Ukraine

Was der Spiegel über die Probleme Kiews verschweigt

Die Probleme, die Kiew bei der Mobilmachung inzwischen hat, sind Spiegel-Lesern unbekannt. Und das soll offenbar auch so bleiben, wie ein aktuellen Artikel zeigt.

Der Spiegel war führend in Deutschland, als es darum ging, die ukrainische Propaganda eins-zu-eins nach Deutschland zu projizieren. Während ich schon vor Beginn der ukrainischen Gegenoffensive berichtet habe, dass – und warum – sie keine Aussichten auf Erfolg haben konnte, was dann ja auch schnell offensichtlich wurde, hat der Spiegel noch bis in den Oktober hinein Zuversicht verbreitet. Der Spiegel hat als eines der letzten deutschen Presseorgane eingesehen, dass die ukrainische Gegenoffensive gescheitert ist.

Diese Tatsache hat der Spiegel nun sogar zur Titelstory seiner Printausgabe gemacht. Ich habe mir die Mühe gemacht, diese Titelstory zu lesen und war überrascht, wie wenig Informationen sie enthält, denn es ist auch eine Kunst, in einem so langen Artikel praktisch keine Informationen in der Sache zu erwähnen. Stattdessen ist der Artikel im bekannten „Relotius-Stil“ geschrieben.

Zur Erinnerung sei gesagt, dass die Artikel von Relotius, der wegen seiner Lügen vom Spiegel gefeuert wurde, stets besonders blumig über irgendwelche angeblichen Gegebenheiten vor Ort berichtet hat, die Relotius frei erfunden hat, weil er nie an den Orten gewesen ist, über die er berichtet hat. So ist auch diese Titelstory des Spiegel aufgebaut: Es wird aus diversen Ortschaften in der Ukraine berichtet, wobei es anscheinend besonders wichtig ist, dass es dort „Blumenrabatten, eine kleine Poliklinik (geöffnet täglich vormittags) und Lebensmittelgeschäfte“ gibt, denn derartige Banalitäten dominieren die aktuelle Spiegel-Titelstory genauso, wie sie früher die Machwerke von Herrn Relotius dominiert haben. Fakten über die tatsächliche Lage gibt es in der aktuellen Titelstory des Spiegel hingegen fast keine.

Aber das war nur ein Beispiel, um das es hier nicht gehen soll. Es zeigt jedoch, wie wenig Informationen der Spiegel seinen Lesern, die immerhin dafür bezahlen müssen, diese Artikel zu lesen, liefert.

Die Probleme bei der Mobilmachung

Ich berichte seit Monaten darüber, dass die Ukraine massive Probleme bei der Mobilmachung hat. Freiwillig will dort niemand an die Front, die von der Generalmobilmachung betroffenen Ukrainer werden oft gewaltsam von der Straße in die Kasernen verschleppt, worüber der Spiegel jedoch nie berichtet hat. Inzwischen werden sogar die Wohnungen von potenziell Wehrpflichtigen nach „Drückebergern“ durchsucht. Die unglaublichen ukrainischen Verluste können schon lange nicht mehr ersetzt werden, die Ukraine hat inzwischen einen massiven Mangel an Soldaten.

Leser des Anti-Spiegel wissen davon seit Wochen und auch über die vielen bekannten Details habe ich berichtet. In Kiew wird gerade darüber gestritten, ob die Regierung (also Präsident Selensky) oder die Armeeführung (also Armeechef Saluzhny) für die Misere verantwortlich ist. Die Zeit der Schuldzuweisungen hat in Kiew schon lange begonnen, wie ich schon seit über einer Woche berichte.

Was Spiegel-Leser erfahren

Aber Spiegel-Leser wissen von all dem nichts. Daran hat auch ein aktueller Spiegel-Artikel mit der Überschrift „Russlands Angriff auf die Ukraine – Putin ordnet Vergrößerung der Armee an – Selenskyj will »Veränderungen« bei der Mobilisierung“ nichts geändert, denn der Spiegel vermeidet es nach Möglichkeit, die Probleme Kiews in gesonderten Artikeln zu behandeln. Die Kriegspropaganda beim Spiegel, den Lesern zu verschweigen, wie schlimm die Lage für Kiew ist, geht immer noch weiter.

