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Die Spiegel-Lügen der letzten Woche, Teil 6: Noch mehr Desinformation über die Energiekrise und den Gaspreis

Die Energiekrise und die steigenden Preise für Strom und Heizung sind die Folge der Fehler der EU-Kommission, wovon die Medien aber mit aller Kraft ablenken wollen, wie ein weiteres Beispiel aus dem Spiegel zeigt.

Da ich derzeit mit der Arbeit an meinem Buch über die Netzwerke hinter der Pandemie sehr ausgelastet bin, komme ich kaum dazu, auch noch Artikel zu schreiben. Sollten Sie noch nicht mitbekommen haben, worum es bei dem Buch geht, lesen Sie zunächst diesen Artikel und dann diesen Artikel, die Reihenfolge ist wichtig, weil sie aufeinander aufbauen.

Normalerweise hätte ich auf die dreisten Lügen, die sich der Spiegel letzte Woche geleistet hat, sofort reagiert. Nun tue ich es eben mit ein wenig Verspätung und was als kleine Sonderreihe für eine Woche gedacht war, setze ich nun fort, weil der Spiegel mir so viel Material liefert, dass die Sonderreihe in ihre zweite Woche geht.

Genießen Sie also zusammen mit mir Teil 7 der „Spiegel-Propagandashow“, in dem der Spiegel bei der Desinformation über das Thema Gas- und Energiekrise besonders kreativ geworden ist.

Die wahren Gründe für die Energiekrise in Europa

Über die Gründe für die Energiekrise in Europa habe ich oft berichtet, daher fasse ich sie hier nur kurz zusammen.

Erstens: Der letzte Winter war kalt, weshalb viel Gas verbraucht wurde. Pipelines und Tanker reichen nicht aus, um im Winter genug Gas nach Europa zu bringen, weshalb die Gasspeicher normalerweise im Sommer aufgefüllt werden. Das ist in diesem Jahr ausgeblieben und während die Gasspeicher normalerweise zu Beginn der Heizsaison zu fast 100 Prozent gefüllt sind, sind es in diesem Jahr nur 75 Prozent.

Zweitens: Die Energiewende hat zu einem zu großen Anteil von Windenergie am Strommix geführt. Da der letzte Sommer aber außergewöhnlich windstill war, fehlte die Windkraft und es wurde unter anderem Gas zur Stromerzeugung genutzt, das eigentlich in die Speicher hätte geleitet werden müssen.

Drittens: Der Wunsch vieler europäischer Politiker, russisches Gas durch vor allem amerikanisches Flüssiggas zu ersetzen, hat dazu geführt, dass in Europa nun Gas fehlt. Der Grund: In Asien sind die Gaspreise noch höher als in Europa und die fest eingeplanten amerikanischen Tanker fahren nach Asien, anstatt nach Europa.

Viertens: Die Reform des Gasmarktes der letzten EU-Kommission hat den Handel mit Gas an den Börsen freigegeben. Dadurch wurde Gas zu einem Spekulationsobjekt. Während Gazprom sein Gas gemäß langfristigen Verträgen für 230 bis 300 Dollar nach Europa liefert, ist es für die Importeure ein gutes Geschäft, das Gas an der Börse für 1.000 Euro weiterzuverkaufen und diese Spekulationsgewinne in Höhe von mehreren hundert Prozent in die eigene Tasche zu stecken.

Warum Gazprom trotzdem langfristige Verträge möchte? Die Antwort ist einfach, denn das war auch in Europa so, als in Europa noch Gasfelder erschlossen wurden. Der Produzent von Gas muss Milliardeninvestitionen planen und das geht nur, wenn er weiß, wie viel Gas er langfristig zu welchem Preis verkaufen kann. Daher möchte ein Gasproduzent langfristige Verträge, auch wenn der Preis zeitweise möglicherweise viel niedriger ist als der, den er an der Börse erzielen könnte.

