“ bestimmten.

      Durch den Umsturz in Niger wurde dieses Verfahren beendet. Deshalb schäumen und rotieren sie in Berlin und wollen eine „Intervention“ im Mäntelchen von ECOWAS.

      Das alles ist offen bekannt, steht seit Jahren in den Zeitungen. Das Erstaunliche ist, daß die Deutschen darauf beharren, es „zu übersehen“ und „nicht zu wissen“. Wie bei allen ihren Kriegen.

      1. *Das ist allgemein bekannt* Chiffre für „Das hab ich in meiner Infobubble im Internet recherchiert“

        EU Staaten sind ganz dick im Drogengeschäft und mit Terroristen. Soso.. Gibts dafür gute Belege? Enthüllungsstory eventuell?

        Jetzt ist also ECOWAS der Vasall der EU, die Vasall der US ist, die Vasall von 5 geheimen NWO Milliardären sind.
        Ein Glück dass Russland das letzte freie Land der Erde ist, warscheinlich wäre es das Beste es würde in einer Spezialoperation die ganze Welt denazifizieren.

        1. In der „Infobubble“ sind Sie. In Ihrer Medienblase ist das Thema nicht existent. Die internationale Presse ist aber seit Jahren voll davon. Bis hoch zum UN-Sicherheitsrat, der bekanntlich wegen des französischen Terrorismus von Mali angerufen wurde.

          Ich habe öfter schon Serien solcher Presseartikel hier eingestellt (als Auszüge in Übersetzung, mit Links zu den Originalen) und kann hier nicht jedesmal die Seite damit vollpflastern. Wo ich sie einstelle, kommt von unseren „West-Trollen“ niemals ein Kommentar dazu, aber wo ich es nicht tue, sofort „stimmt ja gar nicht, wo sind die Belege“.

          Eine Auswahl an Belegen finden Sie unter den Kommentaren hier:

          https://www.anti-spiegel.ru/2023/franzoesische-senatoren-haben-das-scheitern-der-militaerischen-und-diplomatischen-bemuehungen-in-afrika-eingestanden/

          Die Verbindungen der EU ins Rauschgiftgeschäft sind nicht nur im Sahel, sondern auch von der Schiene Afghanistan – Kosovo-Mafia – Hashim Thaci bekannt. Dieser Herr, ein Freund Merkels und Macrons, hat auch mit Organen geschlachteter serbischer Gefangener gehandelt, siehe den einschlägigen Bericht des Europarates.

        2. Mit ECOWAS ist die Sache komplizierter, als Sie glauben. Der ECOWAS-Apparat ist verlängerter Arm der EU, die dort mehr zu sagen hat als die Mitgliedsländer. Vier Länder mit über der Hälfte des ECOWAS-Gebietes wurden – nicht zuletzt auf Druck der EU hin – als Mitglieder von ECOWAS „suspendiert“. Diese Länder würden im Falle einer „Intervention“ ECOWAS verlassen und auf Seite Nigers in den Krieg eintreten. Das würde, wie die Regierung Guineas treffend feststellte, das Ende von ECOWAS bedeuten.

          In Nigeria ist der Unwille gegen eine „Intervention“ groß. Er sollen die „anderen Leute“ sein, die Bola Tinubu benannte, und die eine „Intervention“ wollen? Das kann nur die EU sein, besonders Frankreich und Deutschland, wo Baerbock bereits mit „schwerwiegenden Konsequenzen“ für Niger gedroht hat.

          — Premium Times, Nigeria – By Chiamaka Okafor – August 24, 2023:

          Niger-Coup: Ich halte ECOWAS und andere von einer militärischen Invasion ab – Tinubu
          […]
          „Ich bin mit einer sehr ernsten Situation konfrontiert. Wenn man die ECOWAS beiseite schiebt, werden andere Leute reagieren, die sich unserer Kontrolle entziehen. Ich bin derjenige, der diese Seiten zurückhält. Ich bin derjenige, der die ECOWAS zurückhält“, sagte er laut einem Bericht über das Treffen, der PREMIUM TIMES von seinem Sprecher Ajuri Ngelale zugegangen ist.

          Der nigerianische Staatschef erklärte seinen Gästen jedoch, daß er eine solche militärische Intervention nicht zu lange hinauszögern könne und sie daher ihren Dialog mit der Junta von Niger beschleunigen müßten.