Stattdessen erwähnt der Spiegel die Probleme Kiews nebenbei in dem eben genannten Artikel, der damit beginnt, dass Russland seine Armee weiter vergrößern will, um auf die veränderten Bedrohungen durch die NATO zu reagieren. Erst ganz am Ende des Artikels erfährt der Spiegel-Leser auch etwas über die Lage in Kiew. Ich zitiere die beiden Absätze komplett:

„Auch die Ukraine beschäftigt sich mit der Beschaffenheit ihrer Truppen. Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte am Freitag in seiner abendlichen Videoansprache, dass Änderungen im Mobilisierungssystem erforderlich seien. In einer Sitzung des Militärkommandos seien Szenarien erörtert worden, um »konkrete Ergebnisse« für 2024 zu erzielen. »Das betrifft insbesondere die Frage der Mobilisierung. Jedem in der Ukraine ist klar, dass in diesem Bereich Veränderungen notwendig sind«, sagte Selenskyj. Dies sei »nicht nur« eine Frage der Zahlen, wer also mobilisiert werden könne. »Es ist eine Frage des Zeitrahmens für jede Person, die jetzt im Militär ist, für die Demobilisierung und für diejenigen, die dem Militär beitreten werden.«
Konkreter wurde der ukrainische Staatschef nicht. Es handele sich um komplexe Dinge, die von der militärischen Führung und dem Verteidigungsministerium ausgearbeitet und dem Stab zur Genehmigung vorgelegt werden müssten. Einige Vorschläge habe es gegeben.“

Was Spiegel-Leser nicht erfahren

Mehr erfährt der Spiegel-Leser nicht. Er erfährt nichts von dem akuten Personalmangel des ukrainischen Militärs, er erfährt nicht einmal, worin „die Frage der Mobilisierung“, die der Spiegel erwähnt, überhaupt besteht. Er erfährt auch nicht, dass es bei der ukrainischen Armee keine Rotation gibt, was bedeutet, dass die Soldaten teilweise seit Beginn der Kämpfe vor fast zwei Jahren ununterbrochen an der Front sind und dass es keinen Fronturlaub gibt.

Falls sich jemand fragt, wie das in Russland ist: Die russischen Soldaten rotieren in der Regel nach sechs Monaten und bekommen Urlaub.

Auch über den Streit zwischen Selensky und Saluzhny erfährt der Spiegel-Leser nichts.

Der Spiegel-Leser erfährt nur, dass Selensky „nicht konkreter wurde“. Das stimmt, aber der Spiegel verschweigt, worüber in Kiew in dem Zusammenhang gesprochen wird. Die Alter zur Zwangsmobilisierung wurde vom ukrainischen Parlament für Soldaten von 27 auf 25 Jahre heruntergesetzt und auf 65 Jahre für Soldaten und auf 70 Jahre für Offiziere heraufgesetzt. Selensky zögert aber, das Gesetz zu unterschreiben, weil er Unruhen befürchtet, wenn die unpopuläre Mobilmachung derart ausgeweitet wird. Aber auch davon erfährt der Spiegel-Leser nichts.

Und dass in Kiew auf Anraten der USA diskutiert wird, das Alter zur Zwangsmobilisierung sogar auf 17 Jahre zu senken und auch Frauen zwangsweise zum Kriegsdienst einzuziehen, weiß der Spiegel-Leser auch nicht.

Mit Berichterstattung hat das, was der Spiegel macht, nichts zu tun, denn verschweigt bei diesem Thema alle Informationen. Das erinnert an deutsche Medien 1944/1945, als die Alliierten und die Sowjetunion bereits auf deutschem Boden standen, die von den Nazis gleichgeschalteten Medien aber nach Möglichkeit alle schlechten Nachrichten weggelassen haben, damit die deutsche Bevölkerung das ganze Ausmaß der Katastrophe nicht sehen konnte.

So benimmt sich auch der Spiegel, der noch über die angeblich unmittelbar bevorstehenden Erfolge der ukrainischen Gegenoffensive berichtet hat, als die schon lange gescheitert war, und der seinen Leser das ganze Ausmaß dessen, was in der Ukraine vor sich geht, immer noch verschweigt.