Auch für den Kunden ist es von Vorteil, wenn er die Gaspreise und die Gasmengen im Voraus planen kann, denn was passiert, wenn man sich auf kurzfristige Verträge einlässt, erleben wir gerade in Europa. Dass die EU-Kommission sich trotzdem für kurzfristige Verträge und Börsenhandel von Gas einsetzt, ist entweder Inkompetenz, oder der Wunsch europäischen Konzernen die lukrative Börsenspekulation mit Gas auf Kosten der Verbraucher zu ermöglichen, oder die politische Abhängigkeit von den USA, die auf kurzfristige Verträge setzen, weil ihrer schnelllebigen Frackingindustrie schnelle Gewinne wichtiger sind als langfristige Planungssicherheit.

Die Legende der rückläufigen Gaslieferungen

Der Spiegel und andere Medien scheinen eine ihrer wichtigsten Missionen derzeit darin zu sehen, den Menschen die Legende zu erzählen, Russland reduziere die Gaslieferungen. Dazu wird sehr tief in die Trickkiste gegriffen, wie der Spiegel-Artikel vom 20. Oktober zeigt. Zunächst trug er die Überschrift „Energiekrise 2021 – Gaslieferungen: Daten zu russischen Pipelines zeigen verdächtigen Einbruch„, die von der Spiegel-Redaktion dann aber in „Reduzierte Liefermengen nach Deutschland – Der verdächtige Einbruch bei den russischen Gaspipelines“ geändert wurde, weil das dramatischer klingt. Die Marschrichtung gab schon die Einleitung vor:

„Drosselt Russland gezielt seine Gasversorgung, um Europa unter Druck zu setzen? Daten mehrerer Einspeisepunkte zeigen einen auffälligen Rückgang. Nur die umstrittene Nord-Stream-Pipeline ist nicht betroffen.“

Ohne Lügen geht’s beim Spiegel nicht

Nachdem der Spiegel die Behauptung aufstellt, Gas sei für Russland auch ein Machtfaktor, findet sich im 4. Absatz des Spiegel-Artikels die erste objektive Lüge:

„Im Streit um Gaspreise stoppte Russland die Lieferungen an die Ukraine zeitweise komplett. Durch Nord Stream und die fast fertiggestellte Schwesterpipeline Nord Stream 2 können die Ukraine und andere Nachbarländer künftig umgangen werden. Deshalb ist das Projekt bis heute umstritten.“

Das ist eine bewährte Form der Propaganda: Man wiederhole eine Lüge immer wieder, damit die Menschen sie glauben.

Fakt ist im Gegenteil, dass Gazprom die Gaslieferungen nach Europa noch nicht ein einziges Mal gestoppt hat. Es war immer die Ukraine, die während laufender Verhandlungen über neue Transitverträge den Transit für einige Tage unterbrochen hat, um Druck auszuüben. Das wissen die Redaktionen der „Qualitätsmedien“ auch, denn seinerzeit konnte man das auch bei ihnen erfahren. Aber danach haben sie die Tatsachen schnell verdreht. Die Details der letzten Gaskrisen finden Sie hier.

Sogenannte „Energieexperten“

Da die Spiegel-Leser das aber nicht wissen, fügt sich der nächste Absatz des Spiegel-Artikels perfekt ein:

„Nutzt Russland nun erneut die Gasversorgung als Druckmittel, um das Projekt durchzudrücken? Diesen Verdacht hegt etwa der russische Energieexperte Michail Krutichin. Der Staatskonzern Gazprom liefere viel weniger Gas, als es die hohe Nachfrage erlauben würde, sagte Krutichin dem SPIEGEL.“

Dass dieser sogenannte „Energieexperte“ Krutichin kein Experte, sondern ein bezahlter Propagandist ist, verschweigt der Spiegel seinen Lesern. Ich habe das aufgezeigt, als der Spiegel das Interview mit Krutichin veröffentlicht hat, auf das er sich jetzt beruft, die Details finden Sie hier. Krutichin ist Partner der „Energieagentur“ RusEnergy. Das klingt kompetent, aber RusEnergy hat keine Angestellten und weist einen aktuellen Jahresgewinn von 110 Euro aus, wovon natürlich niemand leben kann.