          Obwohl Herr Tinubu die „anderen Leute“, auf die er sich bezog, nicht nannte, könnte es sich um Frankreich handeln, dessen Truppen in Niger stationiert sind und die sich weigern, die Autorität der Junta anzuerkennen.
          […]
          Mit Blick auf die Dringlichkeit der Situation fügte der Präsident hinzu:

          „Seit heute Morgen werde ich mit Anrufen überschwemmt, in denen nach der Bereitschaft der Länder zur Bereitstellung ihrer militärischen Kräfte und Beiträge gefragt wird. Ich habe ihnen jedoch gesagt, sie sollen warten. Ich treffe mich mit den Ulamas und werde mich wieder bei Ihnen melden“.

          Niger Coup: I’m holding back ECOWAS, others from military invasion – Tinubu
          https://www.premiumtimesng.com/news/top-news/617628-niger-coup-im-holding-back-ecowas-others-from-military-invasion-tinubu.html

  3. Der Artikel lässt erahnen, wie dramatisch es hinter den Kulissen zugeht. Wie verlogen der westliche Abschaum ist, zeigt diese Äußerung Macrons: „….für sie günstige Wirtschaftspolitik …… alle internationalen Finanzmittel verlieren, die ihnen aus der Armut helfen würden“. Wie skrupellos, arrogant und charakterlich verkommen muss man sein, die Bevölkerung des drittärmsten Landes der Welt dermaßen zu verhöhnen.

    Positiv ist allerdings, dass die ECOWAS-Staaten offenbar zögern, sich von dem neokolonialistischen Kriegstreiberland Frankreich zu einem mörderischen Krieg drängen zu lassen. Ich hoffe, sie lassen sich nicht von den westlichen Mördern in einen Bruderkrieg treiben. Sterben müssten dann nur die Menschen, die nicht mit € und $ geschmiert wurden.

  4. Vielleicht liegt der Grund dass sich bisher Russland und China in diesem Konflikt nicht großartig eingemischt hat darin, dass sie eben genau wissen, wie unstabil die Stimmungslage in den ECOWAS-Staaten ist. Wer in diesem Konflikt zu früh zu eindeutig Stellung bezieht, wird am Ende verlieren.

    Wenn in Niger 80% der Bevölkerung die Putschisten unterstützen und von Kolonial-Frankreich endgültig die Schnauze voll haben, wird es in den Nachbarstaaten nicht diametral entgegengesetzt sein. Und das wissen die entsprechenden dortigen Politiker auch. Wenn sie vom Westen zum Krieg gegen Niger getrieben werden, ruinieren sie ihr Land und machen sich beim Volk unbeliebt. Die Begeisterung darüber scheint sich verständlicherweise momentan noch in Grenzen zu halten.

    1. Man kann davon ausgehen, daß sie diplomatisch sehr aktiv sein werden, aber diskret. Nigeria, der Hauptakteur bei ECOWAS, ist BRICS-Kandidat, für den nächsten Schub an Beitritten vorgesehen. Wie auch Algerien, das strikt gegen eine „Intervention“ ist. Man wird sich sicherlich in Joburg über diese Dinge unterhalten haben. Wenn Westafrika über eine „Intervention“ instabil wird oder in Krieg und Chaos versinken könnte, wäre es für Nigeria mit vielen großen Plänen vorbei.

      China und Rußland wollen weder in den Ruch kommen, in Afrika Regime Change zu betreiben und Putschisten zu unterstützen, noch wollen sie es sich mit den Potentaten von Françafrique verderben, zui denen sie auch gute Beziehungen wünschen. Parole ist: Rückkehr zur verfassungsmäßigen Ordnung, aber keine „Intervention“, sondern diplomatische Mittel.

      Bazoum ist in Niger untendurch, seine Rückkehr ins Amt nicht mehr vorstellbar. Also soll er möglichst formell abdanken, und die Transitionsregierung soll über einen Transitionsfahrplan und dann Neuwahlen die verfassungsmäßige Ordnung (in einigen Jahren, Tchiani will drei) wiederherstellen.

      Tinubu will immer noch keine weiteren Putsche akzeptieren und seinen Bazoum zurück ins Amt haben, aber eine „Intervention“ will er nicht mehr, die Gefahr, daß die zur Katastrophe würde, versteht er sehr wohl. Ein irgendwie ehrenvoller Rückzug Bazoums auf Basis einer „Einigung“ vielleicht?

  5. Klar ist jedenfalls: Wenn der Westen in den Krieg gegen den Niger zieht, werden die „Aktivisten“, die heute jedes mal „Black Lives Matter“ rufen, wenn ein schwarzer Krimineller grob angefasst wird, überhaupt kein Problem damit haben, wenn tatsächlich reihenweise unschuldige Schwarze mit voller Absicht ermordet werden.

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