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

10 Antworten

    1. Da schreiben ganz überwiegend Relotius-Klone!
      Und auch Relotius selbst kam ja nicht aus dem Nichts. Ich erinnere mich an ein Titel-Thema des Spiegel zu 9/11 mit dem Titel „Was wirklich geschah“. Darin haufenweise überflüssige Ausschmückungen und Nebensächlichkeiten, die niemand überprüft hat, weil sie einfach irrelevant waren. Wer sich wann an dem Tag von wem verabschiedet hat, um nie wieder zu kommen, etc. Es fehlten nur noch detailierte Aufstellungen der Zusammensetzungen des Frühstücks dieser Personen.

      Zu dem Zeitpunkt war Relotius 16 Jahre alt, und hat diesen erzählerischen Stil offenbar verinnerlicht.

  1. Manchmal fragt man sich, warum sich ein Journalist vom Schlager Thomas Röper sich dieses scheißblatt Spiegel überhaupt antut bis man dann im zweiten Denkansatz sich an den blocknamen Anti scheißblatt erinnert.

  2. In der FAZ war heute zu lesen, dass aktuell rund 820.000 Ukrainer in den Streitkräften dienen. Zählt man 250000-500000 Gefallene hinzu und noch einmal so viele Verwundete, die auch nach der Behandlung nicht mehr einsatzfähig sein sollten, ist man von den 10 % der Bevölkerung, die üblicherweise als wehrfähig gelten, nicht mehr weit entfernt, bei einer noch verbliebenen Bevölkerung von 20 Mio Ukrainern.

    1. Stimmt auffallend.
      Die deutschen Nazis haben aber sogar fast 8% 200er geschafft, das wären dann in der Ukraine 1,6 Mill. Tote.

      Doch so gut „erzogen, geschult und diszipliniert“ sind die Ukrainer nicht.
      Die Ukrainer stehen auch nicht derart mit dem Rücken an der Wand.
      Denn Selensky ist auch nicht so ein „großartiger“ Führer.

      Politisch wird der 2024 wohl kaum überleben und es ist egal, wer danach kommt, besser wird es nicht mehr.

  3. Das erinnert an deutsche Medien 1944/1945…

    Ich glaube so weit sind wir noch nicht. Corona war so 1933-34 und jetzt sind wir ungefähr in 1935-36. Es ist unerheblich, wo genau, noch sind wir aber am Anfang. Erst wenn die Propaganda bedingungslos sitzt, ist das Volk kollektiv bis zur Selbstaufgabe zu jeder Schweinerei und Leid in jeder Form bereit. Selbst wenn es offensichtlich sinnlos geworden ist, wie 1944-45.

    Nur mal als Beispiel, Interne „Gegner“ massenhaft umbringen, würde heute noch zu weit gehen. Oder das es z.B. Lebensmittel nur noch per Rationsmarken gibt, wäre heute auch noch undenkbar.

    Da ist noch ein Weg zu gehen.

  4. Ich fürchte das sind im Westen regelrechte Staatsdoktrin! Es ist nicht nur der Spiegel, Welt, Frankf. Allg. u. Co. Es sind die Medien allgemein – im Radio waren Nachrichten bisher fünf Minuten lang nun sind sie eher drei Minuten lang. Im Moment berichtet man nicht mehr ganz so oft von den brit. Geheimdiensten der angerblich Alles wissen.
    Bis hin zu diesem da.
    https://web.de/magazine/politik/russland-krieg-ukraine/putin-armee-vergroessern-nacht-ueberblick-38927288
    Dazu unten (auf der Seite) der Hinweis zum nächsten Bericht -> Interview Krieg in der Ukraine Niederländische Verteidigungsministerin: „Putin hat noch kein Ziel erreicht“
    Das die Kriege Ukraine / Nah-Ost ganz massiv in die Politik eingreifen sagt kaum Jemand. Dies reicht bis dahin, dass man ukrain. Flüchtlinge sehr schnell erkennt, ein wenig gegenseitige Rücksichtnahme z.B. im ÖV Fehlanzeige. Aber Fr. A. Merkel hat ja schon gesagt >> Ihr schafft das!

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