Das Geschäftsmodell von Krutichin ist es, sich von westlichen Medien als „Energieexperte“ interviewen zu lassen und ihnen alles zu erzählen, was sie hören wollen. Das tat er auch bei dem Spiegel-Interview, weshalb sich der Spiegel auf diesen selbsternannten Experten berufen und schreiben kann:

„Russlands Kalkül dahinter ist laut Krutichin klar: »Wenn Europa will, dass wir guten Willen zeigen und vor dem Winter zusätzliches Gas liefern, dann sollte es selbst guten Willen zeigen, was Nord Stream 2 angeht« – und die Inbetriebnahme der Pipeline beschleunigen. Grünen-Co-Chefin Annalena Baerbock mahnt an, sich in dieser Hinsicht »nicht erpressen zu lassen«.“

Dass Baerbock das Kunststück fertiggebracht hat, von niemandem auf auch nur einem einzigen Gebiet als Expertin anerkannt zu sein, sei nur nebenbei erwähnt, denn ihrer Aussage, die der Spiegel zitiert, entbehrt so derartig jeder Grundlage, dass sie sogar von Regierungspolitikern deswegen kritisiert wird. Der Grund: Sie lügt, denn die Bundesregierung sagt das Gegenteil. Auf eine Anfrage eines Bundestagsabgeordneten, ob Gazrpom Druck ausübe oder seine Verpflichtungen nicht einhalte, antwortete die Bundesregierung:

„Der Bundesregierung liegen keine Erkenntnisse über die Nicht-Einhaltung von Vertragsverpflichtungen russischer Energielieferanten vor“

Der Spiegel beruft sich zur Untermauerung seiner These, Gazprom nutze Gas als Druckmittel also auf zwei Quellen, die zu dem Thema nachweisbar lügen: Baerbock und Krutichin.

Der Spiegel und die Realitäten

Anscheinend liest man beim Spiegel den Anti-Spiegel, denn ich belege seit Wochen, dass die Legende, Gazprom liefere zu wenig Gas, gelogen ist. Nun versucht sich der Spiegel daran, seinen Lesern das Gegenteil zu suggerieren und er macht das sehr geschickt. Zunächst bestätigt der Spiegel, dass Gazprom seine Gasexporte im Vergleich zu 2020 um 13 Prozent auch nach Europa erhöht hat, um das danach zu relativieren:

„Das Lieferplus gegenüber dem Vorjahr ist aber schon deshalb wenig aussagekräftig, weil der Verbrauch im Coronajahr 2020 zurückgegangen war.“

Das stimmt natürlich, aber der Spiegel könnte die diesjährigen Gaslieferungen ja mit dem bisherigen Rekordjahr 2018 vergleichen. Dann würde er feststellen, dass Gazrpom den Rekord von nach Europa exportierten Gas in 2021 möglicherweise brechen könnte. Sehen so zu geringe Gaslieferungen aus?

Verwirrung mit Pipelines

Für den Spiegel und alle anderen „Qualitätsmedien“, die derzeit über die Gas- und Energiekrise in Europa desinformieren, ist es ein Glücksfall, dass kaum jemand sich mit den Pipelines zwischen Russland und Europa auskennt. Daher muss ich darauf kurz eingehen, bevor wir zu den nächsten Desinformationen im Spiegel kommen.

Die beiden ältesten Pipeline sind die Pipeline durch Weißrussland (Jamal) und durch die Ukraine (Druschba). Später kam Nord Stream 1 hinzu und in diesem Jahr wurde Turk Stream in Betrieb genommen, über die russisches Gas durch das Schwarze Meer in die Türkei und von dort weiter über Griechenland nach Südosteuropa bis Ungarn geleitet wird. Diese Pipeline wird gleich wichtig. Nord Stream 2 ist ohnehin allgemein bekannt.

Sinkende Gaslieferungen aus Russland?

Der Spiegel schreibt über einen Experten:

„»Nur in Greifswald, wo Nord Stream endet, ist der normal übliche Gasdurchfluss vorhanden«, sagt Gitzel. »An den übrigen Einspeisepunkten ist ein massiver Einbruch wahrnehmbar. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.«
Will Russland also Nord Stream als sichere Versorgungsleitung präsentieren, während es über weniger prominente Pipelines wie Jamal und Druschba (»Freundschaft«, engl.: »Brotherhood«) unauffällig die Versorgung reduziert? Tatsächlich ist auffällig, dass im Oktober die Lieferungen nach Lubmin auf unverändert hohem Niveau blieben, wohingegen es an den übrigen Einspeisepunkten steil nach unten ging. So kamen in Mallnow Mitte September noch zeitweise 78 Millionen Kubikmeter pro Tag an. Einen Monat später waren es noch knapp 17 Millionen Kubikmeter – ein Einbruch um 78 Prozent. (…)
Diese Tendenz zeigen auch vom Konzern selbst veröffentlichte Daten. Demnach lieferte Gazprom in der ersten Oktoberhälfte im Schnitt nur 342 Millionen Kubikmeter Erdgas pro Tag in die EU und die Ukraine. Das waren 16 Prozent weniger als im September. Und sogar täglich rund 130 Millionen Kubikmeter oder gut ein Viertel weniger als im Pandemie-Oktober 2020.

Der Spiegel erweckt den Eindruck, die gelieferten Gasmengen wären jetzt rückläufig, allerdings ist das nicht wahr, denn der Spiegel verschweigt seinen Lesern in der Aufstellung Turk Stream. Ungarn hat mit Wirkung zum 1. Oktober einen neuen Liefervertrag mit Gazprom geschlossen und bezieht sein Gas nun über die Türkei und nicht mehr über die Ukraine, weil das aufgrund der moderneren Infrastruktur billiger ist. Und wenn man sich die Gaskrisen der Vergangenheit in Erinnerung ruft, bei denen Kiew mehrmals den Transit gestoppt hat, ist Turk Stream auch sicherer. Das erklärt den Rückgang der Gaslieferungen über die Ukraine: Das Gas für Ungarn kommt nun über die Türkei.

Und auch bei der Jamal-Pipeline ist der Rückgang der Lieferungen nicht die Schuld von Gazprom. Die Pipeline geht über Weißrussland nach Polen, Polen hat aber seinen Vertrag mit Gazprom nicht verlängert, sondern ein Flüssiggas-Terminal gebaut, um amerikanisches Frackinggas zu importieren. Das ist zwar teurer, aber der polnischen Regierung ist aus ideologischen Gründen alles recht, wenn es gegen Russland geht, auch zum eigenen Schaden. Ich habe schon Ende September berichtet, dass die Jamal-Pipeline gerade mal zu einem Drittel ausgelastet war.

Gazprom ist bereit, mehr Gas zu liefern, auch über die Ukraine und Weißrussland. Aber aus irgendwelchen Gründen gehen aus Europa keine Bestellungen ein, obwohl die Pipelines freie Kapazitäten haben. Das bestätigen auch Bundesregierung und EU-Kommission: Es ist kein Fall bekannt, in dem Gazprom eine Bestellung aus Europa abgelehnt hätte.

Die Frage, warum nicht mehr russisches Gas nach Europa kommt, muss man also den Europäern und nicht Gazprom stellen, denn Gazprom kann ja schlecht Gas in die Pipelines einspeisen, das am anderen Ende der Pipeline niemand bestellt hat.

Fazit

Der Spiegel bleibt seiner Linie treu, seine Leser beim Thema Gas und damit beim Thema Strom- und Heizungspreise zu desinformieren. Dabei geht der Spiegel ausgesprochen perfide vor, denn er nutzt das Unwissen seiner Leser, das der Spiegel mit seiner Berichterstattung selbst geschaffen hat, um seine Leser zu desinformieren. Daran zeigt sich einmal mehr, dass Lückenpresse viel schlimmer ist als Lügenpresse, denn eine Lüge kann der Leser erkennen, wenn er aber Dinge nicht weiß, dann kann er auch nicht erkennen, wie sehr er in die Irre geführt wird.

Und daran zeigt sich noch etwas:

Spiegel-Leser wissen weniger!


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Autor: Anti-Spiegel

Thomas Röper, geboren 1971, hat als Experte für Osteuropa in Finanzdienstleistungsunternehmen in Osteuropa und Russland Vorstands- und Aufsichtsratspositionen bekleidet. Heute lebt er in seiner Wahlheimat St. Petersburg. Er lebt über 15 Jahre in Russland und spricht fließend Russisch. Die Schwerpunkte seiner medienkritischen Arbeit sind das (mediale) Russlandbild in Deutschland, Kritik an der Berichterstattung westlicher Medien im Allgemeinen und die Themen (Geo-)Politik und Wirtschaft.

17 Antworten

  1. Ich glaube nicht, daß die explodierenden Gaspreise irgend etwas mit „zu wenig Wind“ oder „Sonne“, und „zu wenig Strom“ oder einem „kalten Winter“ u.a. zu tun haben.
    Zum eine war der Winter so kalt ja nun auch wieder nicht, und von „zu wenig Wind“ kann jedenfalls hierzulande dieses Jahr keine Rede sein…etwas weniger Sonne…ja.

    Das ist eine reine Spekulationsgeschichte, die unmittelbar auf Mechanismen in Folge einer „vorher heruntergefahrenen“ und dann „wieder anlaufenden Wirtschaft“ zurück zu führen ist…

      1. 1. Ich glaube nicht, und wenn ich etwas nicht glaube, dann habe ich vorher schon einiges hin und her gewälzt – selbstverständlich kann ich mich da auch irren.

        2. Die Russen haben mehr Gas geliefert – na und? Die Russen sagen, daß sie auch mehr liefern würden, wenn es denn bestellt würde. Warum bestellt dann eigentlich niemand?

        3. Den Preisunterschied zwischen rund 300 EUR Lieferpreis und bis zu 2000 EUR Handelspreis – hier! – muß mir erstmal einer anders plausibel machen.

        1. Welchen Optimismus? Klar haben wir hier Jahreszeiten. Klar ist der Solarertrag des Juni um mindestens eine (dezimale) Größenordnung höher als der im Dezember, was übersetzt bedeutet: Von installierten 60 GW Solarleistung Wp kommen im Winter über 24 Stunden gemittelt höchstens 2…3 GW (im Sommer sind es auch keine 60, da es auch dann Nächte und niedrig stehende Sonne am Morgen und am Abend gibt). Und klar haben wir Tage und Wochen mit Flaute. Ergo brauchen wir für die Überbrückung solcher Phasen eine beträchtliche Reserveleistung, die entweder aus chemischen Energieträgern (gegenwärtig z.B. Gas) oder neuen Speichertechnologien kommen müssen, oder eine beträchtliche Überkapazität (oder eine Mischung aus beidem).

          Würden Sie daran etwas optimistisch (und daher unrealistisch) finden, oder beziehen Sie sich auf ein anderes Szenario?

          1. Och ich werde mich hier nicht auf tiefgründiger Diskussionen einlassen, weil ich da einfach zu wenig Ahnung habe und bisher zugegebener maßen auch zu faul war, mich damit näher zu befassen.
            Ich meine „Heizen“ und „Stromerzeugung“ sind schon mal zwei verschiedene Paar Schuhe.
            Die wollen bis 45 energie- oder co²- oder was weiß ich wie neutral werden. Und das wollen die mittels „Marktregeln“ hinbekommen, allenfalls hie an der Subventions- und da an der Steuerschraube drehen … na ja – mutig sind sie ja.
            Bei derartig hochgezüchteten Wirtschaften, wie den europäischen, mit dem Fundament, nämlich der Energieversorgung zu spielen, ist m.A.n Hasard – aber gut wer bin ich denn…
            Und dann muß ich immer an die Steuersysteme denken, die die anfallende Energie eines möglichst großen Territoriums, wahrscheinlich kaskadenartig, damit sich die Verluste in Grenzen halten, verteilen müssen.
            Wir hatten da jüngst einen Totalausfall von Schwatzbook und Peripherie über 8 h und keiner kann offenbar so richtig sagen, warum.

            Aber wie gesagt, mir geht da noch eine Menge anderes Zeug durch den Kopf, und ich will noch nicht einmal ausschließen, daß das theoretisch funktionieren könnte, aber was soll ich mir da den Kopf zerbrechen – es kommt wie es kommt….

            1. > Die wollen bis 45 energie- oder co²- oder was weiß ich wie neutral werden…

              Was „die“ wollen, ist erst mal nicht zwingend das, was ich gerne hätte. Wir haben keine Öko-Regierung, und nach meiner Auffassung haben wir auch keine in Aussicht. Ich sehe noch nicht mal eine Verbesserung der Rahmenbedingungen in Richtung einer klimaschonenden Wirtschaft um den Hub, wie wir ihn 2000 mit Rot-grün erlebt haben. Das wird voraussichtlich schon allein die FDP verhindern.

              > Bei derartig hochgezüchteten Wirtschaften, wie den europäischen, mit dem Fundament, nämlich der Energieversorgung zu spielen, ist m.A.n Hasard …

              Meiner Ansicht nach ist es a) Hazard, die Energieversorgung dem „Spiel der Marktkräfte“ zu überlassen. Die Leipziger Strombörse wurde, wie ich eben „geduckduckgot“ habe, 2002 gegründet, also während Rot-grün. Wir sehen ja gerade, was Spekulanten mit den Gaspreisen machen; es hat solche Spekulationen auch schon auf dem Strommarkt gegeben, es gibt sie wahrscheinlich laufend, und sie haben die Netze damit regional durchaus schon an den Rand der Stabilität gebracht.

              Und b) finde ich Hazard, die Energieversorgung – insgesamt, nicht nur die elektrische – während der letzten 40 Jahre und, wie es aussieht, auch während der nächsten weiteren 20 auf einer so breiten fossilen Basis zu belassen und damit sicher zu stellen, dass der CO2-Gehalt der Atmosphäre sich weiter erhöht (und zwar bislang von Jahr zu Jahr schneller), wo doch schon die bisherigen Werte angefangen haben, bedrohliche bis katastrophale Veränderungen herbeizuführen. Ich erwähne da nur mal die schier unvorstellbar riesigen Waldbrände in Sibirien; im August wurde Wald auf einer Fläche so groß wie Niedersachsen als verbrannt gemeldet, mehr bereits als im gesamten Jahr 2020. Gewiss, in Sibirien hat es im Sommer immer gebrannt, aber wem dieses Ausmaß noch keine Katastrophe ist, dem muss der rote Hahn wohl erst aufs eigene Dach steigen.

              Wer die Ausweitung der Bedeutung der erneuerbaren Energien als Experiment betrachtet und darum ablehnt, dem kann ich nur sagen: Was wir gerade unterlassen an Änderungen, weltweit, ist ein Experiment, und es ist das größte in der Geschichte der Menschheit, und es droht das verheerendste zu werden.

              Der Ausfall bei Facebook hatte mit Energieversorgung nichts zu tun. Angeblich war es eine fehlerhafte Konfigurationsänderung.

              1. Na mal sehen, wie viele „Konfigurationsänderungen“, die seltsamerweise schief gegangen sind, wir uns dann leisten können….
                Im Übrigen – Ihr Sendungsbewußtsein in allen Ehren, aber sie müssen mir nicht die Banalitäten dieser Welt erklären….

    1. Die Gasmenge, die Russland 2021 liefern wird, wird die Gasmenge aus dem Rekordjahr 2018 übertreffen. Und die Gasspeicher sind nur zu 75% gefüllt. Ja man, das Gas ist doch nicht in die Luft gepustet worden. Das Gas wurde verbraucht. Hinzu kommt, dass die Amerikaner, die uns vor der Abhängigkeit des russischen Gases warnen 9 Milliarden m³ nicht geliefert haben, weil die in Asien etwas bessere Preise bekommen. Soviel zur Zuverlässigkeit der USA. Aber das wird nicht Thematisiert. Bei ca. 160 Milliarden m³ im Jahr sind das immerhin 5,6% der Gesamtmenge. Dazu kommen die Rückläufigen Lieferungen aus den EU Gasfeldern.
      Zum Winter: Normalerweise läuft die Heizseason bis Ende April. Ich habe aber bis Ende Mai geheizt, weil es Arsch kalt war.
      Wir benötigen Gas um zu heizen, zum Kochen und um Strom zu produzieren, wenn Wind und Sonne ausfallen. Dabei ist die Strommenge durch PV Anlagen vernachlässigbar gering. Mit dem Wegfall der Gaslieferungen aus den USA und der EU werden noch viel mehr als die bisherigen 13% Erhöhung benötigt.

  2. Wieder mal eine dumme Frage: Was hat die Belieferung Ungarns mit den Gasmengen zu tun, die über Jamal und Druschba/Sojus in Deutschland ankommen? Ob Ungarn über einen Abzweig irgendwo nahe der ukrainischen Westgrenze oder über einen Schwenk vom österreichischen Baumgarten oder über Turk Stream beliefert wird, sollte doch keinen Einfluss auf die in Deutschland ankommenden Mengen haben – es sei denn, früher wäre ein Teil des in Deutschland angekommenen Gases nach Ungarn weitergeleitet worden, was mit Blick auf die Karte ein ziemlich dämlicher, diesmal sogar physischer Revers gewesen wäre. Im Gegenteil: Seit Ungarn Druschba/Sojus nicht mehr beansprucht, ist mehr Durchleitungskapazität für Deutschland frei.

    Hier die Karte, auf die ich mich beziehe: https://de.wikipedia.org/wiki/Turkish_Stream#/media/Datei:Major_russian_gas_pipelines_to_europe.png

    Die Frage betrifft auch die angeblich reduzierte Abnahme durch Polen. Ich schreibe „angeblich“, weil es zuletzt hieß, der „Freund“ von der anderen Seite des Teichs beliefere lieber Asien als seinen treuen osteuropäischen Verbündeten, und Polen hätte nun ein Problem mit seinen quasi verwaisten Flüssiggasterminals. Wenn vom Transit durch Polen weniger in Deutschland ankommt, wird eigentlich nur dann ein Schuh draus, wenn Polen jetzt mehr für sich abzweigt und nicht weniger.

    1. Schön, dass Sie dieses Mal keine Behauptungen aufstellen, sondern Fragen stellen. Daher:
      1. Dass Sie Deutschland in den Mittelpunkt Ihrer Fragen stellen, ist ein Denkfehler. Es geht nicht (nur) um Deutschland, sondern um die EU insgesamt. Deutschland könnte mit Nord Stream 1 mehr als ausreichend versorgt werden, aber das Gas aus Nord Stream geht ja nicht nur nach Deutschland, sondern wird auch in andere EU-Länder weitegeleitet. Daher zu Ihrem ersten Absatz: Es geht dabei nicht um Deutschland, sondern die ganze EU.
      2. Polen: Ja, Polen setzt auf US-Flüssiggas und ja, das geht nach Asien. Das ist das Problem, welches Polen hat. Da Polen weiterhin einen (neuen) langfristigen Vertrag mit Gazprom ablehnt, müsste es sein Gas bei Gazprom nun zum Weltmarktpreis bestellen. Gazprom liefert derzeit Gas für einzelne Bestellungen außerhalb langfristiger Verträge für etwa 700-800 Dollar nach Europa. Polen will aber prinzipiell nicht in Russland bestellen, auch wenn selbst dieser hohe Preis immer noch billiger wäre, als das US-Gas. Das ist Politik und hat mit Vernunft nichts zu tun.
      3. Sie schreiben: „Wenn vom Transit durch Polen weniger in Deutschland ankommt, wird eigentlich nur dann ein Schuh draus, wenn Polen jetzt mehr für sich abzweigt und nicht weniger.“ Wieder der Denkfehler aus Punkt 1: Es geht bei dem Gasdefizit nicht um Deutschland, sondern um die EU als Ganzes. Außerdem: Ich habe klar geschrieben, dass die Jamal-Pipeline derzeit nur zu knapp 1/3 ihrer Kapazität ausgelastet ist. Da wird nichts abgezweigt, es wird einfach nur zu wenig bestellt, offenbar auch von anderen EU-Staaten, die die freien Kapazitäten ja buchen könnten, es aber nicht tun.

      1. Der Spiegel: „An den übrigen Einspeisepunkten ist ein massiver Einbruch wahrnehmbar. … Mallnow“

        Sie werden mir vielleicht verzeihen, dass ich Mallnow in Deutschland verortet habe. Vorerst bleibe ich bei meiner Illusion, dass es in Brandenburg liegt und ich den dort angeblich verzeichneten Druckeinbruch etwas „deutschlandzentriert“ betrachten kann.

        Tatsächlich weiß ich jedoch nicht, wo all diese so genannten Einspeisepunkte sind. Ich hatte wirklich angenommen, dass die russischen Pipelines in Deutschland enden, dass also alle Einspeisepunkte in osteuropäischen Ländern liegen oder „westlichstens“ in Deutschland und dass von hier aus dieses Gas z.T. weiterverkauft wird, also weiter nach Westen, über Leitungen, an denen Gazprom nicht beteiligt ist.

        Allerdings muss ich zugeben, dass ich die Möglichkeit, dass zuletzt weniger bestellt worden ist und deshalb der Druck abgenommen hat, nicht im Blick hatte. Ebenso wenig, dass aufgrund der Kündigung der Gasabnahme durch Polen auch an polnischen Einspeisepunkten der Druck gesunken sein wird und dass der Spiegel sich auf diese Punkte bezogen haben könnte. Ich hatte angenommen – das ist mein bisheriger Kenntnisstand -, dass deutsche Abnehmer lediglich nicht mehr bestellt haben, was alleine jedoch noch keinen Druckabfall erklären könnte.

  3. Die hohen Gaspreise sind für mich hauptsächlich Spekulationsgewinne der westlichen Gaslieferanten. Sie kaufen das Gas von Gasprom für sagen wir mal 300€/ 1000m3,bei einem langfristigen Vertrag, verkaufen es an den Börsen für 1000€. Der Markt regelt das schon!!! ODER?
    So ist er nun mal, der Imperialismus.

  4. „…. ist es ein Glücksfall, dass kaum jemand sich mit den Pipelines zwischen Russland und Europa auskennt. Daher …“

    Also bitte. Ich muss leider sagen das ich den gemeinen Spiegelleser zwar für recht gutgläubig und uninformiert halte, was auch hilfreich ist bei der Lektüre, aber herauszufinden wo, wie oder seit wann welche Pipeline von wo nach wo lang läuft sollten „Die“ auch in der Lage sein.

    Die WOLLEN nicht. Koggnittieve Dissnokrepantz.

  5. O.k. nachvollziehbar sind die Ausführungen und dem Spiegel ist jeder Unsinn zuzutrauen. Die Jubelpresse lebt in einer Scheinwelt. Deshalb lese ich da nur, wenn ich Lust habe, mich zu ärgern.

    Ich glaube, daß das Öl alle ist und deshalb dieser Windradschrotthaufen ohne Sinn und Verstand hingeklotzt worden ist. Das Nordsee-Öl hat sein Fördermaximum überschritten und England sollte nun zum Nettoeinkäufer werden. Die Ölfirmen waren sich auch immer bewußt, daß der Peak Oil kommt, aber die Gier war stärker und China ist auf die Partie mit halbleeren Gläsern eingeladen worden.

    Corona ist die Methode, um uns arm und glücklich zu machen, uns an den Konsummangel zu gewöhnen. Die Schweinegrippe war der erste Anlauf, aber ein Rohrkrepierer.

    Und Rußland steht im Kreuzfeuer, weil Medwedew und Putin plötzlich den Kampf gegen die Mafia ausgerufen haben und einfach die Ölkonzerne wieder verstaatlichten. Die USA und Europa sind und waren scharf auf das russische Öl. Nicht ohne Grund.

    Ich glaube, daß mit dem – gelenkten – Zusammenbruch der Sowjetunion auch gleich der Griff aufs russische Öl verbunden war. Das war der Plan. Mit Jelzin war das leicht, paar Wodkas und schon war alles käuflich für einen Spottpreis. Dann kam Putin und der Wind hat sich gedreht.

    Der Peak Oil war nach Hubbard fürs Millennium berechnet und Hubbard hatte schon für die 70er Jahre Recht behalten. Ich will nicht die ganze Ölgeschichte ausbreiten, aber sein Land zu Klump zu fracken, das machen nur Leute, die ohne Öl nicht leben können. Zweites Argument sind die kanadischen Ölsande. Der Abbau hat mit Umweltschutz genauso wenig zu tun wie das Fracken. Das ist ein Gebiet so groß wie England, daß da ausgebaggert wird. Man hört kein Stöhnen und keine Ächzen von den Grünen. Die sollten Kanada eigentlich aus der Menschheit weggendern, aber da ist nichts. Genauso wie bei Barack Obama und Hillary Clinton, die unenwegt Kriege geführt und das Grundwasser in den USA zur Verseuchung freigegeben haben. Alles Demokraten und Umweltschützer.

    Mit der Theorie komme ich nirgends durch. Deshalb ist sie richtig. „Vorbei“ will niemand hören.

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